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Aktuelles aus Brüssel

Neue LIFE-Verordnung

Die Europäische Kommission hat am 12. Dezember 2011 ihren neuen Vorschlag für eine „Verordnung … zur Aufstellung des Programms für Umwelt- und Klimapolitik (LIFE)“ vorgelegt (KOM(2011)874 endgültig).

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Verbände kritisieren Unterfinanzierung und Erschwernisse für lokale Akteure

Die LIFE-Verordnung ist bis heute das einzige Finanzins­trument der EU, das ausdrücklich dem Natur- und Umweltschutz gewidmet ist. Die Verordnung wurde von den Mitgliedstaaten der EU im Frühjahr 1992 beschlossen; seither wurden im Bereich Naturschutz mit etwa 1,7 Milliarden Euro Pilotprojekte und innovative Maßnahmen gefördert, die die Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat- (FFH-) sowie der Vogelschutz-Richtlinie unterstützen.

LIFE hat sich gerade hier als äußerst kosteneffizientes und erfolgreiches Förderinstrument erwiesen, das messbare ökologische Erfolge immer mit europaweitem Erfahrungsaustausch, lokaler Wirtschaftsentwicklung und Öffentlichkeitsarbeit kombiniert hat. Eine besondere Stärke von LIFE liegt darin, dass es durch re­lativ kleine mehrjährige Projekte zivilgesellschaftlichen Akteuren, mittelständischen Unternehmen und lokalen Verwaltungen die Möglichkeit gibt, für die Umwelt aktiv zu werden und ihre Expertise einzubringen.

Insbesondere hinsichtlich der Finanzausstattung von LIFE bleibt die Kommission stark hinter den Erwartungen zurück. Die Behörde schlägt vor, das LIFE-Budget nur leicht auf nunmehr 3,6 Milliarden Euro für den Zeitraum 2014– 2020 zu erhöhen, wovon aber 900 Millionen Euro in den ­neuen Schwerpunkt „Klima“ fließen sollen. Von den verbleibenden 2,7 Milliarden Euro sollen 50 % dem Bereich „Biologische Vielfalt“ gewidmet sein, also etwa 190 Millionen Euro pro Jahr.

Der Anteil von LIFE am Gesamtbudget der EU würde also nach den Vorstellungen der Kommission nur marginal auf etwa 0,3 % steigen, während sie zum Beispiel die umstrittene Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) immer noch mit etwa 40 % des Gemeinschaftshaushaltes subventionieren will, ohne sicherzustellen, dass die GAP ihren Anteil (mindestens ein Drittel) an den Kosten von Natura 2000 tragen wird. Dagegen halten die Umweltverbände ein LIFE-Budget von mindestens 1 % des Gesamthaushaltes der EU für erforderlich, um zumindest 10–15 % der geschätzten Kosten von Natura 2000 decken zu können, die nach übereinstimmender Auffassung der Kommission, der Mitgliedstaaten und des Europäischen Parlamentes etwa 6 Mrd. Euro jährlich betragen (Naturschutz und Landschaftsplanung 43, 2011, S. 130).

Auf Kritik stößt auch eine Reihe von Änderungsvorschlägen, die in ihrer Gesamtheit zu einem erheblichen Rückgang der in der Vergangenheit so erfolgreichen „klassischen“ LIFE-Projekte führen würde. Mit der Einführung der sog. „Integrierten Projekte (IP)“, die mit Größenordnungen von ca. 10 Millionen Euro pro Projekt in erster Linie nur für Verwaltungen ausgelegt sind, plant die Kommission den Anteil für klassische „bottom-up“ LIFE-Projekte bis 2020 um die Hälfte zu reduzieren. IP sind zwar ein begrüßenswerter Ansatz, um die Finanzierung von Natura 2000 anzuschieben. Ihre Einführung darf aber auf keinen Fall auf Kosten der Beteiligung der „kleinen Akteure“ gehen, denn deren Expertise und Engagement ist es, was LIFE in der Vergangenheit so erfolgreich und kosteneffizient gemacht hat.

Die vorgesehene Abschaffung bzw. Einschränkung der Zuschussfähigkeit von Mehrwertsteuer- und Stammpersonalkosten würde zudem zivilgesellschaftliche Akteure, kleine Unternehmen und lokale Verwaltungen massiv aus dem Programm drängen und muss dringend zurückgenommen werden. Die begrüßenswerte – aber im Verordnungsvorschlag nicht eindeutig ausformulierte – Erhöhung der Ko-Finanzierungsrate wird das nicht kompensieren können.

Weitere Kritikpunkte bzw. offene Fragen beziehen sich u.a. auf die Absicht der Kommission, wesentliche „Stellschrauben“ des LIFE-Programms im Rahmen sog. Mehrjähriger Programme zu regeln, was die Planungssicherheit für Antragssteller und Verwaltungen erschweren würde. Außerdem wird die Auslagerung der Verwaltung von LIFE von der Kommission an eine Exekutivagentur als ein Risiko für die Qualität des Programms angesehen, ohne insgesamt wirklich Kosten einzusparen.

Insgesamt ist die Fortführung des LIFE-Programms sehr zu begrüßen, ebenso die Absicht der Kommission, das Programm strategischer ausrichten und unbürokratischer abwickeln zu wollen, wobei es gerade bei Letzterem auf die noch nicht bekannten Umsetzungsbestimmungen ankommen wird. Positiv ist auch die Absicht, LIFE gezielt auch außerhalb der EU-Grenzen einzusetzen, z.B. in den Überwinterungsgebieten „europäischer“ Zugvögel. Allerdings fehlen hier die für die biologische Vielfalt höchst wertvollen EU-Überseeterritorien, deren Fördermöglichkeit mit LIFE unter anderem die deutschen Naturschutzverbände mehrfach gefordert haben (Naturschutz und Landschaftsplanung 44, 2012, S. 31f.).

Die angesprochenen Kritikpunkte, insbesondere die zu geringe Finanzausstattung von LIFE, müssen in den nun anstehenden Verhandlungen zwischen EU-Parlament und Ministerrat noch korrigiert werden.

Der Vorschlag für die neue LIFE-Verordnung (KOM(2011) 874 endgültig), Pressemeldungen und Hintergrundinformationen der Kommission sind abrufbar unter:

http://ec.europa.eu/environment/life/about/beyond2013.htm#proposal.

Ein sehr lohnendes, gleichzeitig von der Kommission zur Finanzierung von Natura 2000 (SEC(2011)1573 final) veröffentlichtes Arbeitspapier ist zu finden unter:

http://ec.europa.eu/environ ment/nature/natura2000/fi nancing/.

Claus Mayr, NABU, Direktor Europapolitik, Brüssel, Claus.Mayr@NABU.de

Konstantin Kreiser, NABU, Berlin, Koordinator der Birds and Habitats Directives Task Force von BirdLife International, Konstantin.Kreiser@NABU.de

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