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Ergebnisse eines Modellprojektes mit verschiedenen Artengruppen

Laienmonitoring mit Schülern

Abstracts

In vielen Bereichen der Wissenschaft werden Laien, selten jedoch Schüler, in Monitoringprojekte eingebunden. Im Rahmen des Projekts „Biodiversität und Citizen Science“ wurde untersucht, ob und inwieweit Schüler in Laienmonitoringprojekte eingebunden werden können und wie gut sich die ausgewählten Arten Ziesel und Tagfalter sowie Trockenlebensräume eignen.

Grundsätzlich erwiesen sich alle ausgewählten Arten als geeignet. Um verlässliche, wissenschaftlich verwertbare Daten zu erhalten, war der Betreuungsaufwand allerdings hoch. Dem gegenüber stand der hohe Erlebniswert für die Schüler durch die Auswahl charismatischer Arten.

Damit Laienmonitoringprojekte selbstständig von den Schulen weitergeführt werden können, ist die Wahl einfacher Erhebungsmethoden und die Festlegung auf leicht zu bestimmende Arten von großer Bedeutung. Um die erforderliche hohe Datenqualität sicherzustellen, bedarf es einer langfristigen Zusammenarbeit mit Experten. Außerdem sollte eine Evaluierung der Erhebungsmethoden sowie der gewonnenen Daten stattfinden.

Lay Monitoring with Pupils – Results of a pilot project with different species groups

In many scientific disciplines volunteers are involved in monitoring projects. Pupils, however, heve rarely been the target group. In the project “Biodiversität und Citizen Science”, ­European ground squirrels, butterflies and dry habitats have been surveyed by pupils with the species having been chosen for their attractiveness and activity times. The aim was to investigate whether and to what extent pupils can be involved in citizen science monitoring projects and how suitable the selected species are.

In general, all species selected proved to be appropriate. Support requirements, however, were high in order to achieve reliable data which can be used scientifically. The value of experience for the pupils was high due to the charismatic species selected, the low monitoring distances and the intensive support by the experts. In order to carry on such monitoring projects independently in the schools, simple methods of survey and easily identifiable species are important. To ensure data quality long-term cooperation with experts as well as an evaluation of the survey methods and the data are necessary.

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1 Einleitung

Laienmonitoring beschreibt die Einbindung Freiwilliger in wissenschaftliche Projekte um valide Daten zur Beantwortung wissenschaftlicher Fragestellungen zu erhalten und zur Bewusstseinsbildung der teilnehmenden Laien (Holzner et al., 2006). So sind in vielen Fachdisziplinen Laienmonitoringprojekte etabliert, etwa in der Medizin, Weltraumforschung, Technik und auch im Naturschutz (Scientific American, o.J.; Silverton, 2009).

Die Vor- und Nachteile der Einbindung von Freiwilligen bei der Erhebung wissenschaftlicher Daten werden immer wieder diskutiert. Schmeller et al. (2008) kamen zu dem Schluss, dass die Einbindung von Freiwilligen eine gute Lösung ist, da die von Laien erhobenen Daten nicht weniger aussagekräftig sind als die von Fachleuten.

Trainingsprogramme für Laien sind für die Sicherung der Datenqualität allerdings von großer Bedeutung (Cohn, 2008). Wie hoch ihr Beitrag für den Erkenntnisgewinn z.B. im Bereich des Naturschutzes ist, hängt wesentlich davon ab, wie verlässlich die zu erfassenden Arten bestimmt werden können (Crall et al., 2011). Als geeignet angesehen werden auffällige Arten und solche, die sich leicht von anderen unterscheiden lassen (Holzner et al., 2006) und ohne technische Hilfsmittel auffindbar und bestimmbar sind (Mohl et al., 2009). Schlussendlich ist auch eine hohe Motivation der Freiwilligen notwendig, um ein Monitoringprojekt erfolgreich durchzuführen (CitSci.org, o.J; Gommerman & Monroe, 2012). Motivationsfördernd ist die Attraktivität der Arten. Aber auch die Häufigkeit des Vorkommens der zu erhebenden Arten ist nicht zu vernachlässigen, denn eine längere, erfolglose Suche kann die Motivation dämpfen (CitSci.org, o. J.).

