Untersagung der Nutzung eines illegal errichteten Teilstücks des ElsterradwegsOVG Bautzen, Urteil vom 27. 11. 2018 – 4 A 688/17 –
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Das OVG Bautzen hat entschieden, dass die Nutzung eines bereits im Jahr 2013 illegal errichteten Teilstücks des Elsterradwegs – dieser liegt zu einem beträchtlichen Teil in einem FFH Gebiet – für alle Verkehrsarten gesperrt werden muss.
Mit dem Bau des Radwegs wurde im Jahr 2013 begonnen, ohne dass zuvor ein Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren durchgeführt worden war. Die rechtswidrige Errichtung des Radwegs wurde bereits im Verfahren vor dem VG Chemnitz festgestellt. Das Verfahren vor dem OVG Bautzen betraf die Frage, ob für die Dauer der Durchführung des zur Legalisierung des Schwarzbaus notwendigen Planfeststellungsverfahrens eine Nutzung stattfinden kann oder diese aus Gründen des Naturschutzes zu untersagen ist.
Die Rechtsgrundlage für diese Nutzungsuntersagung bildet § 3 Abs. 2 BNatSchG. Diese Tatbestandsvoraussetzungen sind erfüllt, weil der streitgegenständliche Radweg naturschutzrechtliche Vorschriften in formeller und materieller Hinsicht verletzt.
Der Beklagte hat den Radweg nicht nur errichtet, ohne ein nach sächsischem Landesrecht erforderliches Planfeststellungsverfahren (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SächsStrG) und damit auch eine Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 39 Abs. 2 SächsStrG i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 2 SächsUVPG und Anlage 1 Nr. 2 Buchst. c) durchzuführen, sondern der Radweg verursacht auch eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets, sodass er nach Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-RL und § 34 Abs. 2 BNatSchG generell unzulässig ist. Seine Legalisierung könnte daher nur im Wege einer Abweichungsentscheidung erfolgen, die aufgrund der Beeinträchtigung eines prioritären Lebensraumtyps nur auf die hier offensichtlich nicht vorliegenden zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses in Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 FFH-RL, § 34 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG gestützt werden kann oder die Mitwirkung der Europäischen Kommission erfordert (Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 FFH-RL, § 34 Abs. 4 Satz 2 BNatSchG).
Hinsichtlich der nach § 3 Abs. 2 Halbsatz 2 BNatSchG erforderlichen Ermessensausübung durch die zuständige Naturschutzbehörde hat das BVerwG ausgeführt, dass dieses Ermessen durch die allgemeine Schutzpflicht aus Art. 6 Abs. 2 FFH-RL zwar dergestalt eingeschränkt ist, dass die Behörde in der Regel zum Einschreiten verpflichtet ist, um eine behördlich nicht zugelassene Beeinträchtigung des FFH-Gebiets zu verhindern. Ausreichend, aber auch erforderlich sei, dass die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr bestehe, dass der Betrieb der aus einem ungenehmigten Projekt entstandenen Anlagen eine erhebliche Störung der Erhaltungsziele des Gebiets verursache. Seien nutzungsbedingte weitere Verschlechterungen nicht zu befürchten, sei das Ermessen des Beklagten, gegen die einstweilige Nutzung des rechtswidrig errichteten Radwegs einzuschreiten, grundsätzlich nicht auf null reduziert. Aus dem Unionsrecht folge jedoch die Verpflichtung der Behörden und der Gerichte, die rechtswidrigen Folgen eines Verstoßes gegen das europarechtlich geprägte Umweltrecht zu beheben, sodass besondere Umstände zu einer Pflicht zur Nutzungsuntersagung führen könnten. Eine solche dränge sich auf, wenn erforderliche Verfahrensschritte verschleppt würden und dem unionsrechtlichen Gebot der Fehlerbehebung Nachdruck zu verleihen sei.
Vorliegend drängt sich eine Nutzungsuntersagung auf, weil der Beklagte das nachträglich eingeleitete Planfeststellungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung für den bereits hergestellten streitgegenständlichen Radweg nicht ohne Verzug geführt hat. Darüber hinaus hat der Beklagte an der bisherigen Planung mit dem rechtswidrig bereits errichteten Radweg als Vorzugsvariante festgehalten, obwohl nach der Erstellung des (vorläufigen) Umweltverträglichkeitsberichts mit Stand vom 1. Juni 2018, in dem erstmals alternative Trassenvarianten für das streitgegenständliche Teilstück des Elsterradwegs geprüft worden sind, nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass sich die naturschutzrechtliche Unzulässigkeit des rechtswidrig hergestellten Radwegs durch eine Abweichungsentscheidung (Art. 6 Abs. 4 FFH-RL, § 34 Abs. 3 und 4 BNatSchG) überwinden lässt. Da eine rechtmäßige Planfeststellung dieser Variante nach Auffassung des Senats bereits jetzt ausgeschlossen werden kann, dient auch dieses Verhalten ausschließlich der Verschleppung des nachträglich eingeleiteten Planfeststellungsverfahrens. Da der Beklagte erkennbar nicht gewillt ist, Verfahrensschritte einzuleiten, um die Folgen seines rechtswidrigen Handelns zu beheben, sondern allein den Erhalt und die weitere Nutzung des rechtswidrig errichteten und nicht genehmigungsfähigen Radwegs bezweckt, verdichtet sich das behördliche Ermessen der Unteren Naturschutzbehörde vorliegend auch deshalb zu einer Pflicht, die seit mehr als fünf Jahren andauernde Nutzung des streitgegenständlichen Radwegs zu untersagen. Eine Nutzungsuntersagung verbleibt als einzige Möglichkeit, dem unionsrechtlichen Gebot der Fehlerbehebung Nachdruck zu verleihen. Das BVerwG hat in seinem Revisionsurteil darauf hingewiesen, dass für den Fall, dass sich im Ergebnis herausstellt, dass die gebaute Anlage so nicht genehmigungsfähig ist, diese notfalls verändert oder sogar beseitigt werden muss.
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