Europäischer Rechnungshof übt erneut scharfe Kritik an den GAP-Vorschlägen
Während Ministerrat und EU-Parlament, wie in der letzten Kolumne berichtet, weiter an weitgehend konditionslosen Direktzahlungen festhalten wollen und insbesondere von konservativen Abgeordneten im EP noch rückwärtsgewandtere Vorschläge kommen (siehe auch Beitrag zu „unfairen Handelspraktiken“), hat der Europäische Rechnungshof (EuRH) in Luxemburg erneut scharfe Kritik an der GAP geübt. Bereits im Dezember 2017 hatte der EuRH in einem Sonderbericht nachgewiesen, dass das mit der letzten Agrarreform eingeführte „Greening“ seine Ziele weitgehend verfehlt hat (WebcodeNuL4369 ). Schon bei der Diskussion dieses Berichts im Parlament deutete sich an, dass einige unserer Volksvertreter die Kritik völlig missachteten. Der CSU-Abgeordnete Albert Deß warf den Rechnungsprüfern sogar „Inkompetenz“ vor (WebcodeNuL4368 ).
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In seiner am 7. November vorgestellten Stellungnahme Nr. 8/2018 übt der Hof erneut massive Kritik, dieses Mal an den Vorschlägen der EU-Kommission zur Ausgestaltung der künftigen EU-Agrarpolitik nach 2020. Die EU-Kommission habe zwar, so die Prüfer, bei Vorlage ihrer Vorschläge betont, dass Umwelt- und Klimazielen in der künftigen GAP eine sehr hohe Priorität zukämen. Die dafür vorgesehenen Instrumente seien aber weder klar definiert noch in konkrete Vorgaben umgesetzt; viele der Vorschläge würden sich nur unwesentlich von der derzeitigen GAP unterscheiden. Zudem mahnen die Rechnungsprüfer – und damit „Hüter“ unserer Steuergelder – unzureichende Möglichkeiten zur Überprüfung der Reformergebnisse an. Dies müsse aber Maßstab für den immer noch größten Haushaltsposten der EU sein. Im Zentrum der Kritik dieser Stellungnahme stehen die flächenbasierten Direktzahlungen, die zum Beispiel in Deutschland derzeit fast 80 Prozent des Gesamtagrarbudgets ausmachen. Insgesamt werden aktuell jährlich knapp 60 Milliarden Euro an Steuergeldern für GAP-Subventionen ausgegeben, die hauptsächlich in die intensive Landwirtschaft und Massentierhaltung fließen. Dieses Landwirtschaftsmodell führt zu massiven Biodiversitätsverlusten, Wasser- und Luftverschmutzung, Bodenbelastung, Überdüngung und trägt zum Klimawandel bei.
Der Hof kritisiert, dass die Mitgliedstaaten unabhängig von den Effekten der Subventionen für Umwelt- und Klimaschutz weiterhin gezwungen werden, solche flächenbasierten Direktzahlungen auszuschütten. Die Prüfer weisen auch ausdrücklich darauf hin, dass inzwischen andere Konzepte vorlägen, mit denen die bestehenden Umwelt- und Klimaprobleme besser und effizienter gelöst werden können. Der NABU begrüßte den Bericht des EuRH und wies darauf hin, dass die Mehrheit im Parlament und im Agrarministerrat bislang weiterhin genau an diesem System festhalten möchte (WebcodeNuL4367 ). Die Berichterstatterin des Parlaments, Esther Herranz Garciá (EVP, Spanien), kündigte unlängst sogar an, 70 Prozent der Ersten Säule im Agrarhaushalt für Direktzahlungen festschreiben zu wollen. Die Kontrollbehörde bemängelt in ihrem Bericht zudem, dass ihr bis heute keine stichhaltige Datengrundlage vorliegt, die die Direktzahlungen als Einkommensunterstützung für Landwirte rechtfertigen würde. So sollen die Mitgliedstaaten auch künftig keinerlei Daten liefern müssen, wie die Einkommensverhältnisse der Landwirte tatsächlich aussehen – und das, obwohl der Großteil des EU-Agrarhaushalts weiter in die Pauschalzahlungen fließen wird. Zudem sei unklar, wie die Kommission erreichen will, dass die Mitgliedstaaten jene Instrumente wählen und finanzieren, die mehr Umweltverträglichkeit ermöglichen.
Die Pressemeldung des Europäischen Rechnungshofs sowie den vollständigen Bericht in englischer Sprache finden Sie unter dem WebcodeNuL4061 .
Autor
Claus Mayr arbeitet seit 1992 als Direktor für Europapolitik des NABU in Brüssel. Er koordiniert die europapolitische Arbeit des Naturschutzverbands als deutscher Partner von BirdLife International, hält Kontakt zur Europäischen Kommission, zu den deutschen Mitgliedern des Europaparlaments und den Vertretungen des Bundes und der Länder. Studium der Biologie, Anglistik und Pädagogik.
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