Die meisten Laienmonitoringprojekte sind offen für Personen jeden Alters und jeder Ausbildung. Trotz umfangreicher Literatur zum Thema Laienmonitoring gibt es kaum Angaben über die Altersstruktur der Freiwilligen, insbesondere fehlen Angaben zu Jugendlichen (15–19 Jahre) und jungen Erwachsenen (20–24 Jahre, definiert nach Kromer, 2006). Studien von Pendl et al. (2011a) zufolge sind Jugendliche im Laienmonitoring unterrepräsentiert.

Um die Eignung von Schülern für Monitoringprojekte näher zu untersuchen, wurde das Projekt „Biodiversität und Citizen Science“ von der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) ins Leben gerufen. Im Folgenden wird reflektiert, wie sich die ausgewählten Artengruppen für ein Laienmonitoring mit Schülern eignen und wie Laienmonitoringprojekte in den Schulalltag integriert werden können.

2 Herangehensweise

Die Arbeit mit den Schülern sowie die diversen Teilaspekte des Projektes erforderten unterschiedliche Herangehensweisen, die im Folgenden näher beschrieben werden.

2.1 Artenauswahl und Fragestellungen

Schon bei der Artenauswahl wurde darauf geachtet, dass es sich um charismatische Arten und attraktive Lebensräume handelt. Weitere Kriterien waren auch die geringe Verwechslungsgefahr der Arten, ihre Aktivität während der Schulzeit sowie eine leichte Erreichbarkeit der Erhebungsgebiete. Dies führte zur Auswahl der folgenden drei Arbeitsschwerpunkte:

Der Europäische Ziesel (Spermophilus citellus), eine Flaggschiffart für Trockenlebensräume, wird in einigen Gebieten Österreichs zur Sensibilisierung für Naturschutzanliegen herangezogen. Der Ziesel ist leicht erkennbar und eine Verwechslung mit anderen Tieren ist eher unwahrscheinlich. Ziesel sind tagsüber von März/April bis Mitte Oktober bei Schönwetter aktiv und bewohnen selbst gegrabene Erdbauten. Ziel war es, die Verbreitung der Tiere im Untersuchungsgebiet und deren bevorzugte Lebensräume zu erfassen, die Populationsgröße zu bestimmen sowie Erhebungen zum Verhalten der Tiere durchzuführen.

Trockenlebensräume sind charakteristische und gefährdete Elemente der niederösterreichischen Weinbaulandschaft, die attraktive Arten wie z.B. Federgras (Stipa pennata agg.) und Smaragdeidechse (Lacerta viridis) beherbergen. Diese Lebensräume sind durch Nutzungsaufgabe und auch durch Intensivierungsmaßnahmen bedroht (Holzner, 1986), so dass ihre Erhaltung ein prioritäres Naturschutzziel in Österreich und Europa ist (vgl. Anhang I der FFH-Richtlinie, 1992). Ein Vorteil des Monitorings eines Lebensraumes besteht darin, dass Schüler Einblicke in mehrere Artengruppen erhalten und erhöhte Flexibilität, z.B. bei schlechtem Wetter, gegeben ist. Auch ist bei einem Lebensraummonitoring die Vermittlung komplexer Zusammenhänge möglich. Das Ziel war, mit den Schülern die Biodiversität am Untersuchungsort zu erforschen, Arten kennenzulernen sowie – basierend auf einer Biotopkartierung von vor 20 Jahren – Veränderungen zu identifizieren.

In Niederösterreich kommen 172 Tagfalter-Arten vor (Höttinger & Pennerstorfer, 1999), von denen ein großer Teil optisch und in-situ bestimmbar ist. Jahreszeitlich sind die adulten Tiere – je nach Art – v.a. zwischen April und September aktiv; die geeignete Tageszeit für ein Monitoring liegt zwischen 10 und 17 Uhr (Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, 2012). Da die Aktivität der Tiere vom Wetter abhängig ist fallen Erhebungen an Tagen mit Regen, zu niedriger Temperatur oder zu starkem Wind aus. Aufgabe der Schüler war es, den Artenbestand im Untersuchungsgebiet zu erheben sowie den Einfluss der Bewirtschaftung auf die Artenzusammensetzung zu re­flektieren.

