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Anforderungen und technische Lösungen am Beispiel des eMapper

Digitale Artenerfassung im ehrenamtlichen Naturschutz

Abstracts

Die Erfassung von Tier- und Pflanzenarten ist seit jeher eine der Kerntätigkeiten der Naturschutzverbände in Deutschland. Die von den i.d.R. ehrenamtlich tätigen Naturschützern erhobenen Daten bilden vielerorts das Rückgrat für die im Bundesnaturschutzgesetz gesetzlich vorgeschriebene Umweltbeobachtung nach § 6 BNatSchG. Eine effektive Einbindung ehrenamtlicher Kräfte in diesem Bereich setzt unter den aktuellen technischen Rahmenbedingungen voraus, dass entsprechende Werkzeuge sowie nutzerspezifische Hilfestellungen und Vorgaben zur Erstellung, Aufbereitung und Weitergabe erfasster Umweltfachdaten zur Verfügung gestellt werden. Welche Anforderungen von Seiten der ehrenamtlich Tätigen an Werkzeuge zur Unterstützung der digitalen Artenerfassung bestehen und wie diese in die Entwicklung einer geeigneten technischen Lösung integriert werden können, wird im vorliegenden Beitrag dargestellt. Anhand des entwickelten Web-GIS Portals eMapper wird aufgezeigt, dass eine technisch hochwertige, übertragbare und auf frei verfügbarer Software basierende GIS-Lösung die Akteure aus Behörden und Verbänden bei der Bewältigung ihrer Aufgaben unterstützt und einen wichtigen Beitrag zur effektiveren Vernetzung im Naturschutz leisten kann.

Digital Mapping of Species in Voluntary Nature Conservation – Requirements and technical solutions using the example of the eMapper

Non-governmental organisations (NGOs) are an important partner for nature conservation authorities in Germany. A field of specific concern heavily relying on data input from volunteers is the statutory long-term monitoring of habitats and species (§6 of the German Federal Nature Conservation Act). However, volunteers need to be provided with appropriate tools, support and guidelines for creating, editing and imparting environmental data in order to be effectively involved in these activities. The paper presents on the one hand results of interviews with volunteers which supporting tools they require for the digital mapping of species. On the other hand suggestions are made how these requirements can be integrated in the development of a suitable technical solution. By means of the web-based GIS portal eMapper the study clarifies that a high-quality transferable GIS-tool based on open source technology supports stakeholders from NGOs and governmental agencies, improving the networking within the field of nature conservation.

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Abb. 1: Das Untersuchungsgebiet „Leinaue zwischen Hannover und Ruthe“ (Fotos: Weckmann-Piper 2007, Gotlüschen 2007, Quellen der Kartengrundlage: Auszug aus den Naturschutzfachdaten des NLWKN, Auszug aus den Geobasisdaten der Niedersächsischen Vermessungs- und Katasterverwaltung © GLL/LGN 2010).
Abb. 1: Das Untersuchungsgebiet „Leinaue zwischen Hannover und Ruthe“ (Fotos: Weckmann-Piper 2007, Gotlüschen 2007, Quellen der Kartengrundlage: Auszug aus den Naturschutzfachdaten des NLWKN, Auszug aus den Geobasisdaten der Niedersächsischen Vermessungs- und Katasterverwaltung © GLL/LGN 2010).
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1 Einleitung

Die Erfassung von Tier- und Pflanzenarten ist seit jeher einer der Haupttätigkeitsbereiche der Naturschutzverbände in Deutschland. Eine Vielzahl von ehrenamtlich Tätigen geht auf diese Weise einerseits ihrem Hobby nach, andererseits bilden diese Daten vielerorts das Rückgrat für die gesetzlich vorgeschriebene Umweltbeobachtung nach § 6 BNatSchG. Im Naturschutzbund Deutschland (NABU), neben dem Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland (BUND) der von der Mitgliederzahl größte Umweltverband in Deutschland, werden derzeit allein von den ca. 25000 aktiven Mitgliedern ungefähr 5,5 Millionen Stunden freiwilliger Arbeit pro Jahr geleistet (NABU 2009). Ein Großteil davon wird im Bereich des Arten­schutzes über Kartierungen sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen erbracht. Die von den Ehrenamtlichen zusammengetragenen Grundlagen werden dabei nicht nur für Artenschutzprogramme verwendet, sondern sind vermutlich auch in die naturschutzrelevante Gesetzgebung der vergangenen 30 Jahre eingeflossen.

