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Editorial

Vom Birdwatching zum professionellen ­Naturschutz

Birdwatching ist in Großbritannien ein Hobby für Mil­lionen von Menschen. Solche zweckfreie Vogelbeobachtung ist im deutschsprachigen Raum weniger stark ausgeprägt. Eher bildet Vogelbeobachtung die Basis für die Schaffung von Begeisterung für den Naturschutz. Nicht umsonst pflegen viele Naturschutzverbände solche Art von Umweltbildung.

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Überhaupt arbeiten Naturschutzverbände in Deutschland heute hochprofessionell. Getragen von ehrenamtlich Tä­tigen, spielt die hauptamtlich bezahlte Tätigkeit gerade im Hinblick auf die Professiona­lisierung eine wachsende Rolle. Längst agieren sie als kundige Fachgutachter, die durchaus mit Planungsbüros, Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Institutionen konkurrieren und drittmittelgeförderte Projekte realisieren. Das ist gut – nicht allein, weil Konkurrenz das Geschäft belebt, sondern – wichtiger noch – weil sie so fachliche Grundlagen für einen bes­seren Naturschutz selbst er­arbeiten und offene Fragen klären können.

Da wundert es, dass die Strukturen, Situation und Arbeitsweisen der Verbände selbst kaum Gegenstand von Analysen und Evaluierungen sind. Daher empfiehlt sich die Lektüre des Beitrags „Situation des Ehrenamts im Naturschutz“ am Beispiel Sachsens besonders. Darin steht zwar der ehrenamtliche Naturschutz in engerem Sinne als vom Staat bestellte ehrenamtlich Tätige im Vordergrund und weniger der private Naturschutz. Doch wesentliche Schlussfolgerungen sind allgemeingültig:

(1) Naturschützer wollen mit ihrer Arbeit gewürdigt und anerkannt werden. Das klingt banal, ist es aber nicht. Viel stärker als andere Verbände werden sie als Verhinderer und Querulanten gesehen, nicht positiv als Bewahrer und Mitgestalter einer lebenswerten und zukunftsfähigen Landschaft. Das liegt einerseits in der Natur der Sache, weil sie als Sachwalter von Umweltbelangen immer wieder in die Rolle gedrängt werden, mit der Brechstange geplante Vorhaben abwehren zu müssen. Aber es hängt ein Stückweit auch mit ihrer Kommunika­tion und Außendarstellung selbst zusammen. Hilfreich wirkt, wenn sie Hand in Hand arbeiten mit den verant­wortlichen Verwaltungen. Das klappt vielerorts gut, doch es gibt noch „Luft nach oben“: bei der frühzeitigen Einbeziehung der Expertise in Planungen und Entscheidungsfindung der Behörden.

(2) Junge Menschen an den Naturschutz heranzuführen, bedarf neuer Wege. Mangel an Nachwuchs ist ein verbreitetes Alarmsignal. Mehr und mehr fehlen die Artenkenner, die unverzichtbare Erfassungs- und Bestimmungsarbeit leisten (siehe die Beiträge zu Zauneidechse und CEF-Maßnahmen). Angebote zur Vogelbeobachtung sind ein traditioneller Weg, allein genügen sie aber nicht. Spaß, Kreativität und Wissen sind gefragt. Naturschutz muss innovative Wege entwickeln, junge Menschen mit ihren heutigen Interessen zu motivieren.

(3) Professionelle Öffentlichkeitsarbeit dient vielfältigen Zielen. Dabei geht es nur zum Teil darum, die Akteure und ihre Verbände bekannt zu machen und für ihre Ziele zu werben. Mehr noch gilt es, Naturschutzthemen generell in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken und positiv zu besetzen. Das gelingt besser und – besonders politisch – nachhaltiger, wenn Behörden und Politiker aktiv eingebunden werden und gemeinsame Ziele dokumentieren.

(4) Naturschützer benötigen Weiterbildung. Was im Beruf eigentlich Standard ist, gilt für ehrenamtliche Naturschützer ebenso: Sie müssen den Anschluss behalten an den raschen Wissenszuwachs. Nur so sind sie in der Lage, auch wirklich professionell zu handeln.

Ohne die Schattenlisten der Verbände für Natura 2000, ohne ihre Bildungsarbeit und Projekte, ohne systematische Bestandserfassungen (Stichwort Citizen Science), ohne Stellungnahmen als Träger öffentlicher Belange wäre es um den Status des Naturschutzes noch weit schlechter bestellt. Und auch allein die Existenz der Möglichkeit einer Verbandsklage wirkt folgenmindernd. Auf einem Auge blind ist da Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), der soeben in einem Interview der AUTO BILD (Wahlkampf!) ausposaunt: „Wir müssen uns in der nächsten Legislaturperiode dranmachen, das Verbandsklagerecht abzuschaffen oder stark einzuschränken. NABU, BUND oder WWF bekommen in der Regel nie Recht, richten durch die Verzögerung aber einen fürchterlichen volkswirtschaftlichen Schaden an.“ Auch den Parteien (allen!) täte mehr Naturschutzkompetenz gut – auch eine Aufgabe für Verbände.

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