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Editorial

Von Plausibilität, Qualität und Diversität: Die Anforderungen an Schutzgebietssysteme wachsen

Integration oder Segregation? Die alte Gretchenfrage im Naturschutz ist eindeutig beantwortet: Es geht nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch. Schutzgebiete allein reichen nicht aus, um die vielfältigen Ziele des Naturschutzes zu erreichen. Folgerichtig beziehen sich Akteure in Naturschutz und Landschaftsplanung gleichermaßen auf die geschützte wie die genutzte Landschaft. Theoretisch zumindest – praktisch indes bindet die Arbeit in den europäischen Schutzgebieten als zentrale Pflichtaufgabe in den Behörden so viel Arbeitskraft, dass für die Normallandschaft nicht viel Zeit bleibt. Wenn wenigstens das von Erfolg gekrönt wäre ...
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nul@jedicke.de Twitter: @EckhardJedicke www.nul-online.de
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Versagen selbst im Allerheiligsten

Aktuell arbeiten Bund und Länder am dritten nationalen Bericht gemäß Art. 17 FFH-Richtlinie. Wieder wird sich zeigen, dass die notwendig guten Erhaltungszustände von Lebensraumtypen und Arten inner- und außerhalb des Natura-2000-Schutzgebietsnetzes weit überwiegend haushoch verfehlt werden. In anderen Worten: Selbst im Allerheiligsten, den FFH- und Vogelschutzgebieten, funktioniert Naturschutz nicht ausreichend. Gründe gibt es viele – und dies ist nur die Spitze des Eisbergs eines auf weiter Strecke nicht effizienten Naturschutzes. Die vorliegende Ausgabe unserer Zeitschrift fokussiert auf drei unterschiedliche Typen und Fragestellungen von Schutzgebieten, geschrieben von Akteuren, die sich im Arbeitskreis Landschaftsforschung engagieren (Porträt Seite 152). Damit haben sie eine Perspektive, die weg vom reinen Artenschutz führt und vor allem auch sozialwissenschaftliche Aspekte beleuchtet.

Ein systemischer Blick ist notwendig

Der planende und gestaltende Blick muss heute über das einzelne Schutzgebiet hinausreichen und ein systemischer sein. Schutzgebietssysteme bedürfen unter anderem dreierlei: Plausibilität, Diversität und Qualität – drei Aspekte, die wir in drei Beiträgen beleuchten.

Plausibilität: Naturschutz funktioniert nur mit den und für die Menschen. Ihnen muss plausibel werden, was die Ziele sind und warum Einschränkungen bestehen. Partizipation bei der Ausweisung und Mitgestaltung von Schutzgebieten mag beschwerlich sein. Aber es geht nicht ohne. Akzeptanzprobleme durch Borkenkäfer im Nationalpark Bayerischer Wald sind ein Musterbeispiel dafür, dass Wildnisprozesse den Touristen begreiflich gemacht werden müssen (Seite 160). Wenn sie diese verstehen, akzeptieren sie sie auch.

Qualität: Das Label zum Beispiel als Naturpark genügt noch nicht, es kommt darauf an, was drinsteckt. Wie zum Beispiel mit Windpark-Planungen umgehen – entsprechen sie dem Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung oder sind sie ein ästhetischer Schandfleck? Die Begriffstrias Vielfalt, Eigenart und Schönheit ist hier zu betrachten. Es geht nicht ohne eine Abwägung anhand klar definierter Ziele: Windkraft ja, aber nicht ungeregelt überall, sondern fachlich begründet gelenkt (Seite 166). Denn: Schutzgebiete nehmen nur einen gewissen Anteil der Landschaft ein und im Interesse einer dringenden Effizienzsteigerung ist deren Multifunktionalität zu erhöhen: Naturschutz in vielen Zieldimensionen und entscheidend erhöhter Qualität.

Diversität: Biodiversität schützen und entwickeln ist akzeptiertes Ziel in allen Schutzgebietstypen der Naturschutzgesetze. Aber wie sieht es mit der Geodiversität, wie mit der kulturellen Diversität aus? Wenngleich sich aus dem BNatSchG ein Auftrag zum Schutz der abiotischen Umweltmedien und Strukturen ableiten lässt, fristet die Gesamtheit der Ökodiversität als Oberbegriff nur ein Mauerblümchen-Dasein. Das zeigt die Bearbeitung des geowissenschaftlichen Erbes in Geoparks (Seite 174). Diversität braucht es ergo auch in Bezug auf die Vielfalt an Schutzgebietstypen mit ihren jeweils eigenen Zielsetzungen. Der Weg zu einem valide geplanten und vor allem umgesetzten Schutzgebietssystem ist noch weit!

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