Trotz der zahlreichen Vorteile, die sich durch die Zusammenarbeit des haupt- und des ehrenamtlichen Naturschutzes ergeben (Röscheisen 2000), bestehen in der Praxis Effizienz- und Abstimmungsdefizite insbesondere bei der Erfassung gebietsbezogener Daten. Eine wesentliche Ursache hierfür ist in unterschiedlichen Anforderungen an die Erstellung und Verwaltung der Daten zu sehen, die zu erheblichen Informationsverlusten beim Datentransfer führen können. Obwohl die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verbände vielfach über planungsrelevante Fachdaten verfügen (z.B. zu Artenvorkommen oder Nutzungseinflüssen im Gebiet), werden diese Informationen z.T. unvollständig und uneinheitlich dokumentiert bzw. an die Naturschutzbehörden weitergeleitet. Zudem wird die Artenerfassung überwiegend ohne digitale Unterstützung durchgeführt, so dass selbst beim Vorliegen guter Datengrundlagen eine arbeitsextensive Übernahme der Daten durch die Behörden nicht gewährleistet ist.

Mit Hilfe von Geoinformationssystemen (GIS) können komplexe räumliche Daten zusammengeführt werden. Sowohl Fortschreibungen vorhandener Daten können so leichter realisiert als auch Prognosen, Pflege- und Entwicklungsplanungen auf dieser Grundlage erstellt werden. Die gebietsbezogenen Daten zu validieren, zu korrigieren und in ein standardisiertes Format zu bringen, das den fachlichen Anforderungen der zuständigen Behörde entspricht, müsste das Ziel in der Zusammenarbeit zwischen Behörden und Verbänden sein. Eine effektive Einbindung der ehrenamtlichen Kräfte setzt allerdings voraus, dass entsprechende Software sowie nutzerspezifische Hilfestellungen und Vorgaben zur Erstellung, Aufbereitung und Weitergabe der Umweltfachdaten zur Verfügung gestellt werden.

Dieses Defizit war der Ansatzpunkt eines Forschungsvorhabens, das vom NABU Laatzen e.V. in Kooperation mit der IP SYSCON GmbH bearbeitet wurde (Rüter et al. 2010). Aufbauend auf Untersuchungen zum Einsatz von Geoinforma­tionssystemen im ehrenamtlichen Na­turschutz, einer Analyse der bisher verfügbaren technischen Ansätze und In­terviews mit ehrenamtlichen Tätigen sowie Behördenmitarbeitern wurde im Rahmen des Vorhabens eine Softwarelösung entwickelt, die einen verbesserten Austausch und eine effizientere Verwertung naturschutzrelevanter Daten gewährleisten soll. Der als Internetportal und auf Basis freier Software umgesetzte eMapper hält dafür nutzerfreundliche Funktionen zur standardisierten Erfassung gebietsbezogener Daten bereit, die am Beispiel des vom NABU Laatzen e.V. betreuten FFH-Gebietes „Leinaue zwischen Hannover und Ruthe“ (Abb. 1) erprobt wurden.

