Internationaler Fluss-Aktionstag
Unter dem Motto „Die Donau als europäische Lebensader schützen!“ trafen sich am 14. März 2011, dem internationalen Aktionstag für die Flüsse, Fluss-Schützer und Politik in Regensburg. Der weltweite Aktionstag wurde vor 14 Jahren in Brasilien von Staudamm-gegnern und -opfern begründet. In Regensburg präsentierten die Fluss-Schützer an der Donau den größten Süßwasserfisch der Erde, den Hausen.
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Stör-Aktion in Regensburg
Der Hausen (Huso huso) ist eine vom Aussterben bedrohte Stör-Art, ein lebendes Fossil. Früher kam er aus dem Schwarzen Meer donauaufwärts bis Regensburg zum Laichen. Überfischung und Staudamm-Bau mit dem damit zusammenhängenden Lebensraum-Verlust haben ihn an den Rand des Aussterbens gebracht. Harald Kutzenberger, Generalsekretär der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Donauforschung (IAD), warnte, dass die Ausbauplanungen für die untere Donau in Rumänien und Bulgarien den Lebensraum der Art weiter drastisch reduzieren könnten. Die Fluss-Schützer posierten mit dem Abbild eines ausgewachsenen Störs (Hausen) in Lebensgröße vor der Steinernen Brücke in Regensburg, der ältesten Brücke über die Donau. Sie hielten das blaue Band der „Freundinnen der Donau“. Auf Initiative von Ismail Ertug (SPD MdEP) und Gerhard Nagl (Danube Environmental Forum) trafen sich Vertreter verschiedener Umweltverbände und Initiativen von der europäischen bis zur regionalen Ebene zum Gedanken- und Informationsaustausch.
Gerhard Nagl vom Danube Environmental Forum (DEF), einem Zusammenschluss von über 80 Umweltorganisationen von Deutschland bis Rumänien, warnte vor einem Total-Ausbau der Flüsse in Europa und im Donau-Einzugsgebiet. Der Ausstieg aus der Atom-Technologie dürfe nicht dazu führen, auch noch die letzten unverbauten Fluss-Abschnitte für einen falsch verstandenen Klimaschutz zu zerstören. An Donau und ihren Nebenflüssen würden in allen Ländern zahlreiche neue Staudämme und Fluss-Kanalisierungen für Wasserkraft und Binnen-Schifffahrt geplant. Er forderte, die Ausbau-Orientierung der EU-Donau-Strategie zu korrigieren. Ein wirklich nachhaltiges Konzept einer europäischen Regionalstrategie müsse den Schutz der Donau ins Zentrum stellen. Die Idee eines Bio-Korridors Donau mit einer „Perlenkette“ von Biotopen und nachhaltigen Projekten fand viel Zuspruch unter den Teilnehmern.
Ismail Ertug, SPD-Abgeordneter im Europa-Parlament für Ostbayern, kritisierte Verkehrsminister Ramsauer, der die Untersuchungen zum Ausbau der Donau zwischen Straubing und Vilshofen ohne Ausschreibung an die RMD AG als Tochterfirma des Energie-Unternehmens E.ON vergeben habe, deren Interessenlage in Bezug auf die Art des Ausbaus nicht neutral sei. Auch der Minister habe seine Pflicht zur Neutralität durch die Favorisierung einer Staustufen-Lösung verletzt. Ertug verlangte von der EU-Kommission die Sperrung der europäischen Anteile an den Kosten der Untersuchung.
Sebastian Schönauer, stellvertretender Vorsitzender des Bundes Naturschutz in Bayern und langjähriger Sprecher des BUND-Arbeitskreises Wasser, stellte fest, dass die Flüsse bereits übernutzt seien und eine weitere Verbauung nicht umweltverträglich sei. Die Milliarden, die im Rahmen der EU-Donau-Strategie mobilisiert würden, sollten für umweltverträglichere Nutzungen verwendet werden. Er sprach sich dafür aus, die Schiffe dem Fluss anzupassen, statt die Flüsse weiter zu kanalisieren.
Josef Paukner, Sprecher der Donau-Naab-Regen-Allianz (DONAREA), der regionalen Regensburger Aktionsgruppe für den Schutz der Donau und ihrer Nebenflüsse mit zahlreichen Mitgliedsverbänden, vermittelte seinen Eindruck, die „großen Ankündigungen“ im Gefolge der europäischen Wasserrahmenrichtlinie und der Biodiversitäts-Strategie würden kaum eingelöst. Entsprechend der Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie müsse das Maßnahmenprogramm bis 2012 durchgeführt werden. Davon sei bisher kaum etwas zu merken. Er forderte, dass der Bund und Bayern ihren Verpflichtungen zu einer ökologischen Aufwertung der Donau rasch nachkommen müssten.
Für Rosa Hirschenauer von den Freundinnen der Donau steht die Bewahrung der Schöpfung an erster Stelle. „Die Donau ist für uns Heimat, wir wollen sie unseren Nachkommen als lebendigen Fluss erhalten!“, sagte die Frau aus Niederalteich bei Deggendorf, wo auch der Altabt Emmanuel Jungclaussen seit zwanzig Jahren für die freifließende Donau kämpft.
Christian Stierstorfer vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern verwies darauf, dass eine Staustufen-Lösung für den Donau-Abschnitt zwischen Straubing und Vilshofen nicht ausgleichbar und damit nach europäischem Recht auch nicht zulässig sei. Alle bisherigen Versuche, einen Staustufen-Eingriff in den Fluss auszugleichen, seien bis dato kläglich gescheitert. Zusammen mit anderen Teilnehmern verlangte er ein nachhaltiges Verkehrskonzept, das auch Alternativen wie die Bahn und die Möglichkeiten des Umschlags auf andere Verkehrsträger einbezieht.
Harald Kutzenberger, Generalsekretär der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Donauforschung (IAD), wies nicht nur auf die Gefährdung der Störe durch geplante Ausbaumaßnahmen an der unteren Donau hin, sondern setzte sich auch besonders für die ländliche Entwicklung abseits der großen Zentren ein. Dazu sollte die Donau-Strategie der EU beitragen. Er wies auch auf die Bedeutung der „Kühlfunktion“ von Flüssen und Auen im Rahmen der Klima-Erwärmung hin.
In der abschließenden Besprechung der Vertreter der Umweltverbände und Initiativen war man sich einig, dass Wasserkraft keinesfalls so sauber sei, wie das oft in der verkürzten Klima-Diskussion vermittelt werde. Im Schlamm der Stauhaltungen sei nicht nur für viele Arten der Fließgewässer kein Lebensraum mehr, es entstehe auch das starke Treibhausgas Methan. Der Ausstieg aus der Atomwirtschaft dürfe nicht zu einer verstärkten Verbauung der Gewässer führen. Die Teilnehmer wollten ihre Vernetzung verstärken und darauf hinwirken, dass im Lebensraum-Korridor Donau viele große und kleine „Perlen“ der Natur von der Quelle bis zur Mündung geschützt werden und Nutzungen an den Vorgaben der Natur zu orientieren seien.
Anschrift des Verfassers: Gerhard Nagl (M.A.), Sprecher Danube Environmental Forum (DEF), Martin-Luther-Straße 14, D-94469 Deggendorf, E-Mail gerhard.nagl@donaufluss.de .
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