Anforderungen an gebietsspezifische Erhaltungsziele für Natura-2000-Gebiete
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Gegen Deutschland läuft seit 2015 ein Vertragsverletzungsverfahren, weil die Europäische Kommission der Auffassung ist, dass die Bundesrepublik Deutschland ihren Verpflichtungen aus der FFH-Richtlinie bislang nicht vollständig nachgekommen ist. Am 24. Januar 2019 hat Deutschland hierzu ein weiteres Mahnschreiben der Europäischen Kommission erhalten (siehe „Bericht aus Brüssel“). Einer der Kritikpunkte bezieht sich auf die Festlegung gebietsspezifischer Erhaltungsziele für Natura-2000-Gebiete, die nach Ansicht der EU-Kommission in Deutschland zumeist sehr allgemein und unspezifisch formuliert sind.
Nach Ansicht der Kommission können Gebiete nur dann zum übergeordneten Ziel der Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands von FFH-Arten und FFH-Lebensräumen beitragen, wenn dieses Ziel durch gebietsspezifische Erhaltungsziele konkretisiert wird. Gebietsspezifische Erhaltungsziele bilden die Grundlage für die Festlegung und Durchführung geeigneter Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen nach Art. 6 Abs. 1 FFH-RL, sind von Bedeutung beim Verschlechterungsverbot nach Art. 6 Abs. 2 FFH-RL und nicht zuletzt erfordert auch die FFH-Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL „eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen“.
Nach Ansicht der Kommission müssen die Erhaltungsziele für die einzelnen Arten und Lebensraumtypen innerhalb der jeweiligen Gebiete festlegen, welcher Erhaltungszustand erreicht werden soll, um sicherzustellen‚ dass die Gebiete einen möglichst hohen Beitrag zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustands auf nationaler, biogeografischer oder europäischer Ebene leisten. Die Verpflichtung zu „spezifischen“ Erhaltungszielen erfordert dabei auch eine klare Unterscheidung zwischen dem Ziel der „Wiederherstellung“ und der „Wahrung“ bzw. dem „Erhalt“ des Erhaltungszustands der Schutzgüter des Gebiets.
Aus Art. 4 Abs. 4 und Art. 6 Abs. 1 FFH-RL leitet die Kommission ab, dass die gebietsspezifischen Erhaltungsziele für alle FFH-Arten und FFH-Lebensraumtypen festgelegt werden, die in einem Natura-2000-Gebiet vorkommen (mit Ausnahme derjenigen Vorkommen im Gebiet, die dem Standarddatenbogen zufolge nicht signifikant präsent sind); die Bedeutung des Gebiets für die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in dem Gebiet vorhandenen Lebensraumtypen und Arten und für die Kohärenz von Natura 2000 widerspiegeln; auf Gebietsebene festgelegt werden, aber möglicherweise durch ein breiteres Spektrum von Erhaltungszielen auf höheren (nationalen, regionalen oder biogeografischen) Ebenen ergänzt werden müssen; „quantifiziert“ und „messbar“ sind.
Sowohl in den Bundesländern als auch auf Bundesebene sind die Erhaltungsziele für Natura-2000-Gebiete bisher sehr allgemein formuliert, etwa indem die generellen Bedingungen für den Erhalt eines Lebensraums oder Habitats aufgeführt werden. Es werden jedoch keine gebietsspezifischen, quantifizierten oder messbaren Ziele für die betreffenden Lebensraumtypen und Arten festgelegt. Damit kann auch keine Aussage getroffen werden, welchen Beitrag die einzelnen Natura-2000-Gebiete zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustands auf nationaler, biogeografischer oder europäischer Ebene leisten können und sollen.
Wenn Deutschland eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof vermeiden will, muss bei der Festlegung gebietsspezifischer Erhaltungsziele deutlich nachgebessert werden. Erforderlich sind gebietsbezogene Erhaltungsziele, die für jede Art und jeden Lebensraumtyp des jeweiligen Natura-2000-Gebiets einen konkreten angestrebten Erhaltungszustand formulieren. Für FFH-Arten kann dies zum Beispiel die Festlegung einer angestrebten Mindestpopulationsgröße im Gebiet sein, für Lebensraumtypen die Verbesserung des Erhaltungszustandes von B zu A oder auch die Wiederherstellung des Lebensraumtyps auf bestimmten Flächen. Auf der Grundlage derartig konkretisierter Zielvorgaben lassen sich die zur Zielerreichung erforderlichen Maßnahmen festlegen und die mit der Umsetzung der Maßnahmen erreichten Fortschritte messen.
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