2 Digitale Artenerfassung durch ehrenamtliche Kartierende

2.1 Vorhandene Ansätze und ­Werkzeuge für die digitale ­Artenerfassung

Ansätze für die Verwendung einheitlicher Kartiermethoden und Erfassungsstandards, die als Grundlage für die Datenerhebung durch Ehrenamtliche dienen sollen, sind bereits in unterschiedlichen Formen vorhanden. Insbesondere analoge Vorlagen (Kartierbögen) sind vielfach etabliert. Sowohl auf landesweiter (z.B. Leopold et al. 2005, NLWKN 2008) als auch auf bundesweiter Ebene (z.B. DDA 2008a) existieren Monitoring-Programme und entsprechende Kartierbögen, die teilweise auf die Erfassung bestimmter Artengruppen ausgerichtet sind. Zudem werden auch im Rahmen gezielter Initiativen Erfassungen durch Ehrenamtliche mit Kartierhilfen für ein bestimmtes Gebiet gefördert (z.B. NABU Stiftung Nationales Naturerbe 2008). Daneben erfolgte in den letzten Jahren auch die Umsetzung GIS-gestützter Erfassungsansätze. Diese eignen sich aber nur bedingt zur Behebung der Defizite im Datenaustausch zwischen ehrenamtlichem und hauptamtlichem Naturschutz. Sie beziehen sich z.T., wie auch die Kartieranleitungen, ausschließlich auf die Erfassung einzelner Tier- oder Pflanzenartengruppen, sind aufgrund des Standes der technischen Umsetzung noch nicht ausreichend etabliert oder sind auf den Aufbau einer regionalen bzw. sogar landesweiten Datenbasis ausgerichtet. Dabei beziehen sie vielfach die Anforderungen, die aus den Kommunikationsstrukturen im Bereich des lokalen, ehrenamtlichen Naturschutzes erwachsen, noch nicht ausreichend ein.

Tab. 1 gibt einen Überblick über verfügbare Softwarelösungen für die Artenerfassung und deren Eigenschaften wie Erfassungsschwerpunkte, Bereitstellungsform u.a. Enthalten sind dabei sowohl Lösungen, die der Nutzer per Download oder CD beziehen kann und auf seinem eigenen Rechner installieren muss, als auch Beispiele, die als Web-Portal umgesetzt wurden, d.h. die per Internet angesteuert und rechnerunabhängig von (meist angemeldeten) Nutzern verwendet werden können.

Der Schwerpunkt der von behördlicher Seite bereitgestellten Systeme liegt bisher bei der Pflanzenartenerfassung. Im Bereich der kommerziellen Software und der populärwissenschaftlich ausgelegten Portale wie naturgucker.de stehen aber auch Werkzeuge für die Tierartenerfassung zur Verfügung. Im Bereich der Tierartenerfassung sind die Anforderungen aufgrund der unterschiedlichen Kartiermethoden und zu erfassenden Eigenschaften der Artengruppen heterogener, so dass auch individuelle Lösungen für populäre Artengruppen (z.B. Vögel, Schmetterlinge) erstellt wurden.

2.2 Einsatz von Software in der ­ehrenamtlichen Praxis

Während in den Naturschutzbehörden weitestgehend Geoinformationssysteme zur Datenverarbeitung eingesetzt werden, ist die Nutzung entsprechender Systeme im ehrenamtlichen Naturschutz heute noch die Ausnahme. Eine von Heinemann (2009) durchgeführte Befragung unter Orts- und Kreisgruppen der drei großen niedersächsischen Umweltverbände NABU, BUND und NVN ergab, das von 41 antwortenden Gruppen lediglich in fünf der Einsatz von GIS erfolgte (ebd.). Die tatsächliche Einsatzquote ist vermutlich noch geringer, da insgesamt 250 Gruppen befragt wurden und viele nach eigener Auskunft an der Befragung nicht teilgenommen haben, da sie kein GIS einsetzen. Innerhalb der fünf befragten Gruppen, die GIS einsetzen, waren insgesamt nur elf Mitglieder mit GIS vertraut. Die Gründe für die geringe GIS-Nutzung sind dabei sehr vielschichtig. Insgesamt ist die derzeitige Nicht-Nutzung von GIS bei vielen Gruppen vor allem im technischen Bereich und im mangelnden Wissen und weniger in einer grundsätzlich ablehnenden Haltung begründet. So stimmten zwar viele Gruppen zu, dass es ihnen an Informationen über GIS mangelt, aber nur in vereinzelten Fällen haben die Gruppen generelle Nachteile in einer GIS-Nutzung gesehen. So haben auch die Aussagen, dass GIS die Arbeit nur komplizierter macht oder niemand bereit ist, sich in GIS einzuarbeiten, bei der Befragung kaum Zustimmung erfahren. Der Einsatz von konventioneller GIS-Software ist zudem mit hohen Anschaffungs- und/oder Betriebskosten verbunden. Diese können von den kleinen Orts­gruppen meist nicht getragen werden. Eine weitere Verbreitung der Technik in den Natur­schutzverbänden wird hierdurch zusätzlich erschwert.

