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Tagungen

Klimaanpassung – neue Herausforderung für das Schutzgebietsmanagement

Zur International Conference on Managing Protected Areas under Climate Change (IMPACT) kamen mehr als 120 Klima- und Naturschutzexperten aus aller Welt in Dresden zusammen, um über die Konsequenzen des Klimawandels für die Naturschutzpraxis zu diskutieren. „Wie können sich Schutzgebiete an die Folgen anpassen?“, so die Leitfrage.

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Von Sven Rannow

Weltweit bedrohen Klimawandel und Landnutzungsänderungen geschützte Lebensräume und die Auswirkungen des Klimawandels stellen Schutzgebietsverwaltungen vor neue Herausforderungen. Sie müssen diese Veränderungen überwachen und ihre Managementstrategien entsprechend anpassen, um auf die ökologischen Folgen vorbereitet zu sein. Gleichzeitig müssen auch indirekte Auswirkungen des Klimawandels z.B. auf die Land- und Forstwirtschaft oder den Tourismus wissenschaftlich beobachtet und kritisch begleitet werden.

Ziel der internationalen Konferenz war es daher, Wissenschaftler, Manager von Schutzgebieten und Entscheidungsträger auf dem Gebiet des Naturschutzes zusammenzubringen, um sich über die komplexen Auswirkungen des Klimawandels und die Ansätze zur Anpassung im Schutzgebietsmanagement auszutauschen. Wichtige Grundlage der Veranstaltung waren die Arbeiten zum EU-Projekt HABIT-CHANGE, das unter Federführung des Leibniz-Instituts für ökologische Raumentwicklung (IÖR) untersucht, wie europäische Schutzgebiete mit Auswirkungen des Klimawandels und der Landnutzung umgehen können.

In seiner Begrüßung hob Karl Friedrich Sinner von Europarc Deutschland die Bedeutung des Themas für die zukünftige Bewahrung des Naturerbes heraus. Er wies dabei insbesondere auf die Chancen in der Akzeptanz und Vorbildwirkung hin, die sich durch die Schutzgebiete als Good-Prac­tice-Beispiele für gelungene Anpassungsbemühungen ergeben können.

Die folgenden Keynote-Präsentationen von Prof. Wolfgang Cramer (Institut Méditerranéen de Biodiversité et d‘Ecologie marine et continentale) und Dr. Rob Jongman (Alterra) stellten das Spannungsfeld zwischen den bereits sichtbaren Klimafolgen und der Prognose zukünftiger Veränderungen sowie zwischen wissenschaftlich orientierter Forschung und umsetzungsorientierter Praxis dar, in dem sich die Klimaanpassung bewegt. Sie boten damit eine ideale Einstimmung für die folgenden sechs thematisch ausgerichteten Sitzungen der Konferenz.

In der technisch orientierten Session „Monitoring of Climate-induced Impacts” wurden verschiedene Methoden zur Beobachtung von lokalen Klimafolgen präsentiert. Es zeigte sich, dass die gleichzeitige Veränderung anderer anthropogener Einflüsse (wie z.B. Forst- oder Landwirtschaft) den Nachweis von Klimaeinflüssen erschwert.

Für die Teilnehmer der Session „Modelling of Climate-induced Impacts“ stand die Frage im Vordergrund, wie Ergebnisse aus Klima- und ­Klimafolgemodellen in das Schutzgebietsmanagement einfließen können. Neben der Berücksichtigung von Skalenproblemen, Datenqualität und Unsicherheiten wurde insbesondere die Notwendigkeit einer intensiven und zielgerichteten Zusammenarbeit zwischen Modellierern und lokalen Experten sowie Schutzgebietsmanagern hervorgehoben.

Mit der Session “Climate Change Impacts on Species and Invasive Species” stand ein Thema im Mittelpunkt, welches derzeit in vielen Gebieten besondere Aufmerksamkeit erhält. Dabei wurde sowohl die Auswirkung auf einzelne symbolträchtige Arten (z.B. den Schneeleopard) vorgestellt wie auch die mögliche Ausbreitung invasiver Arten als Konsequenz veränderter Klimawerte diskutiert. Die Identifikation der Sensitivität einzelner Arten gegenüber Umweltveränderungen spielte in beiden Fällen eine erhebliche Rolle.

