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Editorial

Tourismus und Naturschutz – gegen- oder ­miteinander?

Wo haben Sie in diesem Jahr Ihren Urlaub verbracht? Ja natürlich, unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit folgt als erstes immer die Frage nach dem benutzten Verkehrsmittel und der überwundenen Distanz: Haben Sie auch ordentlich zur Klimaänderung beigetragen? Aber der Tourismus hat natürlich weit mehr Auswirkungen auf Natur und Umwelt. Das verdeutlichen im vorliegenden Heft Thomas Potthast, Ludwig Fischer, Konrad Ott, Reinhard Piechocki und Norbert Wiersbinski mit ihren „Vilmer Thesen zu Tourismus und Naturschutz“.

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Tourismus lebt und profitiert ganz klar auch von der Vielfalt in der Natur. „Fahrtziel Natur“ plakatierte die Deutsche Bahn für umweltfreundliche Reisen mit dem Zug in deutsche Großschutzgebiete – ein Beleg dafür, dass die Ausweisung von Nationalparks, Biosphärenreservaten und auch Naturparks ein Motor für naturbezogene Reisen darstellt. Erhebungen des Wirtschaftsgeographen Hubert Job (Universität Würzburg) haben unlängst bewiesen, in welchem Ausmaß Großschutzgebiete zur Wertschöpfung beitragen. Gerade der Erhalt von Wildnis, vom Menschen so weit wie möglich unbeeinflusster Natur, hat damit nicht allein den Zweck des Schutzes natürlicher Prozesse und davon abhängiger Biodiversität. Zugleich dient diese Quasi-Wildnis auch als Lern- und Erlebnisstätte für den die Natur suchenden Menschen.

Auf der anderen Seite verursacht jede Form des Tourismus’ aber auch Belastungen und Schäden an der Natur. Die bloße Anwesenheit von Menschen beeinträchtigt störungs­sensible Arten. Je massiver Erholungssuchende auftreten und je lautstärker ihre Ak­ti­vität in der Natur, desto stär­-ker sind die Belastungen – zugleich auch durch Flächenversiegelung, Wasserverbrauch, Gewässerbelastungen, Tritt usw.

Nachhaltiges, sanftes Reisen ist insofern eine Vision, die in Reinform kaum wirklich erreichbar ist. In Abwägung der Bedürfnisse des Menschen nach Ruhe und Erholung in der Natur mit den Schutzbedürfnissen derselben – schließlich leben wir in einer Kulturlandschaft – muss es deshalb darum gehen, so vielen Menschen wie möglich eine touristische Nutzung der Natur bei zugleich bestmöglich reduzierten ne­gativen Auswirkungen auf Schutzgüter zu ermöglichen.

Naturschützer und Landschaftsplaner sind aufgerufen, aktiv das Themenfeld Naturschutz und Tourismus zu bearbeiten. Es geht dabei nicht um ein „Entweder-oder“, sondern in aller Regel um ein „Sowohl-als-auch“, gleichwohl mit einer gebietsweise unumgänglichen räumlichen Trennung. Dann kann Tourismus sogar ein wichtiger Verbündeter für den Naturschutz sein. Beispiel Serengeti: Tansanias Regierung plant, eine Fernstraße durch den Serengeti Nationalpark zu bauen. Die Zoologische Gesellschaft Frankfurt (ZGF) warnt gemeinsam mit 27 internationalen Wissenschaftlern davor, dass diese Straße zum Zusammenbruch der großen Migration von rund zwei Millionen Gnus und Zebras führen könnte – eines der Wunder, von dem Tansanias Tourismus lebt, von dem wiederum Tausende von Menschen abhängen. „Road will ruin Serengeti“ titelte das Wissenschaftsmagazin Nature einen Beitrag – die Straße wird die Serengeti ruinieren.

Solche Allianzen benötigen wir in Zukunft häufiger. Die nachfolgenden „Vilmer Thesen“ bieten Anregungen zu einem „nachhaltigen Ethos des Reisens“. Deutschland könnte eine Vorreiterrolle bei Alternativen eines verträglichen Tourismus’ spielen, lautet eine der zentralen Aussagen. Naturschutz und Tourismus treten dabei nicht als Gegner an, sondern als Partner mit teils gemeinsamen, teils natürlich auch divergierenden Zielen. Aber nur miteinander lässt sich eine „Small-Loss-big-Gain-Sitiuation“ erreichen: geringe Einschränkungen für den Einzelnen, aber große Gewinne für Beide. Gigantische Tourismusprojekte wie das in Nordhessen bei Hofgeismar geplante Luxus-Fe­rienresort Beberbeck mit 4500 Betten passen unter dieser ­Prämisse indes nicht mehr in die heutige Zeit.

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