Durchgeführte Interviews mit ehrenamtlich Kartierenden aus der Region Hannover zeigten, dass grundlegende Computerkenntnisse allerdings vorhanden sind (vgl. Rüter et al. 2010). So gaben bis auf einen der Befragten alle Interviewpartner an, zumindest grundlegende Computerkenntnisse zu besitzen. Kenntnisse sind hier beispielsweise für Office-Anwendungen, E-Mail- und Bildbearbeitung sowie den Einsatz des Internets genannt worden. Die Befragungsergebnisse lassen darauf schließen, das eine Bereitschaft, sich mit digitaler Datenerfassung auseinander zu setzen auf Seiten der Ehrenamtlichen durchaus vorausgesetzt werden kann, ihnen aber zum einen geeignete Werkzeuge fehlen und sie zum anderen auch auf Anleitung bzw. Beratung bei der Nutzung entsprechender Software angewiesen sind.

2.3 Anforderungen an die digitale Artenerfassung

Die Interviews mit in Niedersachsen ehrenamtlich Kartierenden verdeutlichten die umfassenden Anforderungen in Bezug auf Hintergrundinformationen, Datenerfassung, Datenanalyse sowie Import/Export und Weitergabe von Daten. Diese variierten je nach zu erfassender Artengruppe, Anwendungszweck der Daten und der Kartierintensität. Generelle Anforderungen an ein Werkzeug für die digitale Artenerfassung waren die folgenden:

leichte Bedienbarkeit (nutzerfreundliche Oberfläche ohne englische Begriffe),

Austauschfähigkeit der erfassten Daten mit anderen Programmen,

modular Aufbau, um das System ggf. erweitern oder anpassen zu können,

Kontrollmöglichkeiten, die eine Plausibilitätskontrolle der erfassten Daten erleichtern.

Als Hintergrundinformationen für die Erfassung von Daten und auch für die Erstellung von Arbeitskarten sollten vorrangig Topographische Karten, Orthophotos, die Deutsche Grundkarte sowie Gitternetze (TK-Quadranten, Minutenfelder) zur Verfügung stehen. Vereinzelt sind auch Schutzgebietsgrenzen, Biotopkartierungen, Forstbetriebskarten, Katasterkarten (vor allem Gebäude) oder die Kartiergebiete aus landesweiten Erfassungsprogrammen (z.B. für die Vogelartenerfassung) für ehrenamtlich Kartierende von Interesse.

Je nach Kartierintensität und erfasster Artengruppe variiert die geforderte kartographische Erfassungsform von Fundorten von „flächenscharf“ bis „basierend auf Gitternetzen“. Ergänzend sind Erfassungswerkzeuge für weitere In­for­ma­ti­onen zur Landschaft wie z.B. zu Biotoptypen, Vegetation und Landmarken hilfreich, die vor allem der Präzisierung der Karte und somit der besseren Orientierung im Gelände dienen. Zur Erfassung der Sachdaten werden die Kartierbögen des niedersächsischen Tierarten-Erfassungsprogramms (NLWKN 2008) als grundsätzlich geeignete Basis eingestuft. Über die Kartierbögen hinaus sind jedoch noch weitere Möglichkeiten zur textlichen Beschrei­bung des Fundortes und des Arten­vorkommens (z.B. für besondere Verhaltensweisen), zur Angabe der Wetterbedingungen sowie zur An­bin-dung von Fotos oder akustischen Auf­nahmen (z.B. Fledermauserfassung) er­for­derlich.

