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Europa hat gewählt

Karmenu Vellas Vermächtnis: EU verfehlt Ziele der Biodiversitätsstrategie wohl erneut

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Nachhaltige Forstwirtschaft gehörte zu den Themen der EU-Biodiversitätskonferenz.
Nachhaltige Forstwirtschaft gehörte zu den Themen der EU-Biodiversitätskonferenz.Julia Schenkenberger
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In der Juli-Ausgabe meiner Kolumne berichte ich von Karmenu Vellas Naturschutzkonferenz in Brüssel und werfe einen ersten Blick auf das Ergebnis der Europawahl.

Direkt vor der Wahl hat EU-Umweltkommissar Karmenu Vella zu einer zweitägigen Konferenz geladen, die dem Thema Biodiversität gewidmet war (NuL4061 ). Insgeheim möchte er damit wohl sein Vermächtnis sichern, bevor seine Amtszeit im November endet. Am ersten Tag wurde hochrangig diskutiert: Nachdem der Kommissar und Roby Biwer vom Ausschuss der Regionen die Konferenz eröffnet hatten, fasste Josef Settele vom Weltbiodiversitätsrat IPBES den jüngsten Zustandsbericht zusammen. Ein erstes Panel diskutierte über Naturschutzerfolge und nun erforderliche Schritte. BMU-Naturschutzdirektorin Christiane Paulus forderte mit Verweis auf IPBES einen zügigen Systemwechsel und stellte klar, dass auf EU-Ebene die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) grundlegend reformiert werden müsse. Die zweite Podiumsdiskussion war insofern aufrüttelnd, als dort Christian Schwarzer für das Globale Jugend-Biodiversitätnetzwerk (und früheres NAJU-Mitglied) von den politischen Entscheidungsträgern eindrücklich verlangte, die Jugend nicht noch einmal mit verfehlten Biodiversitätsstrategie-Zielen zu enttäuschen. Bei der Abschlusszeremonie gratulierte BirdLife Europe-Direktor Angelo Caserta zum 40-jährigen Bestehen der EU-Vogelschutzrichtlinie und appellierte für ihre bessere Um- und Durchsetzung. Die Überraschung des Tages für mich selbst: Auch Umweltkommissar Karmenu Vella sprach sich das erste Mal deutlich für Nachbesserungen an der GAP aus – die ganzen letzten Jahre hatte er sich in diese Debatte nicht eingemischt.

Am zweiten Tag ging es um Details und eine erste Analyse der verschiedenen (Unter-)Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie bis 2020. Auch hier stand immer wieder die Landnutzung und damit die Landwirtschafts-, Forst- und Fischereipolitik in der Kritik. Anlässlich der Konferenz hat BirdLife Europe einen eigenen Analysebericht veröffentlicht (NuL4061 ). Dieser zeigt, dass die Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie für 2020 kaum noch erreichbar sind. Bei mehr als der Hälfte der 37 auf EU-Ebene vereinbarten Maßnahmen ist nämlich kein ausreichender Fortschritt zu verzeichnen. Dies gilt vor allem dort, wo andere als die Umweltressorts gefordert sind. Der einzige wirkliche Erfolg auf EU-Ebene – bei dem sich aber beispielsweise Deutschland auch nicht sonderlich engagiert zeigt – ist die Gesetzgebung zum Schutz vor invasiven Arten. Der NABU hält die EU-Biodiversitätsstrategie als solche für gut, kritisiert aber die Scheinheiligkeit der EU-Kommission und der EU-Mitgliedstaaten, die letztlich für die Umsetzung zuständig sind: Jede noch so gute Strategie läuft ins Leere, wenn die Maßnahmen dann nicht umgesetzt werden. Der Bericht von BirdLife Europe zählt auch Notfallmaßnahmen auf, um in der verbleibenden Zeit bis Ende 2020 noch möglichst weit beim Naturschutz zu kommen (Zusammenfassung unterNuL4061 ). Zu diesen Notfallmaßnahmen gehören ein verstärkter Fokus der EU-Kommission auf Vertragsverletzungsverfahren zum Schutz des Netzes Natura 2000, dringende Schritte der EU-Kommission zum Schutz stark überfischter Fischbestände oder das Erarbeiten eines EU-Verzeichnisses von umweltschädlichen Subventionen.

Für den NABU ist klar: Wir können nicht einfach die Hände in den Schoß legen und sehen, wie wir die Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie nach 2010 auch 2020 wieder verfehlen. Neben der langsam startenden Debatte über eine globale und eine EU-Strategie für die Zeit nach 2020 ist daher nun auch in Deutschland die nächsten Monate mit geballter Kraft der Naturschutz voranzutreiben, etwa beim Grünlandschutz oder bei der rechtlichen Sicherung und konkreten Erhaltungsmaßnahmen für die deutschen Natura-2000-Gebiete.

Autor

Der Umweltrechtsexperte (Rechtsanwalt) Raphael Weyland arbeitet seit 2015 für den NABU in Brüssel, u. a. zum Thema Naturschutz und zu Querschnittsthemen wie dem MFR, SDGs oder Better Regulation.

Dr. Raphael Weyland, NABU, Büroleiter Brüssel

Raphael.Weyland@NABU.de

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