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Editorial | Eckhard Jedicke

Gebietseigene Herkünfte für Gräser, Kräuter und Gehölze: Besser nicht pflanzen, als falsch zu pflanzen?

Zeit war wahrlich genug – und doch scheint der Stichtag 1. März 2020 viele zu überraschen: Mit Monatsbeginn wird der § 40 BNatSchG „scharfgestellt“. Nach einer zehnjährigen Übergangsfrist müssen Ansaaten und Gehölzpflanzungen in der freien Landschaft, soweit sie nicht der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, aus gebietsheimischem Material bestehen. Was als gebietsheimisch gilt, ist immerhin seit Inkrafttreten des zuletzt 2009 novellierten BNatSchG definiert worden. Und doch steht die Praxis vor vielen Fragezeichen – Fragezeichen, die Julia Schenkenberger in diesem Heft als Schwerpunktthema zusammenstellt: „Gebietseigene Herkünfte: Droht ein Versorgungsengpass?“
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Prof. Dr. Eckhard Jedicke
Prof. Dr. Eckhard JedickeDr. Moustafa Selim
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Der rechtliche Rahmen

§ 40 Abs. 4 BNatSchG formuliert unmissverständlich: „Das Ausbringen von Pflanzen gebietsfremder Arten in der freien Natur sowie von Tieren bedarf der Genehmigung der zuständigen Behörde. Künstlich vermehrte Pflanzen sind nicht gebietsfremd, wenn sie ihren genetischen Ursprung in dem betreffenden Gebiet haben. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn eine Gefährdung von Ökosystemen, Biotopen oder Arten der Mitgliedstaaten nicht auszuschließen ist.“ Es geht damit um den Erhalt der räumlich differenzierten Vielfalt aus globaler Sicht, wie sie die Konvention über biologische Vielfalt (CBD) 1992 mit der expliziten Nennung innerartlicher genetischer Vielfalt als Schutzziel definiert hat. Der deutsche Gesetzgeber hat mit § 40 bisher nur einen Teilaspekt genetischer Vielfalt in nationales Recht überführt. Da wäre noch viel mehr Handlungsbedarf – etwa die Themen genetische Erhaltungsgebiete für die Wildpflanzen, die für die menschliche Ernährung relevant sein könnten (crop wild relatives ), die Genvielfalt von Pflanzen und Tieren generell und speziell auch die Nutztiervielfalt.

Fragen über Fragen

Im untergesetzlichen Bereich wurden für Kräuter und Gräser 22 Ursprungsgebiete und acht Produktionsräume, für Gehölze sechs Vorkommensgebiete definiert. Das ist pragmatisch, auch wenn es, wie Analysen an Gehölzen zeigen, nicht die artspezifische Variabilität der Gehölzgenetik abbilden kann. Trotz der Vereinfachung und Verallgemeinerung stellen diese Gliederungen die Praxis vor enorme Schwierigkeiten: Für den Einsatz von gebietseigenem Saatgut wird ein FLL-Leitfaden erst in ein bis zwei Jahren fertig sein. Saatgutproduzenten und Gehölzvermehrer können nicht ansatzweise die benötigten Mengen für alle Herkunftsgebiete allein für Kompensationsmaßnahmen liefern. Naturschutzbehörden stehen meist ziemlich unvorbereitet vor der Situation. Wie werden Bereiche zur Saatgutgewinnung definiert und gesichert? Wie erfolgt die Überwachung, wie wird verhindert, dass wild gemischt wird? Nicht überall ist ein Zertifizierungssystem etabliert. Hinter alledem steht die große Frage, ob die Mühen überhaupt so sinnvoll sind – weil die Gebiete eigentlich artspezifisch abgegrenzt werden müssten. Was tun – besser nicht gepflanzt oder gesät als falsch? Das kann auch nicht sein.

Erfolge der Fließgewässer-Revitalisierung

Wegen dieses aktuellen Themas bleibt lediglich für zwei wissenschaftliche Hauptbeiträge Platz. Ein zehnjähriges Monitoring des Makrozoobenthos nach 7 Mio. € teuren Maßnahmen zur Renaturierung des Flusses Nebel belegt Erfolge – aber die EU-Wasserrahmenrichtlinie erfordert ein riesengroßes Vielfaches dieser Maßnahmen. Für einen effektiven und effizienten Mitteleinsatz sind solche Analysen Gold wert. Und eine weitere Arbeit belegt die begrenzte Wertigkeit eines Golfplatzes für die Erhaltung von Tagfaltern, zeigt aber auch Verbesserungsmöglichkeiten auf.

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