Um eigene Daten auch langfristig nutzen zu können, ist es essenziell, dass erfasste Daten für den Kartierer selbst einsehbar bleiben. Des Weiteren bilden Analysewerkzeuge zur Auswertung der eigenen Daten einen wichtigen Anreiz für die digitale Erfassung. In der digitalen Unterstützung der Auswertung wird vielfach der große Vorteil gegenüber der analogen Erfassung gesehen, bei der eine spätere Analyse der eigenen Daten sehr arbeitsintensiv ist. Grundlegende und vielfach genannte Anforderung für die Auswertung ist das Berechnen von Flächen und Längen, um z.B. Distanzen und Reviergrößen ermitteln zu können. Zudem werden Abfrage- und Filterfunktionen für die erfassten Daten gefordert, um Daten nach Erfassungsjahr, Art oder Artengruppe, nach Gebieten oder bestimmten Attributen auswählen zu können. Die so erzeugten Datenauszüge sollen wiederum als Artenlisten, Verbreitungskarten oder Diagramme anzeigbar und exportierbar sein. Ein Verschneiden der erfassten Daten mit weiteren Informationen, z.B. anderen erfassten Arten, Biotoptypen oder räumlichen Einheiten (TK-Quadranten, Kartierreviere, Bundesländer) ist ebenfalls Teil der Anforderungsliste.

Exportmöglichkeiten für die Daten und erzeugte Auswertungen sind genau wie die Auswertungsfunktionen durchgehend wichtig. Das Ausdrucken der Rohdaten bzw. der durch Auswertung neu generierten Informationen ist hier die wesentliche Anforderung. Neben den Exportmöglichkeiten werden auch Importfunktionen gefordert, z.B. für Daten aus GPS-Empfängern oder in anderen Programmen erstellte Datentabellen. Bezüglich der Weitergabe bestehen unterschiedliche Anforderungen, abhängig von der erfassten Artengruppe und der potenziellen Nutzung der Daten. Gefordert wurden daher vor allem Auswahlmöglichkeiten, mit denen die Nutzungsrechte anderer an den eigenen Daten möglichst differenziert festgelegt werden können.

3 Der eMapper als Beispiel für eine Web-GIS-gestützte ­Artenerfassung

Eine effektive Zusammenarbeit der ehrenamtlichen Kräfte und der Fachbehörden setzt voraus, dass entsprechende Werkzeuge sowie nutzerspezifische Hilfestellungen und Vorgaben zur Erstellung, Aufbereitung und Weitergabe der Umweltfachdaten zur Verfügung gestellt werden. Ein Beispiel ist das Web-GIS-Portal eMapper, das an diesem Punkt ansetzt. Bei der Entwicklung wurden die bestehenden Anforderungen aufgegriffen, so dass auf der Grundlage einer standardisierten, digitalen Erfassung und Dokumentation planungsrelevanter Geofachdaten ein interoperabler Datenaustausch gewährleistet wird.

3.1 Aufbau des Systems

Der eMapper basiert auf frei verfügbarer Mapservertechnologie, da die freie GIS-Software speziell für den ehrenamtlichen Naturschutz Vorteile gegenüber proprietärer Software bietet (relativ geringe Anschaffungs- und Folgekosten, hoher Funktionsumfang, sehr gute Interoperabilität, individuelle Anpassbarkeit). Den Kern des eMapper stellt eine Web-GIS-Komponente (Kartenviewer und Geodatenbank) dar (Abb. 2). Unterschiedliche Geofachdaten der Naturschutzverbände können zur Unterstützung der Datenerfassung in das Web-GIS eingebunden werden. Um eine redundante Datenhaltung zu vermeiden, können ergänzende, beispielsweise von den zuständigen Naturschutzbehörden oder auch von der Landesvermessung bereitgestellte Geobasisdaten oder weitere Geofachdaten (z.B. Luftbilder oder Biotopkartierungen) als Web Map Service (WMS) bzw. Web Feature Service (WFS) integriert werden.

Der Zugriff auf die standardisierten Kartier- und Erfassungsformulare für einzelne Arten und Artengruppen wird ebenfalls über das System ermöglicht. So können etablierte Standards den ehrenamtlichen Naturschützern gezielt für die Arbeit im Gelände und zentral über die Web-GIS-Komponente zur Verfügung gestellt werden. Die Erfassung der Daten mit dem eMapper erfolgt derzeit orientiert an den Kartierbögen der niedersächsischen Landesfachbehörde (NLWKN 2008). Die Erweiterung des Systems um andere Erfassungsstandards (z.B. aus anderen Bundesländern) oder deren Spezifizierung (z.B. in Hinblick auf bestimmte Artengruppen) ist aber problemlos möglich.

