Effiziente plastikzersetzende Pilze identifiziert
Das Vorkommen von Kunststoffen in unserer Umwelt stellt eine zunehmende Belastung für die Natur und für unsere Gesundheit dar. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Universität Potsdam haben nun Pilze aus Süßgewässern identifiziert, die Kunststoffpolymere aus Polyurethan, Polyethylen und Reifengummi effizient abbauen können. Entgegen bisheriger Annahmen war dafür keine Vorbehandlung der Kunststoffe notwendig. Die Studie wurde in Science of the Total Environment veröffentlicht.
von IGB/Red erschienen am 01.07.2024Kunststoffe aus Polymeren können jahrzehntelang in der Umwelt verbleiben, da sie von Bakterien im Boden oder Gewässer nicht oder nur sehr langsam abgebaut werden. Weltweit wird deshalb an praxistauglichen und nachhaltigen Methoden für den Umgang mit Kunststoff- und Gummiabfällen geforscht. Ein Forschungsteam des IGB und der Universität Potsdam hat 18 Pilzstämme aus Süßgewässern ausgewählt und ihre Fähigkeit, Polyurethan, Polyethylen und Reifengummi abzubauen, untersucht. Diese gehören zu den am häufigsten in der Umwelt vorkommenden Kunststoffen. Die Ergebnisse zeigen, dass Stämme von Fusarium, Penicillium, Botryotinia und Trichoderma ein hohes Potenzial zum Abbau von Kunststoffen besitzen.
„Pilze produzieren Enzyme, die selbst chemische Verbindungen aus vielen Makromolekülen wie Kunststoff aufspalten können. Außerdem sind sie mit ihren invasiven Wachstumsformen und ihrer Fähigkeit, Biofilme zu bilden und mit bereits bestehenden Biofilmen zu interagieren, gut an das Leben in der Plastiksphäre angepasst“, sagt IGB-Forscher Professor Hans-Peter Grossart, der die Studie leitete.
Analysen mit dem Rasterelektronenmikroskop zeigten dem Team, dass sich die Zellwände einiger Pilze verformen, wenn sie die Kunststoffe besiedeln. „Das sind wahrscheinlich strukturelle Anpassungen der Myzelien, die es ihnen ermöglichen, beispielsweise das wasserabweisende Polyurethan zu besiedeln“, sagt Sabreen Samuel Ibrahim Dawoud, Doktorandin am IGB und Erstautorin der Studie.
Die FT-IR-Spektroskopie zur Analyse von Veränderungen in der Feinstruktur der Pilze und die DOC-Analyse zur Bestimmung ihrer Stoffwechselaktivität lieferten Hinweise darauf, dass die anfängliche enzymatische Aktivität der Pilze zur Bildung von Zwischenprodukten führt, die den Pilzen als Kohlenstoff- und Energiequelle dienen, indem sie die Konzentration des für das Pilzwachstum verfügbaren löslichen organischen Kohlenstoffs erhöhen. Dabei ist keine Vorbehandlung der Kunststoffe notwendig, auch entfällt eine Zugabe von Zucker als Energiequelle, was in vergangenen Studien oft zugesetzt wurde.
Die Forschenden testeten auch, ob bestimmte Pilzarten nur bestimmte Arten von Kunststoff oder Gummi abbauen können und welcher Kunststoff am besten von Pilzen zersetzt wird. Das Ergebnis: Polyurethan erwies sich von allen getesteten Kunststoffen als am besten abbaubar. „Die Kenntnis effizienterer Pilzstämme, insbesondere für den biologischen Abbau von Polyurethan, trägt dazu bei, großtechnische Recyclingkonzepte für Kunststoffabfälle zu entwickeln“, sagt Hans-Peter Grossart.
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