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Trotz Junckers Prioritätenplanung:

Warten auf neue EU-Institutionen

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Über das Ende Januar von der EU-Kommission veröffentlichte „Reflexionspapier“ über ein nachhaltiges Europa bis 2030 hatte ich in der März-Ausgabe berichtet (NuL4061 ). Dieses Papiers hatte sich sodann der Rat für Allgemeine Angelegenheiten der EU angenommen. Am 9. April verabschiedete er sogenannte Ratsschlussfolgerungen, die durchaus ambitioniert sind. Sie fordern, die Prioritätensetzung der (künftigen) EU-Kommission an den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen (SDGs) auszurichten; dabei erkennen sie an, dass die nächste Legislaturperiode von EU-Kommission und Europaparlament zeitlich entscheidend ist, da die SDGs bis 2030 umgesetzt sein müssen. Der eigentlichen Idee der SDGs entsprechend fordern sie ein besseres „Mainstreaming“ von Nachhaltigkeit in alle Politikbereiche und benennen hierfür Korrekturbedarf an der „Better Regulation“-Agenda, am Mehrjährigen Finanzrahmen der EU und an der EU-Landwirtschaftspolitik. UnterNUL4061 finden ‚ie einen NABU-Blogbeitrag zu den Ratsschlussfolgerungen.

Die Arbeit des Rats für Allgemeine Angelegenheiten der EU dient auch der Vorbereitung des Europäischen Rates, also dem Treffen der Staats- und Regierungschefs. Diese kommen beziehungsweise kamen informell am 9. Mai in Sibiu zusammen, um über die Zukunft der EU zu beraten. Schon jetzt ist absehbar, dass die dort verabschiedete Abschlusserklärung den weitreichenden Appell der Außenminister nicht aufgreifen wird. Anders als ursprünglich von der EU-Kommission angestrebt scheint es dort also leider nicht zur großen – die Ideen der Zivilgesellschaft einschließenden – Debatte über die Neuausrichtung der EU zu kommen. Stattdessen dürfte sich die Gipfelerklärung auf leere Phrasen – denen alle zustimmen können – beschränken; Empfehlungen für konkrete EU-Politiken fehlen vermutlich. Ein Totalversagen wäre, wenn die Gipfelerklärung Nachhaltigkeit und die SDGs nicht einmal erwähnte.

Zur Vorbereitung der Sibiu-Debatte hat der noch amtierende EU-Kommissionspräsident Juncker übrigens kürzlich seine Vorstellung darüber veröffentlicht, welche Prioritäten die zukünftige EU-Kommission künftig setzen sollte (auch wenn er dieser gar nicht mehr angehören wird). Sie finden seinen Ausblick unter WebcodeNuL4061 . In dem insgesamt 83-seitigen Dokument stellt er zunächst die Errungenschaften seiner Amtszeit aus Kommissionssicht dar. Dann entwirft er Politikempfehlungen für die nächste strategische Agenda und stellt auf fünf Prioritäten ab: Nämlich ein Europa, das beschützt (als Sicherheits- und Verteidigungsunion), ein wettbewerbsfähiges Europa (mit Fokus auf Binnenmarkt, Industriepolitik, Währungsunion), ein faires Europa (mit Sozialrechtssäule, fairer Steuerpolitik auch im Bereich Digitales, Gesundheitswesen et cetera), einem nachhaltigen Europa (Nennung der 2030-Agenda, Klimaschutz, Umweltschutz) und einem einflussreichen Europa (im internationalen Vergleich, gegenüber Vereinten Nationen, WTO, mit Fokus auf Afrika).

Diese Prioritätensetzung ist deutlich nachhaltiger als die zehn Juncker-Prioritäten, die der Kommissionschef zur Grundlage seiner eigenen Amtszeit gemacht hat. Gleichwohl verkennt sie zum Beispiel den Charakter der SDGs, die nicht nur eines von vielen Kapiteln sein sollten, sondern übergeordnet jegliche Politik leiten müssen. Außerdem scheint es etwas vermessen, dem neuen Präsidenten der EU-Kommission die Schwerpunktsetzung der anstehenden Amtszeit vorschreiben zu wollen.

Mein Fazit: Derzeit ist noch unklar, in welche Richtung sich die EU entwickeln wird. Die Gipfelerklärung von Sibiu wird als voraussichtlich wenig mutiger, dafür aber auch kleiner Zwischenschritt hoffentlich verhallen. Dann gilt es, das Ergebnis der Europawahl zu verdauen: Die Parteien müssen sich zu neuen Fraktionen zusammenschließen. Britische Abgeordnete werden dabei wohl zunächst weiter der Runde angehören und die Mehrheitsverhältnisse mitbestimmen. Neben der Frage, wie stark nationalistische Parteien tatsächlich werden und ob beispielsweise die Grünen angesichts der Prognosen für Deutschland auch europaweit spürbare Zugewinne vermelden können, ist die Entwicklung der neuen Fraktion rund um Macrons Bündnis „La République En Marche“ zu beobachten.

Gleichzeitig findet das Tauziehen um den Posten des EU-Kommissionspräsidenten und um andere wichtige EU-Jobs (Parlamentspräsident/-in, Ratspräsident/-in) statt. Ob sich das „Spitzenkandidaten“-System durchsetzt oder die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten nicht doch eine andere Person vorschlagen, ist zum jetzigen Zeitpunkt ebenfalls völlig offen. Geplant ist jedenfalls, dass sich in der dritten Juniwoche die politischen Fraktionen im Europaparlament zusammenschließen (und sich dann auch die Ausschüsse bilden) und dass der Europäische Rat am 20./21. Juni über die EU-Spitzenjobs entscheidet. Vermutlich in der dritten Juli-Woche wählt beziehungsweise bestätigt das neue Europaparlament den EU-Kommissionspräsidenten. Nach der Sommerpause im Oktober „grillen“ die Europaparlamentarier dann die Kommissars-Kandidatinnen und Kandidaten stimmen über den Besetzungsvorschlag ab, sodass die neue EU-Kommission voraussichtlich im November ihre Arbeit aufnehmen könnte. Auch deren „Governance“-Struktur (mit dem Portfolio und der Anzahl von Vizepräsidenten etwa) ist dabei für den EU-Umwelt- und Naturschutz mitentscheidend.

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