Verbreitungskarten und Artenlisten sind sowohl für den Verband als auch für die einzelnen Ehrenamtlichen selbst aus dem System exportierbar. Darüber hinaus ist je nach individuellem Zugriffsmanagement auch ein Zugriff auf die Daten per Kartendienst und damit die Einbindung der Daten in andere Geoinformationssysteme möglich.

Ein effizientes Nutzer- und Zugriffsmanagement ermöglicht es dem Naturschutzverband, aktiv Mitarbeitende nach fachlichen bzw. räumlichen Kriterien in differenzierte Nutzergruppen einzuteilen und individuelle Zugriffsrechte zu vergeben. Der Nutzer wiederum kann ebenfalls Nutzungsrechte für seine Daten vergeben. So können bei entsprechender Freigabe die erfassten Daten auch durch den Verband und durch dem System angeschlossene Behörden genutzt werden wie auch Informationen anderer Kartierer in die eigene Erhebung eingebunden werden. Mit der entsprechenden Einrichtung der Rechte können ausgewählte Daten, z.B. zu einem Gebiet, zu einer Art oder Artengruppe potenziell auch einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden. Neben den fachlich an der Betreibung des Systems Beteiligten, ehrenamtlichen und hauptamtlichen Kartierenden ist auch die technische Betreuung des Systems ein wichtiger Punkt. Das Hosting, d.h. die Bereitstellung und technische Wartung des Web-Portals, kann angesichts der technischen Anforderungen durch professionelle Dienstleister unterstützt werden.

3.2 Nutzeroberfläche

Tab. 2 und Abb. 3 bis 6 zeigen den Ablauf der eMapper-gestützten Erfassung und Auswertung eines Artenfundes für die Artengruppe Amphibien. Eine typische, zuvor analoge Dokumentation eines ehrenamtlich erfassten Artenfundes im Gelände Tab. 2) wird dabei mit dem System digital erfasst und kann anschließend einer Auswertung zugeführt werden. Im ersten Schritt erfolgt die Eingabe des Fundortes anhand einer digitalen, individuell anpassbaren Kartengrundlage (Abb. 3). Die Zuordnung des flächenscharf erfassten Fundortes zu den entsprechenden TK-Quadranten und Minutenfeldern nimmt das System automatisch vor, sodass diese Angabe nicht manuell ermittelt werden muss. Im zweiten Schritt können die erforderlichen Angaben zur Art gemacht werden (Abb. 4). Die Eingaben erfolgen i.d.R. über standardisierte Vorgaben und werden Plausibilitätskontrollen unterzogen. Es stehen zusätzlich Eingabefelder zur Verfügung, in denen ergänzende Angaben mit freiem Text gemacht werden können. Pflichtangaben können entsprechend gekennzeichnet werden. Für die Auswertung der erfassten Artenfunde stehen dem Nutzer verschiedene Filtermöglichkeiten zur Verfügung, um den Datenbestand nach Funden bestimmter Arten(gruppen), aus bestimmten Zeiträumen und in bestimmten Gebieten zu durchsuchen. Die Suchergebnisse werden in der Karte bzw. in Form einer Tabelle angezeigt (Abb. 5) und können auch in Form einer Verbreitungskarte ausgegeben werden (Abb. 6).

