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Ist eine Bejagung möglich? Rechtlicher Schutz des Wolfes

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Der Wolf ist nach Berner Konvention und FFH-Richtlinie geschützt, sein Bestand ist in keinem guten Erhaltungszustand.
Der Wolf ist nach Berner Konvention und FFH-Richtlinie geschützt, sein Bestand ist in keinem guten Erhaltungszustand.paukereks/pixelio.de
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Der Wolf kehrt Jahrzehnte nach seiner Ausrottung in Deutschland zurück – und löst gemischte Gefühle in der Bevölkerung aus, insbesondere bei Landnutzern. Forderungen, den Abschuss von Wölfen zu erleichtern, sind aus rechtlicher Sicht jedoch enge Grenzen gesetzt.

Rechtslage in Europa Der Wolf ist in Europa durch das „Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume“ (Berner Konvention, BK) und in der EU durch die „Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen“ (FFH-RL) geschützt. Anhang II BK und Anhang IV FFH-RL stufen den Wolf als streng zu schützende Tierart ein. Art. 6 BK und Art. 12 FFH-RL verbieten jede absichtliche Form des Fangens oder Tötens sowie jede absichtliche Störung streng geschützter Arten, insbesondere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten. Ebenso ist die Beschädigung oder Vernichtung ihrer Fortpflanzungs- oder Ruhestätten verboten. Von diesem strengen Schutz können nur unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen zugelassen werden. Art. 9 der Berner Konvention nennt hierzu, dass – es keine andere befriedigende Lösung gibt,

– die Ausnahme dem Bestand der betreffenden Population nicht schadet und

– mindestens ein Rechtfertigungsgrund gem. Art. 9 (1) Spiegelstrich 1-5 BK vorliegt.

Diese Voraussetzungen müssen kumulativ, also gemeinsam vorliegen. Die FFH-Richtlinie – die auch der Umsetzung der Berner Konvention in EU-Recht dient – enthält eine entsprechende Ausnahmeregelung in Art. 16 Abs. 1. Bestehen zumutbare Alternativen, so ist eine Ausnahme von den Zugriffsverboten nicht möglich. Bei Arten mit ungünstigem Erhaltungszustand ist die Erteilung einer Ausnahme allenfalls bei Vorliegen von „außergewöhnlichen Umständen“ zulässig und nur, wenn hinreichend belegt ist, dass die Ausnahme den Erhaltungszustand der Population nicht weiter verschlechtert oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes nicht behindert (EuGH, Urt. v. 14.¿06.¿2007 – C-342/05, NuR 2007, 477, Rdnr. 29).

Rechtslage in Deutschland §§ 44 ff. BNatSchG setzt die europäischen Artenschutzvorschriften um. Diese Vorschriften enthalten Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote, Ausnahmeregelungen sowie Vorschriften über die Nachweispflicht und die Einziehung. Nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG ist es verboten, „wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören“. Dieses Fang-, Tötungs- und Verletzungsverbot gilt für jedes einzelne Individuum der vom Schutz umfassten Tierarten. Damit ist auch das Fangen oder der Abschuss von Wölfen in Deutschland verboten.

Von den Verboten des § 44 BNatSchG können die zuständigen Behörden nach § 45 Abs. 7 BNatSchG im Einzelfall Ausnahmen zulassen – in Umsetzung der Art. 9 BK und Art. 16 FFH-RL in nationales Recht. Ausnahmen können nur gewährt werden, wenn keine zumutbaren Alternativen vorliegen, sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert und einer der in § 45 Abs. 7 Satz 1 lit. a-e BNatSchG aufgeführten Ausnahmegründe vorliegt. Für den Wolf sind Ausnahmen zur „Abwendung erheblicher land-, forst-, fischerei-, wasser- oder sonstiger erheblicher wirtschaftlicher Schäden“ (lit. a) und im „Interesse der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit“ (lit. d) relevant.

Bei wirtschaftlichen Schäden kann erst das Vorliegen oder die Gefahr einer erheblichen Schädigung eine Ausnahme rechtfertigen, vereinzelte Schadensereignisse und geringe Schäden wie der Riss einzelner Weidetiere reichen hierfür nicht aus. Auch dürfen keine zumutbaren Alternativen bzw. schadensvorbeugende Maßnahmen möglich sein. Zum Schutz gegen Wölfe kommen z.B. das Einzäunen von Viehweiden und der Einsatz von Herdenschutzhunden in Betracht. Ebenso kann die Bestandsförderung von Beutetieren das „natürliche“ Nahrungsangebot für Großraubtiere vergrößern und damit den Schaden an Nutztieren verringern. Alternativ oder in Kombination mit einer Schadensvorbeugung kann ein entstandener Schaden auch mit (staatlichen) Entschädigungszahlungen oder durch eine entsprechende Versicherung ausgeglichen werden.

Wenn Wölfe lediglich in der Umgebung von Siedlungen vorkommen, ist das noch kein Ausnahmegrund. Ein erhöhtes Risiko besteht erst, wenn sich Wölfe aus einem Rudel regelmäßig in unmittelbarer Nähe von Siedlungen aufhalten. Zeigen sie zusätzlich dem Menschen gegenüber kaum Scheu oder ein aggressives Verhalten, könnte ein Gefährdungspotenzial vorliegen.

In Deutschland befinden sich die Wölfe nicht in einem günstigen Erhaltungszustand, weshalb Ausnahmen von den Zugriffsverboten des § 44 BNatSchG nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände infrage kommen. Als erstes Bundesland hat Brandenburg Ende 2017 hierzu eine Verordnung erlassen.

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