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„Frankfurter Deklaration“ zur Biodiversität

Biodiversitätsexperten aus aller Welt haben eine „Frankfurter Deklaration“ verabschiedet. Die Wissenschaftler verpflichten sich darin zu interdisziplinärer Zusammenarbeit und fordern mehr Anerkennung für Biodiversität als Lebensgrundlage.

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Forschung für den Schutz der biologischen Vielfalt (Biodiversität) ist essentiell für das Erreichen der von den Vereinten Nationen beschlossenen Millenniums-Ziele. Das ist die Hauptaussage der „Frankfurter Deklaration“, die jüngst auf der Konferenz zum Thema „Biodiversität und die UN-Entwicklungsziele“ verabschiedet wurde. Rund 200 renommierte Biodiversitätsexperten aus 30 Ländern halten darin fest: Umweltpolitische und entwicklungspolitische Ziele müssen gemeinsam verfolgt werden. Die „Frankfurter Deklaration“ ist das Abschlussstatement der Konferenz, die gemeinsam von der Leibniz-Gemeinschaft, der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und dem LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) in Zusammenarbeit mit dem französischem Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) veranstaltet wurde. Die Tagung stellte erstmals den Zusammenhang zwischen Biodiversitätsforschung und nachhaltiger Entwicklung her.

Mehr Forschung notwendig

Vom 01. bis 03. Dezember 2010 fand in Frankfurt am Main die internationale Konferenz „Biodiversity and the UN Millennium Development Goals“ statt. Kurz vor Ende des Internationalen Jahres der Biodiversität kamen rund 200 Teilnehmer aus aller Welt zusammen, um über den Zusammenhang zwischen der schwindenden biologischen Vielfalt und den UN-Entwicklungszielen, Hunger, Krankheiten und Armut bis 2015 beträchtlich zu reduzieren, zu diskutieren. Veranstaltungsort war das Senckenberg Naturmuseum.

Im abschließenden Statement der Konferenz, der „Frankfurt Declaration on Biodiversity and UN Millennium Goals“, ziehen die Forscher eine gemischte Bilanz der bestehenden Biodiversitätsforschung. So gebe es noch große Wissenslücken zum Zustand und Abnahme der Biodiversität und der von ihr abhängenden Ökosystemfunktionen und -dienstleistungen. Als exem­plarisch wurden dafür die Beispiele Tiefsee, Böden, Süß­wasser und genetische Vielfalt genannt. Gleichzeitig wird die Bedeutung der Biodiversität für das menschliche Wohlergehen in der Öffentlichkeit stark unterschätzt.

Die Deklaration hebt hervor, dass biologische Vielfalt und ihre Veränderungen eng mit Wasserverfügbarkeit, Nahrungsmittelproduktion, Gesundheit, Klimawandel, Naturrisiken etc. verknüpft sind. Dies muss verstärkt berücksichtigt und untersucht werden.

Zuvor war im Verlauf der Konferenz aufgezeigt worden, wie intakte Ökosysteme zum Wohlergehen der Menschheit beitragen. Beispielsweise kann Mangelernährung, neuen Epidemien oder Schädlingsinvasionen besser begegnet werden, wenn die vom Menschen genutzte Natur vielfältig und variantenreich ist. Auch die Behandlung vieler bestehender Krankheiten oder die Züchtung widerstandsfähiger und klimaangepasster Pflanzen funktioniert nicht ohne biologische Vielfalt. Zudem hängt ein Großteil der Erd­bevölkerung direkt von der Nutzung der natürlichen Ressourcen ab.

Plädoyer für integrierte Forschung

Die Forscher weisen zudem darauf hin, dass zwischen der Bewahrung der Biodiversität und der Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen (Ziel-)Konflikte, aber auch Synergien bestehen. So hat Biodiversitätsverlust substanzielle Auswirkungen auf die Verbreitung von Krankheiten, die Erzeugung von Bioenergie, die Landwirtschaft und Fischerei. Um die Millenniums-Entwicklungsziele erreichen zu können, muss man die Ökosysteme besser schützen und nachhaltiger nutzen.

Fortschritte im Bereich Biodiversität und Entwicklungsziele sind daher nur zu er­zielen, wenn beide Gebiete integriert betrachtet werden. So sind existierende Ziel­konflikte z.B. zwischen dem Schutz der Biodiversität und der Nutzung natürlicher Ressourcen (siehe Biogasproduktion aus Pflanzenmaterial) lösbar. Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Mosbrugger, Vizepräsident der Leibniz-Gemeinschaft und Wissenschaftlicher Koordi­nator des Biodiversität und Klima Forschungszentrums, forderte daher mehr Anreize für die Realisierung einer fächer­übergreifenden Forschung.

Dieser Ansatz ist neu und spiegelte sich in der Zusammensetzung der Konferenzteilnehmer wider, die aus verschiedenen natur- und sozialwissenschaftlichen Disziplinen, Politik, Nichtregierungsorganisationen, Entwicklungszusammenarbeit, Verwaltung und Wirtschaft kamen. Wie es Prof. Dr. Heribert Hofer (Direktor des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung, Berlin, und Sprecher der Sektion Lebenswissenschaften der Leibniz-Gemeinschaft) auf den Punkt brachte, „müssen alle Akteure ihre persönliche Komfortzone verlassen – das ist mit Anstrengungen verbunden, aber erhellend.“

Stärkere Vernetzung

Die Biodiversitätsexperten sind sich einig, dass innovative Forschungsansätze die Grundlage für fundierte Handlungsempfehlungen für die Politik sind.

In diesem Zusammenhang sagte Prof. Dr. Beate Jessel, Präsidentin des Bundesamtes für Naturschutz, am Rande der Konferenz: „Forschungsergebnisse müssen entsprechend aufbereitet und für jedermann verständlich ‚übersetzt‘ werden, um der Politik dringend benötigte Entscheidungshilfen für diese komplexe Thematik zu liefern“. Auch der nach dem Verfehlen der 2010-Ziele zum Biodiversitätsschutz nun auf der COP10 in Nagoya verabschiedete neue strategische Plan kann laut der „Frankfurter Deklaration“ nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn Biodiversität in einem breiteren Kontext betrachtet wird. Diesem gesellschaftlichen Bedarf wird die wissenschaftliche Gemeinschaft bisher noch unzureichend gerecht, waren sich die teilnehmenden Wissenschaftler in Frankfurt einig.

Auftakt für 5-JahresKampagne

Zu jedem Eckpunkt der „Frankfurter Deklaration“ wurden daher konkrete Handlungsansätze formuliert. Die Frankfurter Konferenz „Biodiversity and the UN Millennium Development Goals“ ist damit Auftakt einer Fünf-Jahres-Kampagne. Sie soll neue Strategien zu Schutz, Management und nachhaltiger Nutzung der biologischen Vielfalt hervorbringen und das Erreichen der UN-Entwicklungsziele bis 2015 durch Forschung und regelmäßige gemeinsame Aktivitäten untermauern.

Das Programm und die Inhalte der Konferenz sowie der genaue Wortlaut der „Frankfurt Declaration“ sind unter http://www.biodiversity-conference2010.de einsehbar.

Informationen: LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F), Sabine Wendler, Senckenberganlage 25, D-60325 Frankfurt, E-Mail sabine.wendler@senckenberg.de , Internet http://www.bik-f.de .

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