Bewertungsmethoden für Klimawirkung und Biodiversität
Klima und Biodiversität: Zwei Krisen erfordern gemeinsame Lösungen und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Ist diese Botschaft schon in der Planungspraxis angekommen? Leider noch zu wenig, wenn man schaut, inwieweit bislang Veränderungen der Bilanz klimarelevanter Gase in UVS und Eingriffsregelung Eingang finden. Hierzu braucht es geeignete Tools und detaillierte regionale Geodaten, um Vorher-Nachher-Bilanzen aufzustellen. Wie das funktionieren kann, stellt Christina von Haaren mit ihrem Team in dieser Ausgabe vor.
von Eckhard Jedicke erschienen am 30.09.2025Ökosystemare CO2-Bilanz
Damit ist es in dieser Tiefe erstmals möglich, Veränderungen der CO2-Bilanz von Ökosystemen durch geplante Eingriffe zu ermitteln und den Umfang erforderlicher Kompensationen zu berechnen. Und das, ohne den pragmatisch möglichen Arbeitsumfang des Planungsalltags zu sprengen. So können die Wirkungen geplanter Windkraftanlagen in Wäldern oder auf Moorstandorten mit erwartbaren hohen Negativeffekten auf den landgebundenen Klimaschutz mit jenen auf Alternativstandorten etwa im Acker- und Grünland verglichen werden. Gerade weil der politische Trend hin zur Planungsvereinfachung geht, sei explizit darauf hingewiesen: Vermeidung geht vor Kompensation! So oder so muss eine Bilanzierung erfolgen, um Planungsverfahren rechtssicher zu gestalten und die besten Lösungen zu finden, für Biodiversität und Klima gemeinsam. Das zu tun, ist eine Frage des sparsamen, effektiven wie effizienten Einsatzes von Kapital, monetärem wie ökologischem – und damit bestmöglicher Nachhaltigkeit.
Akustisches Monitoring
Auch die Methoden zur Erfassung der Biodiversität entwickeln sich weiter. Zu der klassischen Bestimmung von Arten im Gelände und der händischen Nachbestimmung treten zunehmend Verfahren der molekularen Ökologie, wie Metabarcoding und eDNA. Selbst das klassische Verhören von Arten mittels ihrer Lautäußerungen lässt sich heute effektivieren: Passives akustisches Monitoring erlaubt, Audioaufnahmen über lange Zeiträume automatisch zu klassifizieren. Patricia Müller und Frank Dziock zeigen, wie diese Methode für den nachtaktiven Ziegenmelker in der Lüneburger Heide ermöglicht, Revierdichten abzuschätzen. So kann die Genauigkeit von Arterhebungen wie die Lebensqualität für Ornithologinnen und Ornithologen gesteigert werden, die weniger nachts im Gelände arbeiten müssen – auch wenn das nächtliche Ziegenmelker-Erlebnis etwas Besonderes ist.
Straßenbäume im Klimawandel
Evidenzbasiertes Handeln in Naturschutzpraxis und Landschaftsplanung erfordert fundierte Ergebnisse aus der Forschung. Nicht immer lassen sich Einzelergebnisse verallgemeinern und kommen verschiedene Studien zu identischen Resultaten. Nur ein ergebnisoffener Diskurs bringt die Gesellschaft weiter. So stellen wir in dieser Ausgabe zwei Diskussionsbeiträge gegenüber: Straßenbäume wirken der wachsenden Überhitzung der Städte entgegen, stehen aber selbst unter dem Druck der Klimakrise. Setzen wir daher künftig auch kontinentale und submediterrane Baumarten und entsprechende Provenienzen heimischer Baumarten mit europaweiter Verbreitung ein? Oder bieten trockenheitsangepasste heimische Arten mit ihrer bisher oft unbeachteten innerartlichen genetischen Vielfalt ausreichend Potenzial – und mehr Insekten ein geeignetes Habitat? Diversifizierung ist notwendig, ohne Frage. Vielleicht bietet ein diplomatisches Sowohl-als-auch mit dem Ziel einer bestmöglichen Risikominderung, gerade in den ohnehin vom Menschen grundlegend überprägten Städten, die adäquate Antwort.
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