Entwicklungen zur Rohstoffstrategie und zur Agrarreform der EU
Nach der parlamentarischen Sommerpause haben auch die politischen Prozesse in Brüssel wieder Fahrt aufgenommen. So wurde zum Beispiel der federführend von Reinhard Bütikofer (Grüne) als Berichterstatter erarbeitete „Bericht über eine erfolgreiche Rohstoffstrategie für Europa“ (2911/2056(INI)) bereits am 13. September im Plenum des EP mit großer Mehrheit verabschiedet. Im Juli hatte es insbesondere bei einigen konservativen Mitgliedern des Industrieausschusses und Tei-len der Industrie noch große Bedenken gegeben, da das Papier nicht industriefreundlich genug sei [Naturschutz und Landschaftsplanung 43 (8), S. 227].
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Der Bericht erkennt die Notwendigkeit einer konsequenten EU-Rohstoffpolitik zur Deckung des Rohstoffbedarfs an, mahnt aber gleichzeitig eine sehr viel effizientere Nutzung der natürlichen Ressourcen und eine massive Verbesserung des Recyclings an. Die Europäische Kommission wird aufgefordert, einen langfristig angelegten „EU-Fahrplan für Rohstoffe bis 2050“ aufzustellen und das Europäische Parlament regelmäßig über die Entwicklungen im Bereich der nichtenergetischen Rohstoffe zu unterrichten. Dazu soll die Kommission jährlich einen Sachstandsbericht vorlegen, der auch über die Vereinbarkeit der Rohstoffpolitik mit den EU-Zielen zu Handel, Entwicklung, Umweltschutz und sozialen Aspekten Auskunft gibt, um mehr Transparenz und eine Übereinstimmung der verschiedenen Politikziele zu erreichen.
Aus naturschutzpolitischer Sicht ist vor allem zu begrüßen, dass der Bericht, wie schon zuvor mehrfach auch die Kommission, den im Herbst 2010 gemeinsam mit der Industrie verabschiedeten Leitfaden für die Gewinnung von nichtenergetischen Rohstof-fen in Natura-2000-Gebieten bekräftigt [Naturschutz und Landschaftsplanung 43 (3), S.66], und dass er die Kommission auffordert, die Ziele des Aktionsplanes für die biologische Vielfalt [Naturschutz und Landschaftsplanung 43 (6), S. 162] in die Rohstoffstrategie zu integrieren.
Die ursprünglich bereits für Ende Juli geplanten Verhandlungen innerhalb der Kommission („interservice consultations“) über die konkreten Legislativvorschläge zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (CAP) haben am 01. September begonnen, die Vorschläge sollen voraussichtlich Mitte Oktober veröffentlicht werden.
Nachdem die Kommission in ihrer Mitteilung zum mehrjährigen Finanzrahmen Ende Juni klargestellt hatte, dass beide Säulen der Gemeinsamen Agrarpolitik erhalten bleiben, geraten bei den Verhandlungen jetzt insbesondere die konkreten Vorschläge für das „greening“ der sogenannten „1. Säule“ in den Mittelpunkt der Diskussionen. Aus Naturschutzsicht ist erfreulich, dass sich in diesem Zusammenhang am 07. September auch die Landes-Agrarminister aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg mit einem 20-Punkte-Programm zu Wort gemeldet haben, in dem sie unter anderem einige Eckpunkte für das „greening“ nennen, die weitgehend den Vorstellungen und Forderungen der europäischen Naturschutzverbände entsprechen:
(1) verbesserte Fruchtfolgen mit mindestens drei Hauptkulturen, von denen keine mehr als 50 % der Ackerfläche überschreiten darf,
(2) die Bereitstellung von mindestens 10 % der Fläche von Ackerbaubetrieben als ökologische Vorrangflächen,
(3) ein Verbot der Umwandlung von Dauergrünland.
Nach den ersten Informationen aus der Kommission werden auch dort diese Punkte berücksichtigt, allerdings in stark abgeschwächter Form. Zudem stößt in Naturschutzkreisen auch die von der Kommission geplante Definition von „aktiven Landwirten“ auf Kritik, da durch eine zu enge Auslegung ein Großteil der Naturschutzorganisationen aus der Förderung fallen könnte, was für die Kulturlandschaftspflege sehr kontraproduktiv wäre.
Weitere Informationen im Internet: zum Rohstoff-Bericht des EP http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?type%20=REPORT&reference=A7-2011-0288&format=XML&language=DE; zum 20-Punkte-Programm der grünen Landesminister http://www.umwelt.nrw.de/landwirtschaft/pdf/gap_20-punkte-pro gramm.pdf.
Claus Mayr, NABU Direktor Europapolitik, Brüssel,
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