2.2 Durchführung des Laienmonitorings

Im Zuge des Ziesel-Laienmonitorings wurden neben den Schülern (11. Schulstufe eines Gymnasiums, 5. und 7. Schulstufe einer Kooperativen Mittelschule – letzterer Schultyp entspricht weitgehend dem Modell der Hauptschulen in Deutschland) auch Studierende der Universität für Bodenkultur und der Pädagogischen Hochschule Wien mit einbezogen. Das Laienmonitoring der Gruppen Tagfalter und Trockenlebensräume wurde mit Gym­nasiasten der 10. bzw. 11. Schulstufe durchgeführt.

Bei allen Projekten fanden Einführungsveranstaltungen statt. Bei dem Zieselprojekt erarbeiteten die Schüler selbst Grundkenntnisse über die Art und deren Lebensraum. Methoden zur Erhebung der Tiere sowie deren Verhaltens und der Umgang mit GPS-Geräten zur Verortung der Zieselbauten wurden von den Experten vorgestellt. Die Schüler der Gruppe Trockenlebensräume erhielten u.a. Einführungen in die Themenbereiche Trockenlebensraum, Biotopkartierung und in wissenschaftliches Arbeiten. Beim Tagfalter-Laienmonitoring-Projekt lernten die Schüler die Biologie und Ökologie der Tagfalter sowie Bestimmungsmethoden kennen.

Die Freilandarbeiten der Ziesel-Gruppe fanden auf einem öffentlich zugänglichen Gelände des Stadtgartenamtes Wien statt, auf dem derzeit ca. 200 Ziesel leben (mündl. Mitt. Lintner, 2012). Mit Hilfe der Scan-Sampling-Methode – eine Gruppe Tiere wird in regelmäßigen Abständen gezählt und das Verhalten jedes Tieres dokumentiert (Martin & Bateson, 2001) – und der Focal-Sampling-Methode – Beobachtung eines Individuums für eine bestimmte Zeitspanne und Erfassung aller Verhaltensweisen (Martin & Bateson, 2001) – wurden die Ziesel und ihr Verhalten erhoben. Parallel dazu erfolgten Vegetationsaufnahmen, eine Verortung der Zieselbauten sowie Referenzstudien durch Studierende der BOKU.

Die Gruppe Trockenlebensräume führte ihre Erhebungen in einer Weinbaulandschaft bei Krems an der Donau in Gehdistanz zur Schule durch. Der untersuchte Trockenlebensraum war durch eine Vielzahl an Landschaftselementen, wie z.T. stark überwachsene Trockensteinmauern, Einzelbäume, Sträucher sowie felsige Stellen, charakterisiert. Im Zuge der Kartierung wurden Arten, Landschaftselemente, Verbuschungsgrad und Erhaltungszustand erhoben und mittels Fotos und Filmaufnahmen dokumentiert. Außerdem wurden Gefährdungsursachen und notwendige Maßnahmen diskutiert.

Das Tagfalter-Laienmonitoring fand in einem Natura 2000-Gebiet in den Donauauen von Stockerau (Niederösterreich) statt. Die Lebensräume umfassten unterschiedlich bewirtschaftete Glatthaferwiesen und Waldränder der Hartholzaue. Das Gebiet wurde aufgrund seiner naturschutzfachlichen Bedeutung, seiner Attraktivität als Naherholungsgebiet und der Nähe zur Schule ausgewählt. Da sich die Schüler vor Ort mit der Artenvielfalt vertraut machen mussten, wurden Vollerfassungen anstelle der für das Tagfalter-Monitoring üblichen Transekt-Erhebungen vorgenommen. Dazu wurden sechs unterschiedlich bewirtschaftete Flächen (je 0,4 bis 0,6 ha) ausgewählt. Die Schmetterlingsarten wurden im Flug bestimmt oder von Experten mit Fanglizenz gefangen, bestimmt und wieder freigelassen.

Die Anforderungen an eine Aufarbeitung und Dokumentation der Ergebnisse differierten zwischen den Aufgabenschwerpunkten. Bei den Zieseln standen deskriptive statistische Auswertungen im Vordergrund. Die Ergebnisse wurden gemeinsam mit den Schülern diskutiert. Bei den Gruppen Trockenlebensräume und Tagfalter wurden die Erkenntnisse in Form von zwei Filmen, eines Kalenders und mehrerer Poster aufbereitet, außerdem wurden Artenlisten erstellt.

