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EU-Umweltpolitik in Zeiten der Coronakrise

Vorab: Ich hoffe, es geht Ihnen gut, liebe Leserinnen und Leser! Auch ich komme nicht umhin, in den Beiträgen der Mai-Ausgabe meiner Brüssel-Kolumne einen besonderen Zusammenhang zur Corona-Krise herzustellen. Auch in Brüssel werden naturgemäß Veranstaltungen abgesagt, verzögern sich politische Initiativen, etc. Dennoch geht glücklicherweise derzeit die inhaltliche Arbeit an Themen rund um den European Green Deal mit gewissen Einschränkungen (noch) weiter. Ich gebe Ihnen daher im Folgenden ein kurzes Update zu verschiedenen EU-Themen, die auch für den Naturschutz in Deutschland von Bedeutung sind. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen, bleiben Sie gesund!
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Zum zweiten Termin der Verabschiedung der Biodiversitätsstrategie hätte dieser Küchenschellen-Bestand noch geblüht. Welche Arten wohl blühen, wenn es tatsächlich zur Abstimmung kommt?
Zum zweiten Termin der Verabschiedung der Biodiversitätsstrategie hätte dieser Küchenschellen-Bestand noch geblüht. Welche Arten wohl blühen, wenn es tatsächlich zur Abstimmung kommt? Julia Schenkenberger
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Kommt die neue EU-Biodiversitätsstrategie nun?

Bereits in der Februar- und März-Ausgabe meiner Kolumne hatte ich Sie über den Stand der Arbeit an der EU-Biodiversitätsstrategie post-2020 informiert. Auf diese Initiative komme ich auch hier als Erstes zu sprechen, stellt sie aus meiner Sicht doch eines der Vorhaben dar, welches dem Naturschutz einen neuen Schwung verleihen könnte. Was es dafür braucht, hatte ich erläutert – aus NABU-Sicht unter anderem EU-Gesetzgebung zum Thema Renaturierung und klare Vorgaben für den Bereich der Landwirtschaft (NABU-Forderungen unter Webcode NuL4061 ). Die entsprechenden „Leaks“ der Entwürfe der Strategie hatten einige mehr und einige weniger ambitionierte Maßnahmen erahnen lassen. Nachdem die Strategie ursprünglich am 26. Februar veröffentlicht werden sollte, die Verabschiedung sodann auf 25. März verschoben worden war, erfolgte Coronabedingt eine nochmalige Verschiebung. Eigentlich soll die Strategie nun gemeinsam mit der „EU Farm to Fork“-Strategie am 29. April verabschiedet werden. Aufgrund der zuletzt mit der EU-Kommission geführten Gespräche gehe ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch von diesem Datum aus. Allerdings möchte die EU-Kommission wegen der Krise in den nächsten Wochen ihr Arbeitsprogramm überprüfen, sodass ich die Hand nicht für dieses Datum ins Feuer halte. Eine nochmalige Verschiebung beider Strategien wäre aus NABU-Sicht bitter, denn tatsächlich sollten diese nun nahezu fertiggestellt sein, und insgesamt dürfte die Aufmerksamkeit für Umweltthemen in den Folgemonaten eher noch sinken.

