Und täglich grüßt das Murmeltier (oder der Wolf)
Die Wolfs-Debatte beschäftigt derzeit auch Brüssel. Dies geht vor allem darauf zurück, dass sich Minister der Mitgliedstaaten und selbst Politiker deutscher Bundesländer wegen der TierartCanis lupus an die EU-Institutionen wenden. Hierdurch halten sie zwar die meist emotional geführte Debatte am Laufen, helfen aber nicht zwangsweise der rationalen Suche nach konkreten Lösungen. Insgesamt kommt so dem für manch Nutzen im Ökosystem sorgenden, aber auch manch Schaden verursachenden Beutegreifer jedenfalls deutlich mehr Zeit zu als anderen Umweltproblemen, die eine größere Aufmerksamkeit verdienten, etwa dem Artenschwund.
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Was hat der Wolf nun mit der EU zu tun? Mit wenigen im Anhang IV der FFH-Richtlinie selbst mit aufgezählten Ausnahmen ist der Wolf nach dieser Richtlinie streng geschützt. Dies bedeutet, dass die Störungs- und Tötungsverbote des Art. 12 FFH-Richtlinie greifen. Von diesen kann wiederum unter den Voraussetzungen des Art. 16 FFH-Richtlinie eine Ausnahme erteilt werden. Die FFH-Richtlinie selbst einschließlich ihrer Anhänge wurde nach gründlicher Prüfung der EU-Kommission Ende 2016 übrigens für fit befunden. Zur besseren Umsetzung und zur Behebung der Vollzugsmängel durch die Mitgliedstaaten erließ die EU-Kommission indes einen Aktionsplan, der unter anderem die Aktualisierung verschiedener Leitfäden vorsieht.
Für den Wolf relevant ist dabei der Leitfaden der EU-Kommission zum Artenschutz, zu finden unter WebcodeNuL4061 . Die aktuelle Fassung stammt aus dem Jahr 2007. Der Leitfaden stellt übersichtlich die verschiedenen Ausnahmebestimmungen der FFH-Richtlinie vor. Bei der noch laufenden Überarbeitung wurden auch die verschiedenen Interessengruppen gehört. Umweltverbände wie BirdLife Europe unterstützen den Überarbeitungsprozess, hatten gegenüber der EU-Kommission aber gefordert, hinreichend konkrete Ausführungen zu den Ausnahmebestimmungen zu machen, damit der Leitfaden den Praktikern vor Ort tatsächlich Hilfestellung bietet. Bedarf für Erläuterungen für eine einheitliche Auslegung in der EU gibt es aus NABU-Sicht zum Beispiel zum Begriff des „ernsten Schadens“ im Sinne des Art. 16 Abs. 1 lit. b) FFH-Richtlinie, aber auch zu den Ausnahmevoraussetzungen nach Buchstabe a) oder e) dieser Vorschrift. Die EU-Kommission plant, einen eigenen Abschnitt im aktualisierten Leitfaden dem Thema Wolf zu widmen. Hiervor möchte sie jedoch noch ein für das Frühjahr angekündigte EuGH-Urteil abwarten, dass sich mit der auf Art. 16 Abs. 1 lit. e) FFH-Richtlinie gestützten Wolfsjagd in Finnland befasst. Vor diesem Hintergrund hält der Autor die von Bundesumweltministerin Svenja Schulze angekündigte Novelle des BNatSchG übrigens auch für überstürzt.
In der Zwischenzeit stellte die EU-Kommission mehrfach klar, dass an ihrer grundlegenden Linie des Umgangs mit dem Wolf nicht gerüttelt wird. Umweltkommissar Karmenu Vella beantwortete die Anfragen von einzelnen Ministern (etwa dem Umweltminister aus Baden-Württemberg) entsprechend und vorsorglich wandten sich Agrarkommissar Phil Hogan und Karmenu Vella am 11. Februar 2019 gemeinsam an alle EU-Mitgliedstaaten. In ihrem Schreiben (WebcodeNuL4061 ) erkennen sie die Herausforderungen für ländliche Regionen mit Weidehaltung an. Sie stellen aber klar, dass die Koexistenz mit großen Beutegreifern in der EU ein gemeinsames Ziel ist und am Schutz des Wolfs festgehalten wird. Letale Entnahmen sehen sie nur als Ausnahmemöglichkeit für Problemtiere, ansonsten darf das Erreichen des günstigen Erhaltungszustands nicht gefährdet werden. Die beiden EU-Kommissare weisen außerdem auf die Möglichkeiten für Mitgliedstaaten hin, Präventionsmaßnahmen (Herdenschutz etc.) über die Zweite Säule der GAP und über das LIFE-Programm mit zu finanzieren. Außerdem sei das Beihilferecht der EU geändert worden, sodass Schäden umfassend durch staatliche Zahlungen kompensiert werden könnten.
Für den NABU ist die Rückkehr des Wolfs eine Erfolgsgeschichte. Der Wolf spielt im Ökosystem eine wichtige Rolle. Für eine Koexistenz sind Präventionsmaßnahmen unerlässlich. Sollte es keine andere Alternative geben, gewährt die FFH-Richtlinie hinreichend Spielraum für Ausnahmen. Der NABU unterstützt dabei eine praxistaugliche Auslegung, die den Artenschutz nicht unterläuft. Nicht akzeptabel ist eine „Lynchjustiz“ einzelner Landwirte oder Jäger oder auch generelles Populationsmanagement durch Bejagung.
Abschließend ein persönlicher Appell, den ich von nun an bis Mai in jeder Kolumne wiederhole: Liebe Leserinnen und Leser, bitte merken Sie sich den 26. Mai 2019 als Termin für die Wahl des Europäischen Parlaments vor. Diese Wahlen sind für den Umwelt- und Naturschutz und für die Gesellschaft von großer Bedeutung, da das Europäische Parlament wesentlich die deutsche Gesetzgebung in diesen wichtigen Bereichen mitbestimmt. Näheres hierzu lesen Sie unter WebcodeNuL4061 .
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