Sozialwissenschaften im Dialog mit der Planungspraxis: der Arbeitskreis Landschaftsforschung
Motivation und Ziele
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Die Beiträge in diesem Heft zum Thema Großschutzgebiete stammen aus dem informellen Arbeitskreis Landschaftsforschung – was sind dessen Ziele und Inhalte?
Naturschutz und Landschaftsplanung werden von Menschen gemacht. Diese handeln nicht völlig autonom, sondern im Rahmen von Gesetzen und Verordnungen sowie von gesellschaftlichen und individuellen Wertvorstellungen, Wünschen und Bedürfnissen. Naturschutz und Landschaftsplanung sind keine rein technisch-fachlichen Handlungsfelder, sondern konflikthaft und politisch. Außerdem haben sie eine Vergangenheit, in der sich wechselnde Gesellschaftsordnungen, Denkweisen und kulturelle Vorlieben niedergeschlagen haben.
Jeder, der in diesem Bereich tätig ist, wird fortlaufend mit den kulturellen, politischen, sozialen, historischen und ökonomischen Aspekten von Naturschutz und Landschaftsplanung konfrontiert. Umso erstaunlicher ist es, wie langsam sich ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass es wichtig ist, natur- und ingenieurwissenschaftliche Zugänge um Perspektiven der Sozial-, Politik- und Kulturwissenschaften zu ergänzen. Möglicherweise liegen einige Ursachen der häufig beklagten Durchsetzungsschwäche von Naturschutz und Landschaftsplanung in der Dominanz technischer und expertenbasierter Ansätze, in der schwach ausgeprägten Neigung zu kritischer (Selbst-)Reflexion sowie in einer allzu engen Verzahnung von Forschung und Politik.
Vor diesem Hintergrund haben insbesondere jüngere Vertreter landschaftsbezogener Disziplinen den Arbeitskreis Landschaftsforschung gegründet. Der Anstoß dazu ist vom Vereinigten Königreich ausgegangen, genauer gesagt von einem Vorstandsmitglied der international tätigen Landscape Research Group (LRG), die ihren Sitz in London hat und die ZeitschriftLandscape Research herausgibt. Anlass war die Abschlusskonferenz des DFG-geförderten Projektverbunds „Konstituierung von Kulturlandschaft“ (vgl. Leibenath et al. 2013) im Jahr 2011 in Hannover. In der Folge ist der Arbeitskreis Landschaftsforschung entstanden als Zusammenschluss von mittlerweile rund 120 Personen aus mehreren europäischen Ländern. Obwohl deutschsprachig angelegt, kooperiert der Arbeitskreis Landschaftsforschung eng mit der LRG und hat bereits zwei Themenhefte vonLandscape Research herausgegeben.
Arbeitsweise
Der Arbeitskreis Landschaftsforschung, dessen informeller Charakter keine förmliche Mitgliedschaft erfordert und dessen Mitglieder in Form einer E-Mail-Liste geführt werden, soll den Austausch zwischen Wissenschaftsdisziplinen sowie zwischen Wissenschaft und Praxis ermöglichen und befördern. Die beiden Sprecher Markus Leibenath und Ludger Gailing fungieren als Ansprechpartner für externe Interessenten und als Koordinatoren der internen Arbeit, unter anderem durch den Versand regelmäßiger Newsletter mit aktuellen Informationen aus dem Bereich der Landschaftsforschung. Wichtigstes Instrument für den Austausch zwischen Mitgliedern des Arbeitskreises und auch Interessierten ist ein seit 2012 jährlich stattfindender Workshop, der zugleich als Mitgliederversammlung dient. Diese werden durch die beiden Koordinatoren in Zusammenarbeit mit weiteren Mitgliedern organisiert, wobei die Themen gemeinschaftlich besprochen und festgelegt werden. Die Ergebnisse des Arbeitskreises werden nach Möglichkeit als Sondernummer einer Zeitschrift oder als Sammelband veröffentlicht. Die bisherigen Veröffentlichungen sind auf der Homepage des Arbeitskreises unter www.landschaftsforschung.de/publikationen.html dokumentiert.
Ausblick
In Zeiten wachsender Skepsis gegenüber Experten, zunehmender sozialer Spannungen und abnehmender öffentlicher Aufmerksamkeit für Umweltthemen werden die politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen in Naturschutz und Landschaftsplanung größer und komplexer. Daher dürfte es immer wichtiger werden, „grenzüberschreitende“ Kooperationsformate zu entwickeln – zwischen Praxis und Forschung, aber auch zwischen unterschiedlichen Denkschulen und Wissenschaftsdisziplinen. Außerdem könnten die Debatten in Deutschland von Impulsen aus der internationalen Landschaftsforschungs-Szene profitieren, etwa im Hinblick auf Themen wie Nachhaltigkeits-Transformationen, Landschaftsplanung in multikulturellen Gesellschaften sowie Landschaftsdemokratie und gerechtigkeit.
Weitere Informationen zum Arbeitskreis Landschaftsforschung sind auf der Internetseite www.landschaftsforschung.de zu finden.
Literatur
Leibenath, M., Heiland, S., Kilper, H., Tzschaschel, S. (Hrsg., 2013): Wie werden Landschaften gemacht? Sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Konstituierung von Kulturlandschaften. Transcript, Bielefeld, 280 S.
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