3 Ergebnisse

Im Mittelpunkt der Ergebnisse stehen die Eignung der Arten für ein Laienmonitoring mit Schülern sowie die Einbindung von derartigen Projekten in den Schulunterricht. Grundsätzlich erwiesen sich alle ausgewählten Arten bzw. Lebensräume für die Arbeit mit Schülern als geeignet. Aufwand und Ergebnisse variierten jedoch, wie nachfolgend dargestellt wird.

3.1 Bestimmungsarbeit und Betreuungsaufwand

Bei den Freilanderhebungen der Ziesel-Gruppe mit den jüngeren Schülern erwiesen sich die Vereinfachung des Erhebungsbogens für das Verhalten der Ziesel sowie der Einsatz von Studierenden als Mentoren als sinnvoll.

Bei den Erhebungen der Trockenlebensräume wäre eine längere Vorlaufzeit mit den Schülern vorteilhaft gewesen, um Hintergrundwissen über naturschutzrelevante Strukturen und Arten bzw. Zusammenhänge zwischen Pflegemaßnahmen und Arten zu vermitteln.

Der Bestimmungsaufwand bei den Tagfaltern variierte innerhalb der Familien. Trotz Bestimmungsliteratur war neben theoretischen Bestimmungsübungen eine Schulung im Freiland unerlässlich. Hilfreich war die Ausstattung mit Fangnetzen, da viele Arten nicht aus der Entfernung bestimmt werden konnten.

Um valide Daten zu erhalten, waren bei diesen Feldarbeiten eine intensive Betreuung und das Arbeiten in von Experten unterstützten Kleingruppen notwendig.

3.2 Verwertbarkeit und Verlässlichkeit der Daten

Beim Ziesel-Monitoring war die Datenqualität aufgrund der intensiven Betreuung hoch. Alle Schülergruppen des Ziesel-Projektes erhoben bei insgesamt 306 Beobachtungen, dass die häufigsten Verhaltensweisen der Tiere „Fressen“, „Herumlaufen“, „In-den-Bau-Verschwinden“ und „Sitzen“ sind. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Referenzerhebungen durch Studierende. Die Evaluierung der GPS-Erhebungen ergab, dass die Validität der Daten vom Alter der Schüler abhängt. Während Studierende auf einer Teilfläche beispielsweise 59 Zieselbauten fanden, verorteten die Schüler der 5. und 7. Schulstufe rund 30 und die der 11. Schulstufe durchschnittlich 49 Zieselbauten. Auch die Auswertung anderer Flächen zeigt, dass die Schüler der 11. Schulstufe fast immer zu ähnlichen Ergebnissen wie die Studierenden kamen, jene der 5. und 7. Schulstufe stärker von diesen abwichen.

Die Gruppe Trockenlebensräume erfasste gemeinsam mit den Betreuern 106 Pflanzenarten sowie 42 Tierarten oder -gruppen. Die eigenständige und richtige Bestimmung der Arten wäre im Rahmen des Projektes nicht möglich gewesen. Der Vergleich der strukturellen Merkmale des Trockenlebensraumes mit den Kartierungen von vor 20 Jahren ergab, dass die Verbuschung zugenommen hat. Der Zustand des Trockenlebensraumes kann trotzdem als relativ gut bewertet werden, da charakteristische Arten wie z.B. das Federgras (Stipa pennata agg.), Smaragdeidechsen (Lacerta viridis) und die seltene Röhrenspinne (Eresus moravicus) erfasst wurden. Es war jedoch ein Ergebnis, dass eine Reduktion der Verbuschung nötig ist, damit sich die Lebensraumqualität für die Arten nicht weiter verschlechtert. Diesbezügliche Maßnahmen wurden im Rahmen eines Arbeitseinsatzes von Schülern, Lehrern und Experten durchgeführt.

