Mitgestalten statt Blockieren: Naturschutz als Teil der Lösung planetarer Katastrophen
Lützerath ist Geschichte: ein Dorf, trotz heftiger Proteste dem Erdboden gleichgemacht, um weitere Braunkohlegewinnung zu ermöglichen. Wird Lützerath ein endgültiger Wendepunkt bei der Transformation des deutschen Energiesystems sein?
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Die Ungerechtigkeit fossiler Energielandschaften mit Konzentration auf wenige Bergbaulandschaften und große Kraftwerksstandorte wird sich wandeln zu einer gleichmäßigeren territorialen Verteilung. Die Konflikte streuen von wenigen großen auf viele kleinere Brennpunkte im Land. Sozial weiterhin nicht gerecht, ist der dezentrale Ausbau der Erneuerbaren das kleinere Übel. Zu existenziell ist dieplanetare Krise für den Menschen, wie es Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), beim Weltwirtschaftsforum in Davos auf den Punkt brachte: „Wissenschaftlich gesehen handelt es sich nicht um eine Klimakrise, sondern um etwas Tieferes: Wir stehen vor einem Massensterben, Luftverschmutzung, der Zerstörung von Ökosystemfunktionen, was die Zukunft der Menschheit wirklich gefährdet.“ Der Begriff der Krise bagatellisiert als Zustand, der bald vorüber sein wird. Begriffe wieNotstand undKatastrophe wären ehrlicher.
Fünf Katastrophen in einem
Die Debatte muss sich über die Klimathematik hinaus weiten und alle nun bereits fünf von neun planetaren Grenzen bearbeiten, die überschritten sind: Intaktheit der Biosphäre, Einbringung neuartiger Substanzen und Organismen, biogeochemische Kreisläufe (Stickstoff, Phosphor), Landnutzungsänderungen, Süßwasserverbrauch mit dem „grünen Wasser“ aus Niederschlag, Bodenfeuchte und Verdunstung, welches Pflanzen zur Verfügung steht. Moderner Naturschutz und die ihm dienenden Instrumente der Landschaftsplanung habenalle diese multiplen Krisen zu adressieren.
Damit darf ein sich als Artenschutz definierender Naturschutz nicht gegen notwendige Prozesse zur Transformation von Kulturlandschaft wie Wirtschaft arbeiten: Integrierende wie partizipative Ansätze sind notwendig. Not in my backyard, der Kampf gegen Wind- und Solarparks in der Nachbarschaft, ist abzulösen durch My backyard please-Projekte und Energiegärten, wie die Niederlande zeigen. Ihr Schlüssel zum Erfolg: Solarparks mit landschaftlich angepasster Gestaltung, üppig geförderter Biodiversität, Erholungsangeboten und Partizipation – bei der Standortwahl und Ausführung ebenso wie mit finanziellen Beteiligungsmöglichkeiten für die Bevölkerung. Für die Integration biologischer Vielfalt in Solarparks liefern wir in dieser Ausgabe fachliche Grundlagen: Klima- und Biodiversitätsschutz gemeinsam gedacht.
Die Wenden integrierend aushandeln
Mehr Kreativität wäre auch beim Ausbau erneuerbarer Energien vonnöten: Agri-Photovoltaik als Stockwerk über Weidelandschaften und Nutzpflanzen als Strategie, um die Kulturen klimafit zu machen, solare Dachziegel und Überdachungen von Parkplätzen und Autobahnen, Kleinwindanlagen und vieles mehr müssen die Kulturlandschaften (in doppeltem Sinne) nachhaltig verändern. Naturschutz muss das als Chance begreifen, den Wandel aktiv und naturschonend mitzugestalten. Denn Klimawandel bedroht Biodiversität ebenso wie unsere eigene Existenz. Daher habe ich einen Traum: Die Protestenergie von Lützerath und der vielen NIMBY-Konflikte im Lande wandelt sich in ein konstruktivesgemeinsames Engagement aller für Biodiversitäts-, Klima-, Agrar- und Mobilitätswenden. Alle ziehen an einem Strang und handeln die jeweils besten Lösungen aus. Ist das verräterisch, traumtänzerisch oder visionär? Wie auch immer: Nur so gelingt echte Transformation zur Nachhaltigkeit!
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