Die paar Viecher!
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So auch dieses Mal. Ich bin mit Kollegen zum Absammeln von Zauneidechsen am Rande einer Baustelle unterwegs. Wir müssen die Flächen schnell reptilienfrei bekommen, bevor der nächste Bauabschnitt weitergehen kann.
Mit unserem Auftauchen kommt die Baustelle ad hoc zum Erliegen. Die Frage „Was macht ihr denn da?“ lässt auch uns unsere Aufgabe unterbrechen. Wir erklären, dass wir Zauneidechsen absammeln und umsiedeln, damit die Baustelle zügig ausgeweitet werden kann. Anderenfalls liegt ein Verstoß nach Bundesnaturschutzgesetz § 39 vor. Dieses verbietet unter anderem, „wild lebende Tiere mutwillig zu beunruhigen oder ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten“ – etwas, das unsere Arbeit verhindern soll.
Nach der Erklärung entsteht ein kurzer Wortwechsel: „Um die paar Viecher ist es doch nicht schade!“, „Wenn ich da auf jedes einzelne Rücksicht nehmen müsste“. Wir ernten ungläubiges Kopfschütteln – hier ist kein Verständnis auf die Schnelle zu erwarten und Zeit für lange Erklärungen nicht da. „Bekommst du dafür auch noch Geld?“ „Ja“, beende ich schnippisch das Gespräch, „und stell dir vor, ich habe dafür sogar studiert!“ Patt-Situation. Nichts Ungewöhnliches.
Es geht aber auch anders: Auf einer anderen Baustelle wird im Vorlauf ein Ersatzhabitat aus Sandlinse, Wasserbausteinen etc. für Schlingnattern angelegt. Meine Aufgabe ist es, die Tiere zu fangen und in ihr neues Habitat zu bringen.
Bei erstem Termin zum Umsiedeln ist auf der nahen Baustelle Baubetrieb. Drei Bauarbeiter arbeiten am Bau einer neuen Brücke, die im Winter auf die Stelle der noch bestehenden alten, maroden Brücke geschoben werden soll. Hier am Brückendamm leben „meine“ Schlingnattern. Relativ schnell fange ich an diesem Tag meine erste Schlingnatter und freue mich darüber so sehr, dass ich einen Freudenschrei ausstoße. Auf der Baustelle wird alles fallen gelassen. Die drei „Baustellenjungs“ kommen angetrabt, um zu sehen, was in mich gefahren ist. Sie sehen die Schlange, die ich inzwischen in eine Transportbox gepackt habe, um sie auf das etwa 300 m entfernte Ersatzhabitat zu bringen. Fasziniert schauen sie das Wesen an, können nicht glauben, dass tatsächlich eine Schlange und auch noch so ein schönes, seltenes Tier, so nah an ihrem Arbeitsplatz wohnt.
Ich freue mich über die Zeugen meines Fangerfolges: Diese drei Männer, die die Schlange gesehen haben, verstehen jetzt, warum der Bau des Ersatzhabitates kein herausgeworfenes Geld ist, sondern wirklich gerechtfertigt und nötig.
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