Bei der Gruppe Tagfalter war eine ständige Präsenz von Experten bei der Bestimmung der Arten notwendig, sodass ebenfalls von einer hohen Datenqualität ausgegangen wird. Die Schüler der Tagfalter-Gruppe identifizierten 17 Arten aus allen fünf Familien. Auf Basis der Erfahrungen mit den Schülern sowie mit Laien in anderen eigenen Projekten wurde eine Klassifikation der Tagfalter hinsichtlich der Möglichkeit zur Bestimmung durch Laien vorgenommen (siehe Tab. 1). Dabei wurde auch davon ausgegangen, dass von Laien erhobene Daten umso verlässlicher sind, je einfacher die betreffende Art zu bestimmen ist. Je nach Schwierigkeit der Artbestimmung wurden alle in Nieder­österreich vorkommenden Tagfalter-Arten einer von sechs Kategorien zugeordnet. In der Kategorie 1, den unverwechselbaren Arten, befinden sich vor allem Tagfalter aus der Familie der Edelfalter wie Admiral, Tagpfauenauge oder Kleiner Fuchs. Arten der Kategorien 1-3 eignen sich nach Einschätzung der Autoren grundsätzlich für ein Monitoring durch Schüler nach einer Schulung. Insgesamt fallen knapp über die Hälfte der Tagfalter Niederösterreichs (53 %) in diese Kategorie. Bei den Arten der anderen Kategorien ist die Plausibilität von Laienkartierungen von Experten zu überprüfen, bzw. sind diese Arten im besten Fall von Laien erst nach längerer Einarbeitungszeit sicher zu bestimmen.

3.3 Erlebniswert

Das Potenzial für einen hohen Erlebniswert ist bei allen gewählten Organismen groß, v.a. da charismatische Arten gewählt wurden und direkter Kontakt zu diesen bzw. eine geringe Beobachtungsentfernung möglich war. Für eine während der Erhebungen anhaltende Motivation sind auch eine intensive fachliche Betreuung, das Arbeiten in der Gruppe sowie der Austausch mit Gleichgesinnten notwendig. Negativ auf die Motivation wirken sich starke körperliche Beanspruchung (z.B. lange Erhebungseinheiten oder Hitze) aus.

Die Ziesel sind im Untersuchungsgebiet an Menschen gewöhnt und konnten aus unmittelbarer Nähe beobachtet werden. Aufgrund der hohen Individuenzahl blieben Enttäuschungen durch fehlende Tiere aus.

Bei der Trockenlebensraum-Kartierung lernten die Schüler charakteristische Pflanzen- und Tierarten kennen und bekamen einen Einblick in die Wechselbeziehungen zwischen Arten und Lebensraum, wie z.B. dem Problem der Verbuschung von Trockenlebensräumen durch Schlehen (Prunus spinosa), die jedoch Raupennahrungspflanzen für den Segelfalter (Iphiclides podalirius) sind. Darauf wurde auch bei einem anschließenden Arbeitseinsatz Rücksicht genommen, bei dem die Schüler mit Begeisterung und großem Einsatz beachtliche Bereiche von Gehölzen befreit haben.

Motivationsfördernd beim Monitoring von Tagfaltern wirkten das Erkennen von Arten im Gelände und ein rasch erzielter Erfolg bei der Bestimmung. Für Anfänger ist ein Gelände mit überschaubaren Artenzahlen vorteilhaft. Motivationshemmend sind Bestimmungsversuche ohne Ergebnis, Konfrontation mit schwierigen Arten(-gruppen) sowie geringe, aber auch hohe Individuendichten und/oder Artenzahlen, die zur Überforderung von Bearbeitern mit wenig Erfahrung führen können. Der Erlebniswert steigt, wenn bei der Wiederholung von Begehungen im Jahresverlauf neue Arten hinzukommen oder bereits bekannte Arten wieder aufgefunden werden.

3.4 Rahmenbedingungen

Sowohl die von der Schulorganisation als auch die durch die Lebensansprüche der einzelnen Arten gesetzten Rahmenbedingungen hatten Einfluss auf den Projektablauf sowie die Qualität der Ergebnisse. Problematisch gestaltete sich der enge Zeitraum von wenigen Wochenstunden in einem Semester, in dem das Projekt stattfinden musste. Die geringe Flexibilität von Regelschulen hinsichtlich Terminänderungen hatte zur Folge, dass z.B. das Tagfalter-Monitoring auch bei weniger gutem Wetter stattfinden musste und daher nur wenige Tiere aktiv waren. Bei dieser Gruppe erwies sich auch die Beschränkung auf das Sommersemester als besonders schwierig, da die Erhebungen bereits im Mai abgeschlossen werden mussten – noch vor dem Erstauftreten mancher Arten und vor dem Erreichen der höchsten Individuenzahlen. Aufgrund der geringen Artenkenntnisse zu Beginn war bei Tagfaltern und Trockenlebensräumen ein Kennenlernen der Arten im Freiland notwendig, so dass der Zeitraum für die Erhebungen noch enger wurde.