Dieses Thema war zugleich Gegenstand der Session “Assessing Sensitivity”, welche verschiedene Methoden für die Sensitivitätsbewertung von Lebensräumen vorstellte. Es wurde deutlich, dass eine Unterscheidung zwischen der Sensitivität von Lebensräumen gegenüber klimatischen Veränderungen und dem regionalen Klimawandel als Exposure für die Ableitung von Managementmaßnahmen sehr hilfreich sein kann. Durch die Identifikation besonders sensibler Bereiche innerhalb von Schutzgebieten können Anpassungsmaßnahmen trotz großer Unsicherheiten in den Klimaprojektionen fokussiert und priorisiert werden. Die Präsentationen veranschaulichten unter anderem, dass neben der phänologischen, physiologischen und genetischen Anpassungsfähigkeit von Arten auch die institutionelle Anpassungskapazität von Naturschutzorganisationen eine Rolle für den Umgang mit dem Klimawandel in Schutzgebieten spielt.

Verschiedene Management­ansätze zum Umgang mit Klimafolgen aus Australien, England, Jamaica, Polen und Rumänien stellte die Session “Current and Future Management Practices” vor. Die Diversität der Ansätze bedingt eine Vielzahl von Begriffsverwendungen, die insbesondere bei Fachfremden zur Verwirrung führen kann.

Dem Thema „Legal Aspects and Policy Recommendation” widmete sich eine Session sowie eine Keynote-Präsentation von Prof. An Cliquet (Universität Gent). Schwerpunkt der Diskussionen war die Frage, ob die bestehenden gesetzlichen Regelungen ausreichende Legitimation und genügend Spielraum für die Anpassung an den Klimawandel im Schutzgebietsmanagement bieten. Besonderes Augenmerk wurde dem Natura-2000-Netzwerk und seinen Grundlagen geschenkt. Die Teilnehmer waren sich weitgehend einig, dass viele Anpassungsmaßnahmen durch die bestehenden Regelungen abgedeckt werden. Ein viel größeres Problem stellt dagegen die mangelnde Umsetzung bestehender Regelungen dar.

In einer Podiumsdiskussion mit Dr. Judit Cservenka (Balaton Uplands Nationalpark), Malcolm Ausden (Royal Society for the Protection of Birds), Dr. Nicholas Macgregor (European Network of Heads of Nature Conservation Agencies) und Dr. Lutz Möller (Deutsche UNESCO-Kommission) stand insbesondere der Unterstützungsbedarf für die Anpassung von europäischen Schutzgebieten im Mittelpunkt. Es wurde deutlich, dass eine effektive Klimaanpassung auf einem zielorientierten und effektiven Schutzgebietsmanagement aufbauen muss. Insbesondere die Kommunikation spielt dabei eine große Rolle, denn vielfach sind die Folgen klimatischer Veränderung auf der lokalen und regionalen Eben bereits sichtbar, werden als solche aber nicht erkannt.

Die EU sollte hier mit ihren Programmen und Politiken den Rahmen bieten, um die dringend benötigten Kapazitäten für die Klimaanpassung des Schutzgebietsmanagements zu fördern, den Erfahrungsaustausch zwischen den europäischen Schutzgebieten zu stärken und Werkzeuge für die Umsetzung von Anpassungsmaßnahmen bereitzustellen. Vor allem aber sollten die verschiedenen Bemühungen der EU um Klimaschutz und Anpassung koordiniert werden, um negative Folgen für die Biodiversität zu verhindern.

Zum Abschluss der Veranstaltung hob Dr. Mike Morecroft von Natural England die Bedeutung der Kooperation mit Landnutzern und der lokalen Bevölkerung im Anpassungsprozess hervor. Konzepte müssen gebietsspezifisch erstellt werden und die naturräumlichen, sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen berücksichtigen. Er rief die Schutzgebiete auf, als aktive Partner in Netzwerken und Allianzen aufzutreten und lokale Klimaanpassung voranzutreiben.

Die International Conference on Managing Protected Areas under Climate Change hat gezeigt, dass erste Ansätze für die Bewältigung von Klimafolgen in Schutzgebieten zur Verfügung stehen. Allerdings handelt es sich um ein weites Aufgabenfeld mit vielseitigen Problemen. Um die Herausforderungen meistern zu können, bedarf es einer stärkeren Unterstützung für die Schutzgebiete.

Die Konferenzdokumentation sowie weitere Hintergrundinformationen zum Projekt HABIT-CHANGE sind abrufbar unter http://www.habit-change.eu/impact.

Anschrift des Verfassers: Dr. Sven Rannow, Project Co-ordination HABIT-CHANGE, Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung e.V. (IÖR), Weberplatz 1, D-01217 Dresden, E-Mail s.rannow@ioer.de, Internet http://www.habit-change.eu.

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