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Editorial

Agrarlandschaften in Europa – die Vielfalt fördern

Europa ohne seine vielfältigen Agrarlandschaften, jahrhundertelang durch den nutzenden Menschen geprägt, wäre wie die sprichwörtlichen Pauken ohne Trompeten. Wer Europa in Gedanken durchstreift, stößt auf zahlreiche einzig­artige Kulturökosysteme. Ja, sie sind ein Kulturgut, schützbar als UNESCO-Welterbe (wie jetzt die deutschen Buchenwälder) – aber ein fragiles: Ausräumung der Landschaft unter Vergrößerung der Schläge, (Über-)Düngung und Pestizidanwendung, Melioration, Ausdehnung des Energiepflanzenanbaus, Humusabbau sind Schlagworte auf der einen Seite der Schere, der (zu) intensiven Nutzung. Aber es gibt auch ein Gegenüber der weit aus­einander klaffenden Schere:

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Nutzungsaufgabe und Rückzug der landwirtschaftlichen Nutzung, gerade nach der Wende in den östlichen Staaten Europas. Fast ausgestorbene Dörfer und ganze Gemarkungen, die brach fielen und nun ungenutzt verbuschen, prägen beispielsweise viele Mittelgebirge in Rumänien und Bulgarien.

Die Vielfalt der Agrarökosysteme in Europa zu erhalten, muss ein prioritäres Ziel der Politik sein – anders können die ehrgeizigen Ziele der Staatengemeinschaft für den Erhalt der Biodiversität und des Wassers keinesfalls erreicht werden. Doch es geht noch um weit mehr: etwa um die Bewahrung kultureller Leistungen der Menschheit und das Gewährleisten essentieller Ökosystemfunktionen.

Nur was man kennt, lässt sich wirksam schützen: Es verwundert, dass bis dato keine einheitliche Klassifikation und Erfassung von europäischen Agrarlandschaften existierte. Der erste Hauptbeitrag stellt einen ersten Versuch hierzu vor. Das wird höchste Zeit und erfordert weitere Anstrengungen und ein koordiniertes internationales Vorgehen: Auch wenn die Autoren zu Recht anmerken, dass Agrarlandschaften primär Gegenstand der Subventionsdebatte seien, so stellt doch gerade diese den entscheidenden Schlüssel dar, welche über Erhalt und Nicht-Erhalt der europäischen Vielfalt an Agrarlandschaften entscheidet. Keine andere Nutzung wird so stark subventioniert, 42 % des EU-Haushalts nimmt der 58 Mrd. Euro teure Agraretat ein. Eine bessere Kenntnis der Vielfalt der Agrarlandschaften aus gesamteuropäischer Sicht sowie der Anforderungen an ihre Erhaltung nach dem Prinzip „Schutz durch Nutzung“ wäre hilfreich, um diese Subventionen in der nächsten Förderperiode 2014 bis 2020 nach dem Prinzip „public money for public goods“ effizienter einzusetzen.

Dieses Thema muss und wird uns in den nächsten Monaten weiter intensiv beschäftigen. Agricultural and Rural Convention (ARC2020) heißt ein Bündnis von Organisationen der Zivilgesellschaft aus ganz Europa ( http://www.arc2020.eu ), das die Perspektiven am 13. Juli mit EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos, mit dem Vorsitzenden des Ministerrates Marek Sawicki und dem Berichterstatter des Europäischen Parlamentes Albert Deß diskutierte. „Die neue GAP muss sich mit der Frage auseinandersetzen, wie wirklich nachhaltige Landwirtschafts- und Nahrungssysteme eingeführt werden können, wie Märkte besser funktionieren, so dass sie Landwirten ein faires Einkommen und Verbrauchern gesunde Nahrung bieten“, erklärte ARC-Sprecher Arie van den Brand. Ein „wirklicher Paradigmenwechsel“ müsse die derzeitige nicht nachhaltige Nutzung von natürlichen Ressourcen beenden. Der Kommissar forderte die Initiative auf, den konstruktiven Dialog kontinuierlich fortzusetzen – besonders nach der für Oktober vorgesehenen Veröffentlichung der Gesetzesvorschläge zur GAP-Reform durch die Kommission.

Mut machen auch die Zahlen zur finanziellen Vorausschau des EU-Haushalts für 2014 bis 2020. Darin sieht etwa die Naturschutzstiftung EuroNatur „ein klares Signal (…), dass es kein ‚Weiter so‘ geben wird, sondern dass eine ökologische Neuausrichtung der Agrarpolitik ansteht“. Auch in Deutschland regen sich Initiativen: Der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) etwa engagiert sich in einem DBU-geförderten Projekt für eine Verbesserung der Bedingungen für die Weidetierhaltung. „Meine Landwirtschaft“ nennt sich eine Initiative von 37 Bauern-, Umwelt-, Verbraucher-, Tierschutz- und Entwicklungsorganisationen. In Baden-Württemberg entstehen nun kreisweite Landschaftserhaltungsverbände. Wichtiges Engagement für die agrarlandschaftliche Vielfalt – es bleibt spannend!

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