Voraussetzung für ein erfolgreiches Schülermonitoring ist auch die Lage des Erhebungsgebietes im Nahbereich der Schule. Gerade bei wiederholten Zählungen ist die Erreichbarkeit ein entscheidender Faktor, der ein Schülermonitoring wesentlich von einem Monitoring mit den viel mobileren erwachsenen Laien unterscheidet.

3.5 Zusammenfassung der Ergebnisse

Die Ergebnisse werden für zwei der drei vorgestellten Projektmodule zur besseren Vergleichbarkeit in Tabelle 2 zusammengefasst. Die Gruppe Trockenlebensräume wurde aufgrund der Komplexität nicht in die tabellarische Übersicht mit einbezogen.

4 Diskussion

Das Laienmonitoringprojekt wurde im Rahmen des Schulunterrichts abgehalten und in den Lern- und Prüfstoff eingegliedert. Die Teilnahme der Schüler bzw. die Beschäftigung mit den Themen war somit nicht freiwillig, wie es ansonsten bei Laienmonitoringprogrammen üblich ist (McCaffrey, 2005; Silverton, 2009). Durch die erzwungene Teilnahme war die Motivation der Schüler, sich aus eigenem Antrieb für diese Arten und Lebensräume zu interessieren sowie sich um das Gewinnen valider Ergebnisse zu bemühen, nicht immer gegeben.

Als maßgeblich erschwerend stellten sich die zeitlichen Rahmenbedingungen von einem Semester und lange im Voraus festgelegte Termine heraus. Bei Laienmonitoringprojekten mit einer breiter gestreuten Zielgruppe sind die zeitlichen Rahmenbedingungen weniger problematisch, da die Zeiteinteilung meist durch die Freiwilligen selbst erfolgen kann und ein rasches Reagieren auf das Wettergeschehen möglich ist. An dem Projekt „Schule findet Natur“ des Naturschutzbundes Österreich konnten österreichweit alle Pflichtschulen teilnehmen. Die Eignung ausgewählter Arten für ein Monitoring mit Schülern sowie die geeignete Altersgruppe sollte herausgefunden werden. Trotz freier Zeiteinteilung seitens der Lehrpersonen – die Erhebungen konnten im Mai und Juni stattfinden – sorgte das Wetter für Probleme (Naturschutzbund Österreich, 2006). Diese Erfahrungen decken sich mit jenen der Tagfalter-Gruppe.

Beim Projekt des Naturschutzbundes (Naturschutzbund Österreich, 2006) zeigte sich, dass für die Aufgabenstellung bei Kindern ab 2. Klasse Hauptschule/Mittelschule bzw. Gymnasium (ab 11 Jahre) das Verständnis vorhanden war, diese jedoch schwerer zu motivieren waren als jüngere. Vergleichbare Ergebnisse zeigt das Ziesel-Monitoring. Je jünger die Schüler waren, desto eher konnten sie motiviert werden. Vor allem bei der Gruppe der 16- bis 17-jährigen Schüler konnte nur schwer eine Begeisterung hervorgerufen werden, auch wenn die Daten dieser ­Altersgruppe die validesten waren.

Damit die Monitoringprojekte betreffend Ziesel, Trockenlebensräume und Tagfalter von den Schulen selbstständig und mit geringer Beteiligung von Experten weitergeführt werden können, wurden die Abläufe evaluiert und Verbesserungsmöglichkeiten formuliert.

Beim Ziesel-Monitoring können der Schwierigkeitsgrad und der Betreuungsaufwand reduziert werden, wenn sich die Erhebungen auf die Anzahl der Tiere sowie die Zählung der Erdbauten beschränken und auf die Erfassung des Verhaltens verzichtet wird.