Neue Analyse von möglichen Korridoren zur Renaturierung

Eigentlich wollte der NABU-Dachverband BirdLife am 18. März in Brüssel eine Analyse von Wissenschaftlern des Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung Halle-Jena-Leipzig (iDiv) sowie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) vorstellen. Doch auch diese Veranstaltung viel der Corona-Krise zum Opfer, die Studie wurde stattdessen mit einer Pressemitteilung angekündigt ( NuL4061 ). Die Forscher, unter anderem Dr. Néstor Fernández und Prof. Henrique Pereira, haben europäische Landschaften auf ihren Naturzustand hin untersucht und ihre Datensätze sodann in verschiedenen Karten zusammengefasst. Hierauf basierend schlagen die Wissenschaftler vor, gewisse „grüne Korridore“ wiederherzustellen, um jene Ziele zu erreichen, die sich die europäische Politik im Bereich der biologischen Vielfalt selbst gesetzt hat. Aus NABU-Sicht könnten diese Karten helfen, bei der Umsetzung der künftigen EU-Biodiversitätsstrategie Gebiete für die Renaturierung zu identifizieren und zu priorisieren. Eine der Karten bezieht sich zum Beispiel auf mögliche Korridore zur besseren Vernetzung des Schutzgebietsnetzes Natura 2000. Bleibt zu hoffen, dass die Renaturierungsagenda mit der neuen EU-Biodiversitätsstrategie einen frischen Impuls bekommt.

Wie geht es Coronabedingt mit der GAP weiter?

Das Thema Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) hatte ich in meinen Kolumnen schon mehrfach angesprochen, einfach weil diese schwergewichtige Förderpolitik enorme Auswirkungen auf die Art der Landwirtschaft und damit auch auf die Natur in Deutschland hat. Der Ball liegt derzeit bei den beiden EU-Ko-Gesetzgebern Parlament und Rat. Im Europäischen Parlament wurde vor der Corona-Krise eine Plenar-Abstimmung über die wichtige GAP-Verordnung für den Zeitraum bis Sommer 2020 angestrebt. Der Agrarrat hatte sich in nahezu jedem Treffen mit der GAP befasst (wenn auch nicht zum Besseren für die Umwelt hin). Eigentlich hätten die „Trilog“-Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen daher unmittelbar nach der Sommerpause beginnen können. Dieser Zeitraum ist nun nicht mehr realistisch. Der Agrarrat berät derzeit viel über die Auswirkungen der Krise auf den Agrarsektor. Im Europäischen Parlament verzögern sich selbst die Verhandlungen innerhalb und zwischen den beiden relevanten Ausschüssen (Landwirtschaft und Umwelt), sodass eine Abstimmung der GAP-Verordnung im Plenum bis September nahezu ausgeschlossen scheint.

Aus diesem Grund wird wohl eine etwas umfangreichere Übergangslösung in Kraft treten. Bereits seit Längerem auf dem Tisch liegt ein Vorschlag der EU-Kommission für eine einjährige Übergangsverordnung. Coronabedingt könnte diese um ein weiteres Jahr verlängert werden, sodass die neue GAP selbst vielleicht erst 2023 in Kraft tritt. Damit erlangt zum einen die Übergangsverordnung größere Bedeutung, denn auch in dieser Zeit ist sicherzustellen, dass die Agrarsubventionen fair für Landwirte und nachhaltig im Interesse der Umwelt ausgegeben werden. Zum anderen sollte die Zeit nun genutzt werden, bei den Schwächen des GAP-Verordnungsentwurfs nachzubessern. Jenseits der Forderung des NABU, mehr Geld in die tendenziell umweltfreundlichere „Zweite Säule“ zu stecken, und die „Erste Säule“ abzubauen, geht es konkret um Punkte wie ein Mindestbudget für Naturschutzmaßnahmen von Landnutzern oder einer Mindestflächenvorgabe nicht-produktiver Landschaftselemente pro Betrieb. Allerdings ist zu befürchten, dass die Landwirtschaftsminister wegen der Corona-Krise noch weniger geneigt sind, Agrarsubventionen an Auflagen zu binden, auch wenn die Transformation selbst den Landwirten nutzen würde.

Regelmäßige Updates hierzu erfolgen auch im GAP-Ticker des „Naturschätze.Retten“-Blogs (NuL4061), der sich via E-Mail abonnieren lässt.

Autor

Der Rechtsanwalt und Umweltrechtsexperte Raphael Weyland arbeitet seit 2015 für den NABU in Brüssel, unter anderem zum Thema EU-Naturschutzrecht.

Raphael.Weyland@NABU.de

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