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Editorial | Eckhard Jedicke

Evidenzbasiertes Handeln statt Augenwischerei: Genau hinschauen im Arten- wie im Klimaschutz

Die Mauereidechse als gebietsfremde Art? Eine Gewinnerin des Klimawandels? Beides trifft zu, denn die wärmeliebende Reptilienart tritt zunehmend weitab ihres Areals auf, obwohl sich ihr natürliches Verbreitungsgebiet in Deutschland in seinen Grenzen bislang nicht verändert hat. Dieses beruht auf bewusstem Aussetzen und vor allem der Verschleppung der Eidechsen, und das mit gebietsfremden Herkünften. In der Naturschutzpraxis spielt die Art vor allem eine Rolle, weil sie nach Anhang IV der FFH-Richtlinie in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet streng geschützt ist.
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Prof. Dr. Eckhard Jedicke
Prof. Dr. Eckhard JedickeDr. Moustafa Selim
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Genau hinschauen im Artenschutz

Im Umkehrschluss greift der Schutz nicht für die im Bundesgebiet verstreuten allochthonen Vorkommen zum Beispiel im Ruhrgebiet, im Köln-Bonner Raum und in Sachsen: Von 153 Messtischblatt-Quadranten ist mindestens ein solches Vorkommen bekannt, berichten Ina Blanke und Ulrich Schulte in diesem Heft. Erhebliche negative Auswirkungen auf Insekten und andere Beutetiere können nicht ausgeschlossen werden. Für die kleineren Zaun- und Waldeidechsen ist die Verdrängung lokal belegt. Und im natürlichen Verbreitungsgebiet kann sich durch Hybridisierung eine der acht bekannten genetischen Linien gegen die heimische Unterart durchsetzen. Damit wird klar: Der Mauereidechse gebührt weit mehr kritische Aufmerksamkeit, als sie bisher genießt. Dazu listen wir Empfehlungen auf: Absichtliche Auswilderungen sind gemäß § 40 (1) BNatSchG zu genehmigen und angesichts des Invasionspotenzials allochthoner Vorkommen nicht zu tolerieren. Für Gefahren der Sekundärverschleppung etwa durch Pflanzen oder Baumaterial ist zu sensibilisieren, ebenso für die Unterscheidung der Unterarten.

Holz-Verstromung klimaneutral?

Von den xerothermen Lebensräumen der Mauereidechse in den Wald: In Teil 2 des Beitrags zur Bedeutung von Urwäldern, Natur- und Wirtschaftswäldern im Kontext der Biodiversitäts- und Klimaschutzdebatte nehmen Rainer Luick und Kollegen das Narrativ von der Klimaneutralität der Ressource Holz kritisch unter die Lupe. Es scheint, als habe das Veräppeln System: Die Politik fördert die energetische Nutzung von Waldrestholz massiv als Mitigation im Sinne des Klimavertrags von Paris. Wir schauen genauer hin und stellen fest: In großem Stil wird Holz in Großkraftwerken verstromt, das teils um den halben Globus transportiert wurde – subventioniert unter dem Label der Klimafreundlichkeit. Die vermeintliche Reduktion von Treibhausgasen aber, die anzustreben wäre, wird nicht erreicht, im Gegenteil. Dennoch steigt in Deutschland die Holznutzung – nachhaltig ist das nicht, zumindest weit weniger als propagiert.

Ein Schuft, wer dabei eine Parallele zur staatlichen Subventionierung der Hybrid-Pkws sieht? Begründet durch Fantasie-Verbräuche und Traum-Reichweiten dienen sie primär dazu, auf dem Papier den Flottenverbrauch der Hersteller zu senken, ohne realistisch eine Emissionsminderung zu erreichen. All das hat in Pandemiezeiten etwas von einem Mund-Nasen-Schutz, der vermeintlich präventiv weit unter der Nase mehr oder minder dekorativ am Kinn getragen wird: Man tut so, als handele man im Sinne des Guten und Richtigen der Corona-Bekämpfung – im Endeffekt ist das aber sinnlos, wenn nicht kontraproduktiv.

Warum verschließt die Politik die Augen vor solchen Fakten? Ein klarer Auftrag an die Ampelkoalition: Wissenschaft und Praxis erwarten eine konsequent evidenzbasierte Politik – im Naturschutz ebenso wie bei Klimaschutz und Klimaanpassung!

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