Beim Tagfalter-Monitoring bestätigten sich Ergebnisse von Pendl et al. (2011b) für Laienmonitoring mit Erwachsenen, wonach eine laufende Betreuung bei der Feldarbeit für Anfänger zumindest im ersten Erhebungsjahr notwendig ist, da sich das Spektrum der angetroffenen Arten im Jahresverlauf rasch ändert. Die Eignung eines langfristigen Tagfalter-Monitorings für Schüler könnte durch die Konzentration auf einige ausgewählte und sehr früh fliegende Arten verbessert werden.

Da sich beim Trockenlebensraum-Monitoring herausgestellt hat, dass die Erhebung des Lebensraumes sehr komplex ist, können alternativ Zielarten wie die Smaragdeidechse (Lacerta viridis) oder die Große Kuhschelle (Pulsatilla grandis) beobachtet werden. Die Smaragdeidechse würde sich durch ihre Aktivitätszeiten (ab März/April) besonders gut für ein Monitoring mit Schülern eignen, außerdem ist sie attraktiv und unverwechselbar. Reptilien werden bereits erfolgreich u.a. in Großbritannien (Baker & Gleed-Owen, 2007), in Texas (Linam, 2008) und in ­Carolina/USA (Price & Dorcas, 2011; hier auch Zusammenarbeit mit Schulen) von Laien erfasst. Kuhschellen-Arten (Pulsatilla sp.) sind ebenso gut als Indikatorarten für Trockenlebensräume in der Weinbauregion um Krems geeignet. Diese Pflanzen werden neben anderen Indikatorarten auch im Rahmen des Projektes „Biodiversitätsmonitoring mit LandwirtInnen“ (ÖKL, 2009) regelmäßig gezählt. Die Verknüpfung von Forschung und praktischen Maßnahmen im Rahmen eines Arbeitseinsatzes hat sich bewährt. Es wurde gezeigt, dass jeder Einzelne einen Beitrag zur Erhaltung von Trockenlebensräumen leisten kann. Darüber hinaus ist der Spaß, den die Schüler dabei hatten, ein wichtiges Motiv für ein Engagement im Naturschutz (vgl. Anderson, 1996).

Voraussetzung für die Weiterführung der Laienmonitoringprojekte an den Schulen sind jedoch auch motivierte Lehrer, da die Organisation und Durchführung von den Lehrern übernommen werden muss, die Experten können langfristig nur beratend mitwirken.

Das Laienmonitoringprojekt „Citizen Science und Biodiversität“ erfüllte viele Erwartungen, zeigte aber auch Problemfelder auf. Für die Durchführung weiterer Projekte und Einbindung in den Schulalltag sollten die schulischen Rahmenbedingungen überdacht werden. Die Begeisterung vieler Schüler zeigte, dass sich dieser Aufwand auszahlen würde.

Laienmonitoring mit Schülern unterliegt einigen Grenzen – doch innerhalb dieser sind die Projekte eine Bereicherung sowohl für Schüler und Schulen als auch für Experten und die Wissenschaft.

Dank

Das MINT-Projekt „Biodiversität und Citizen Science“ wurde finanziert vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung im Rahmen der Hochschuloffensive zur Förderung der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik).

Literatur

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Anschrift der Verfasser(innen): Dipl.-Ing. Birgit Gantner, Dipl.-Ing. Brigitte Allex, Prof. Dr. Christiane Brandenburg, Dr. Julia Kelemen-Finan und Mag. Ursula Liebl, Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung (ILEN), Peter Jordan-Straße 82, A-1190 Wien, E-Mail birgit.gantner@boku.ac.at (korrespondierende Autorin), brigitte.allex@boku.ac.at, christiane.brandenburg@boku.ac.at bzw. julia.kelemen@boku.ac.at; Dipl.-Ing. Thomas Holzer, Technisches Büro, Hornerstraße 51, A-2000 Sto­ckerau, E-Mail thomas.holzer@tele2.at; Dr. Silvia ­Winter, Prof. Dr. Monika Kriechbaum und Dipl.-Ing. Margit Seiberl, Universität für Bodenkultur Wien, Institut für Integrative Naturschutzforschung (INF), Gregor-Mendel-Straße 33, A-1180 Wien, E-Mail silvia.winter@boku.ac.at, monika.kriechbaum@boku.ac.at bzw. margit.seiberl@boku.ac.at.

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