4 Einsatzmöglichkeiten Web-GIS-gestützter Erfassungswerkzeuge in der Praxis

Mit Web-GIS Portalen wie dem eMapper soll es Naturschutzverbänden ermöglicht werden, die von ihnen betreuten Gebiete im GIS lagegenau vor dem Hintergrund aktueller Geobasisdaten einzusehen und auf dieser Basis Sachdaten nach eindeutig vorgegebenen, fachlich abgeleiteten Kriterien zu erfassen. Durch die Verwendung von Standards kann sichergestellt werden, dass bereits zum Zeitpunkt der Datenerhebung im Gelände eine zielorientierte Erfassung unabhängig vom jeweiligen Bearbeiter erfolgt. Dabei sind die zur Verfügung gestellten Funktionen sowohl für die Erfassung des gesamten Tierarteninventars eines Gebietes geeignet als auch für die Erfassung und Dokumentation einer einzelnen Art(engruppe), die beispielsweise von besonderem Interesse ist oder deren Inventarisierung bisher noch nicht ausreichend ist. Bestehende Daten können beim Aufbau eines solchen Inventars eingebunden und mit den neu erfassten Daten ergänzt werden. Über die reine Erfassung von Artendaten im Gelände hinaus ist auf der GIS-basiert erstellten, einheitlichen Datenbasis auch ein gezielter Datenbankexport möglich, der analog als Kartier- und Erfassungsbogen bzw. ggf. auf mobilen GPS-gestützten Endgeräten für eine Validierung und Aktualisierung von Daten im Feld genutzt werden kann. Die Datenvalidierung kann somit ebenfalls Web-GIS-basiert oder auch mit Hilfe eines lokalen Desktop-GIS durch Experten oder Sachverständige eines Naturschutzverbands erfolgen. Nach der Validierung der Daten können die Informationen gesammelt und koordiniert an die Behörde weitergeleitet werden. Neben einem syntaktisch korrekten Datenaustausch ist dabei auch die semantische Interoperabilität wichtig für einen effizienten Austausch der Daten, d.h. auch die Dateninhalte sind korrekt zu übergeben. Dabei sind verwendete Begriffe, Datenstrukturen und Schreibkonventionen zu beachten, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Die erhobenen Daten können neben dem Monitoring auch für andere Anwendungen zur Verfügung gestellt werden (z.B. Liegenschaftsmanagement, Erstellung von Verbreitungskarten Flora/Fauna). Eine Portallösung eignet sich zudem für eine Veröffentlichung erfasster Daten zur Information der Öffentlichkeit im Sinne des jeweiligen Landes- oder des Bundes-Umweltinformationsgesetzes. Die Nutzbarkeit als Auskunftskomponente wird durch die einfache Zugriffsmöglichkeit mit unterschiedlichen Webbrowsern (Internet Explorer, Firefox) erleichtert.

Ein flexibler Systemaufbau ermöglicht die Nutzung auch für die Datenerfassung auf behördlicher Seite. Dank des flexiblen Rollen- und Rechtemanagements ist die parallele Verwaltung von Daten verschiedener Verbände oder Institutionen möglich, so dass ein verbands- oder behördenübergreifender Einsatz realisierbar ist.

Durch die Einhaltung technischer Standards wurde beim Beispiel eMapper eine leichte und schnelle Weiterentwicklung sowie die iterative Ergänzung des Systems ermöglicht. Somit lässt sich eine vielfältige, nachhaltige Nutzung für unterschiedliche Anwendungsfelder, Erfassungsobjekte und Zielgruppen realisiert. Dazu lässt sich das System auch mit bestehenden technischen Lösungen verknüpfen, um die erfassten Daten für weitere Anwendungszwecke zu verwenden. So ließe sich beispielsweise der bisher vor allem für die Erfassung von Daten konzipierte eMapper an (kommunale) Betriebssteuerungsprozesse wie z.B. das Grünflächenmanagement oder die Verwaltung und Pflege unterschiedlichster Kataster/Fachportale einer kommunalen Umweltverwaltung anbinden. Darüber hinaus wäre die Integration des Systems in bestehende technologische Infrastrukturen und Anbindung von Metadateninformationssysteme denkbar.

