Windenergie: „Schlagende Argumente“ für den Artenschutz
In einem Positionspapier „Windkraft und Fledermäuse“ haben rund 50 Fledermausexperten und Fachgutachter aus dem gesamten Bundesgebiet Stellung genommen. Es ist Ergebnis einer Fachtagung in der Vogelschutzwarte in Frankfurt. Deren Ziel war, Maßnahmen zum Schutz der von Windkraft massiv betroffenen Fledermäuse zu diskutieren und Empfehlungen zu entwickeln.
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Positionspapier von Fledermaus-Experten
Wie viele Vogelarten können auch Fledermäuse an Windenergieanlagen (WEA) zu Tode kommen. Dieses geschieht nicht allein durch Kollision mit den bis zu 60m langen Rotorblättern, sondern es genügt bereits, wenn die Tiere in deren Strömungsbereich kommen. Die starken Druckveränderungen führen zum sogenannten Barotrauma, die Tiere sterben an inneren Blutungen. Dramatische Ausmaße des Sterbens von Fledermäusen an WEA wurden aber erst in jüngster Zeit durch neue Studien deutlich. Denn diese zeigen, dass im Schnitt etwa 10 Fledermäuse pro Windenergieanlage (WEA) und Jahr sterben. Das macht bei aktuell mehr als 22000 WEA in Deutschland rund 220000 getötete Fledermäuse jährlich.
Dramatisch ist diese Zahl vor allem im Zusammenhang mit der geringen Fortpflanzungsrate der Fledermäuse. Sie bekommen in der Regel nur ein Jungtier pro Jahr. Bestandsverluste, die über die normale Sterblichkeit hinausgehen, können also nur schwer ausgeglichen werden. Die Fledermausexperten sind sich daher einig: Wenn der Fledermausschutz beim weiteren Ausbau der Windenergie nicht mehr Beachtung findet, wird das unabsehbare Folgen für die Fledermauspopulation haben. Betroffen sind dabei nicht nur lokale Populationen, sondern darüber hinaus insbesondere die wandernden Arten wie Rauhautfledermäuse, Zweifarbfledermäuse sowie Großer und Kleiner Abendsegler
Die artschutzrechtliche Situation ist eindeutig: Fledermäuse zählen zu den besonders geschützten Tierarten. Ihre Belange sind bei Planungen von Windkraftanlagen entsprechend zu berücksichtigten. Problem ist die Umsetzung der Vorgaben, die in der jetzigen Praxis nach einhelliger Meinung der Experten meist völlig ungenügend sind. So fehlen nicht nur einheitliche Richtlinien, die den Untersuchungsumfang im Vorfeld einer WEA-Planung definieren, sondern es fehlen ebenso geeignete Instrumente, die die Umsetzung des Artenschutzes auch während des Betriebs der Anlagen gewährleisten. Die Ausweisung von Tabugebieten, in denen der Naturschutz Vorrang hat, stagniert.
Besonders sensible Bereiche, wie Waldstandorte mit hoher Fledermausaktivität, Räume um Wochenstubenkolonien und Winterquartiere, sollten außerdem von WEA frei bleiben. Hier können auch Abschaltregime, deren hinreichende Wirksamkeit bislang nicht wissenschaftlich belegt ist, keinesfalls als Legitimation für eine Windkraftnutzung ausreichen.
Gerade die zunehmende Windkraftplanung im Wald birgt den Fledermausexperten zufolge besondere Probleme, da die Aktivität vieler Fledermäuse hier besonders hoch ist. Die Experten fordern daher, dass der Wald nur dann in die Windkraftplanung einbezogen werden sollte, wenn keine naturschutzfachlich unbedenklichen Offenlandstandorte zur Verfügung stehen. In Bundesländern mit geringem Waldanteil hat dieser eine besonders große Bedeutung für die Fledermäuse und sollte grundsätzlich von WEA frei gehalten werden, wohingegen in Bundesländern mit hohem Waldanteil die Planung in ökologisch minderwertigeren Waldflächen unter Auflagen genehmigungsfähig sein kann.
Diese Forderungen werden auch durch die Tatsache gestützt, dass alle bisherigen Untersuchungen zur Auswirkung von WEA auf Fledermäuse im Offenland druchgeführt wurden. Für Waldstandorte stehen entsprechende Untersuchungen aus, weshalb die Auswirkungen hier nur sehr schwer und mit hohen Unsicherheiten behaftet abseh-bar sind. Schon allein deshalb müsse zum Schutz bedrohter Tierarten dringend das Vorsorgeprinzip angewandt werden.
Nach Meinung der Experten ist dem gesetzlich vorgeschriebenen Artenschutz im Rahmen von Windparkplanungen also stärker als bislang Rechnung zu tragen und er ist nicht politischen Zielen bzw. Vorgaben zu unterwerfen. Um das zu gewährleisten, sind fachlich fundierte Richtlinien zur Festlegung geeigneter Standorte sowie zur Berücksichtigung der Fledermäuse und anderer windkraftsensibler Arten bei der Planung und dem Betrieb von WEA in einer bundesweiten technischen Anleitung Windkraft („TA Wind“) festzulegen. Nur durch ein solches überregionales und rechtlich bindendes Instrumentarium kann der Schutz windkraftsensibler Arten in allen Bundesländern gleichermaßen gewährleistet werden.
Kontaktadresse: Karl Kugelschafter, ChiroTEC – Verhaltenssensorik und Umweltgutachten –, Hollersgraben 27, D-35102 Lohra, E-Mail kugelschafter@web.de.
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