Ein Wertediskurs zur Landnutzung: Moore zu revitalisieren, garantiert Mehrgewinne
Mehr Moore braucht das Land, denn sie dienen ganz vielfältig dem Gemeinwohl. Das ist lange bekannt. Doch der Schritt, entwässerte Moorböden durch Revitalisierung von einer Kohlenstoffquelle zur Senke und zum Speicher zu machen, wird allenfalls punktuell gegangen. Das politische Ziel wird wieder und wieder bekräftigt: durch das Klimaschutzprogramm 2030 des Bundes (2019), die Bund-Länder-Vereinbarung zum Moorschutz (2021), die in diesen Wochen erwartete Nationale Moorschutzstrategie. Was hemmt die großflächige Umsetzung? Vor allem drei Faktoren dürften eine Rolle spielen: Interessens- beziehungsweise Wertkonflikte, mangelndes Know-how, finanzielle Anreize. An diesen Punkten müssten Politik, Verwaltung, Wissenschaft und NGOs ganz dringend in einer konzertierten Aktion arbeiten.
- Veröffentlicht am

Multifunktionale Maßnahmen
Die Wertkonflikte: Die deutschen Landwirtinnen und Landwirte müssen die Welternährung sichern und Bioenergie erzeugen noch dazu. Ergo ist jeder Quadratmeter Acker, auch auf Moorböden, unverzichtbar. Doch dieses Narrativ einflussreicher Lobbyisten wie des Bauernverbands gilt nicht mehr: Die Welt ist komplexer und bedarf einer reflektierten Abwägung von Zielen und Werten. Moorschutz und -regeneration sind eine Mehrgewinnstrategie par excellence, wie sie der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen (WBGU) in seinem wegweisenden Gutachten „Landwende im Anthropozän“ 2020 eingefordert hat. Klimaschutz, Klimaanpassung, Wasserhaushalt, Arten- und Biotopschutz, menschliche Erholung – auf viele gesellschaftliche Ziele zahlt ein konsequenter Schutz und die Regeneration von Mooren ein. Die Einsparung von Treibhausgasen kann kostengünstiger kaum gelingen. Wie sehr Torfmoos-Kultivierungsflächen zusätzlich die Biodiversität fördern können, belegen wir in dieser Ausgabe. Vor allem für Hochmoore typische Vögel und Libellen profitieren, weniger die Tagfalter. Ein mosaikartig differenziertes Management kann den Wert weiter steigern. Die Politik muss die Weichen stellen, dass solche Multifunktionalität auch besonders protegiert wird. In Ökosystemleistungen ausgedrückt: Das herrschende Primat der Versorgungsleistungen mit Nahrung und Energie gilt es durch eine Abwägung mit den vielschichtigen Regulations- und Basisleistungen von Moorböden in einer räumlichen Differenzierung abzulösen.
Förderanreize stärken
Das Know-how: Solche Mehrgewinne müssen stärker gewichtet in Entscheidungen zur Landnutzung einbezogen werden. Es bedarf eines weit besseren Wissenstransfers nicht allein bezüglich der Methoden zur Umsetzung, sondern auch zur grundsätzlichen Bedeutung der Maßnahmen: Es lohnt sich wirtschaftlich wie ideell, in die Regeneration von Moorböden und Mooren zu investieren!
Die finanziellen Anreize: Solche volkswirtschaftlichen wie nicht immer monetarisierbaren Gemeinwohl-Aspekte gilt es in Anreize für Eigentümerinnen und Nutzer umzumünzen. Leider versagt die neue Gemeinsame Agrarpolitik hier weitgehend: Zwar kommt mit der neuen GAP-Konditionalitäten-Verordnung eine Genehmigungspflicht insbesondere für die erstmalige Entwässerung von landwirtschaftlichen Flächen beziehungsweise in bestimmten Fällen auch für die Erneuerung oder Instandsetzung bestehender Entwässerungsanlagen auf landwirtschaftlichen Flächen in Feuchtgebieten und Mooren als ein GLÖZ-Standard. Aber die Chance, aktiv die Revitalisierung von Moorböden zu fördern, wird vertan. Das in der Anhörung befindliche Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz mit 4 Mrd. € jährlich allein wird das Ruder nicht ausreichend herumreißen können.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.