5 Fazit und Ausblick

Mit der entwickelten Web-GIS-Lösung wird ein wichtiger Beitrag zur effektiveren Vernetzung im Naturschutz geleistet. Ein Portal wie der eMapper kann letztlich nicht nur als Daten- und Kommunikationsplattform zwischen Verband und angeschlossenen, ehrenamtlich Kartierenden fungieren, sondern bindet je nach Einsatzbreite über die Datenweitergabe auch Behörden, andere Verbände sowie die Öffentlichkeit ein. Zusätzlich zu diesen grundsätzlichen Vorteilen aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes (bessere Vernetzung, effektiverer Mitteleinsatz etc.) bietet eine technische Standardisierung dem ehrenamtlichen Naturschutz aber auch ganz individuelle Vorteile. So geben die wenigen Gruppen, die aktuell bereits GIS nutzen, den Qualitätsgewinn und die erhöhte Professionalität ihrer Arbeit als einen wesentlichen Grund für die GIS-Einführung an (Heinemann 2009). Hinzu kommt die Tatsache, dass durch den Einsatz von GIS neue Aufgabenfelder und die damit verbundenen finanziellen Mittel erschlossen werden können. Im Hinblick darauf, dass bei der GIS-Nutzung eine deutliche Diskrepanz zwischen der ehrenamtlichen und der hauptamtlichen Ebene (z.B. auch Schutzgebietsverwaltungen, s. Walz & Wagenknecht 2010) besteht, erscheint der eMapper als geeignetes Tool, einen Beitrag zum Abbau dieses Defizits zu leisten.

Usability-Tests zeigten, dass der eMapper die zuvor zusammengetragenen Anforderungen der Nutzer in großen Teilen abdeckt (vgl. Rüter et al. 2010). Insbesondere die insgesamt einfache, intuitive Bedienbarkeit und die übersichtlich gestaltete Benutzeroberfläche wurden von den Testern positiv hervorgehoben. Ebenso wurde die schon realisierte, automatische Plausibilitätskontrolle der Eingaben als wertvoll und gut gelöst angesehen. Von den ehrenamtlich Kartierenden werden GIS-basierte Werkzeuge wie der eMapper bei der Erfassung vor allem dann als Gewinn für die praktische Arbeit eingestuft, wenn mit einer entsprechenden Lösung auch Grundlagendaten ausreichender Qualität zur Verfügung gestellt werden, die technische Zuverlässigkeit gegeben ist und eine Unterstützung in Form von Anleitungen oder Schulungen angeboten wird. Der tatsächliche praktische Einsatz hängt damit stark von der Verfügbarkeit und den Kosten geeigneter (amtlicher) Grundlagen ab, aber auch von der „Vermarktung“ der Erfassungswerkzeuge durch GIS-Dienstleister und Verband. Bei entsprechender Kommunikation der technischen Möglichkeiten und Vorzüge, werden GIS- und Internetgestützte Lösungen zudem auch als ansprechend für die „digitale“ Generation angesehen und bietet somit gerade für jüngere Ehrenamtliche mehr Anreiz, sich für die Datenerfassung zu engagieren. Die Integration der in diesem Zusammenhang häufig angeführten mobilen Erfassungstechniken erfolgt derzeit für Niedersachsen im Rahmen eines weiteren, DBU-geförderten Projektes unter der Federführung der Universität Oldenburg.

Dank

Diese Arbeit ist im Rahmen des Forschungsvorhabens „GIS-gestütztes Gebietsmonitoring im ehrenamtlichen Naturschutz“ (AZ 26362) entstanden und wurde mit Mitteln der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und der Region Hannover gefördert. Die Autoren bedanken sich bei den Interviewpartnern, den Teilnehmern der Workshops und allen weiteren Experten, die durch ihre ausführlichen Kommentare, Diskussionen und konstruktiven Hinweise das Projekt begleitet und unterstützt haben.

Literatur

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–, Hachmann, R., Krohn-Grimberghe, S., Laske, D., Lipski, A., Ruschkowski, E.v. (2010): GIS-gestütztes Gebietsmonitoring im ehrenamtlichen Naturschutz. Grasdorfer Naturschutzberichte 2. Ibidem, Stuttgart.

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Anschriften der Verfasser(innen): Dr. Astrid Lipski und Dipl.-Ing. Roland Hachmann, IP SYSCON GmbH, Tiestestraße 16-18, D-30171 Hannover, E-Mail astrid.lipski@ipsyscon.de bzw. roland.hachmann@ipsyscon.de ; Dr. Stefan Rüter und Dr. Eick von Ruschkowski, NABU Laatzen e.V., Ohestraße 14, D-30880 Laatzen, E-Mail stefan.rueter@nabu-laatzen.de bzw. eick.ruschkowski@nabu-laatzen.de .

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