Qualitätssicherung bei der Ausschreibung und Vergabe landschaftsökologischer Leistungen
In einem Positionspapier hat der Berufsverband Landschaftsökologie Baden-Württemberg e.V. (BVDL) Empfehlungen an Auftraggeber zusammengefasst, wie die Qualität bei der Ausschreibung der Vergabe von Leistungen verbessert werden kann. Das Dokument wird nachfolgend mit Stand von Januar 2018 im Wortlaut veröffentlicht.
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Die Erhaltung und nachhaltige Entwicklung einer intakten Umwelt hat in den vergangenen Jahrzehnten einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert erreicht. Gleichzeitig sind die gesetzlichen und fachlichen Anforderungen für zugehörige Planungsleistungen stark angestiegen.
Der Berufsverband Landschaftsökologie Baden-Württemberg e.V. (BVDL) ist eine Interessensvertretung von Landschaftsökologinnen und Landschaftsökologen, seien sie freiberuflich tätig oder in Verwaltungen, Forschungseinrichtungen oder Planungsbüros angestellt. Im BVDL sind Mitglieder aus den Fachdisziplinen Agrarwissenschaft, Agrarbiologie, Biologie, Geographie, Geoökologie, Landschaftsarchitektur, Landschaftsplanung und Landespflege und somit die ganze Palette des ökologischen Sachverstands vertreten.
Primäres Ziel des BVDL ist die Qualitätssicherung von landschaftsökologischen Leistungen in der Naturschutz- und Landschaftsplanung. Dazu setzt sich der BVDL für eine bedarfsgerechte und sorgfältige Aufgabenbeschreibung, eine transparente Vergabe und die auskömmliche Honorierung der zu erbringenden Leistungen ein.
Komplexe Aufgaben
Landschaftsökologische Aufgaben sind komplex und hängen von vielfältigen, oft wechselhaften natürlichen Verhältnissen ab, weshalb sie in der Regel vorab nicht eindeutig und erschöpfend beschreibbar sind. Die Folge ist, dass die VOL (mit standardisierter Leistungsbeschreibung) nicht anzuwenden ist.
Vielmehr muss die Vergabe bei Aufträgen oberhalb des EU-Schwellenwerts (seit 01.01.2018: 221 000 €) auf der Grundlage der Vergabeverordnung (VgV) erfolgen. Bei geringeren Auftragsvolumina ist ein Leistungswettbewerb mit mehreren, fachlich geeigneten Bietern zu empfehlen. Bei Auftragswerten unter 20 000 € ist nach der Verwaltungsvorschrift der Landesregierung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (VwV Beschaffung Baden-Württemberg) eine freihändige Vergabe an qualifizierte Büros möglich und zu empfehlen.
Der BVDL begrüßt ausdrücklich den Leistungswettbewerb, bei dem qualitative Aspekte im Vordergrund stehen. Je spezieller und komplexer die zu erbringende Leistung ausfällt, desto geringer sollte der Preis und umso höher die Qualität der Leistungserbringung als Zuschlagskriterium gewichtet werden. Zudem ist nicht das am niedrigsten bepreiste Angebot zu bevorzugen, sondern das wirtschaftlich günstigste. Der BVDL empfiehlt, bei der Gewichtung des Preises das Modell des „optimalen Preises“ anzuwenden (siehe www.ghv-guetestelle.de unter Schriftenreihe).
Grundsätze zur Vergabe
- Vergabegrundsatz 1: Für die Vergabe von landschaftsökologischen Aufträgen oberhalb des EU-Schwellenwertes ist die VgV einschlägig. Bei geringeren Auftragsvolumina sollten sich die Vergabeverfahren an die Verfahren nach VgV anlehnen, wie dies z.B. bei der Vergabe von Managementplänen für Natura-2000-Gebiete durch die Naturschutz-Fachreferate der vier Regierungspräsidien Baden-Württembergs seit mehreren Jahren erfolgreich praktiziert wird.
- Vergabegrundsatz 2: Je spezieller die zu erbringenden Aufgaben sind (z.B. Untersuchungen von schwierig zu bestimmenden Artengruppen), desto stärker sollte eine Auswahl nach fachlicher Eignung der ausführenden Personen erfolgen.
- Vergabegrundsatz 3: Ist dem Auftraggeber aufgrund der fachlichen Anforderungen eine sachgerechte Aufgabenbeschreibung selbst nicht möglich, sollte ein Fachexperte mit einer vorausgehenden Bedarfsplanung betraut werden. In einer solchen Bedarfsplanung werden die Projektziele definiert und alle Parameter für das nachfolgende Vergabeverfahren qualitativ und quantitativ beschrieben.
- Vergabegrundsatz 4: Bei kleinen Auftragswerten (unter 20 000 €) sollte freihändig vergeben werden, durch Verhandlung mit nur drei Auftragnehmern. Dies reduziert den Aufwand für Auftraggeber und Angebotsersteller.
- Vergabegrundsatz 5: Bei der Vergabe von landschaftsökologischen Leistungen sind fachliche Kriterien entscheidend. Die Formulierung und Gewichtung von Eignungs- und Zuschlagskriterien sollte deshalb überwiegend durch die Fachabteilungen erfolgen.
- Vergabegrundsatz 6: Eignungs- und Zuschlagskriterien sollten den Bewerbern schon bei der Angebotsaufforderung mitgeteilt werden. Dies dient der Transparenz. Darüber hinaus sollte allen Bietern nach der Vergabeentscheidung der Name des erfolgreichen Bieters, der Vergabepreis sowie die Gründe für die Nichtberücksichtigung des eigenen Angebots mitgeteilt werden (wie bei VgV-Verfahren zwingend).
- Vergabegrundsatz 7: Bei allen Vergabeverfahren ist auf auskömmliche Preise zu achten. Nur auskömmlich kalkulierte Angebote können eine hohe Qualität sicherstellen. Deshalb sollten Bieter im Verfahren aufgefordert werden, ihre Kalkulation zu begründen. Damit kann der Auftraggeber erkennen, ob sich der Bieter sorgfältig auf die Projektaufgabe eingestellt hat. Bereits bei der Ermittlung des Auftragswerts sind auskömmliche Stundensätze zugrunde zu legen (vgl. gemeinsames „Merkblatt – Stundensätze für die Honorierung freiberuflicher Leistungen vom 1. Januar 2017“ der Ministerien, Kammern und kommunalen Spitzenverbände Baden-Württembergs).
Was noch wichtig ist
Fallen die zu erbringenden Leistungen in den Geltungsbereich der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), ist diese als zwingendes Preisrecht zu beachten. Bei der Honoraranfrage sollten Grundleistungen und Besondere Leistungen klar getrennt werden.
Der BVDL empfiehlt Auftraggebern, das Beratungsangebot der Gütestelle für Honorar- und Vergaberecht e.V. (GHV) zu nutzen. Sie ist ein als gemeinnützig anerkannter Verein, der gemeinsam von Auftraggebern (z.B. verschiedene Ministerien in Baden-Württemberg), Kammern (z.B. Ingenieurkammer BW), Berufsverbänden (z.B. BVDL) und Auftragnehmern getragen und laut Satzung zur Neutralität verpflichtet ist. Anfragen werden von erfahrenen Kennern des Vergaberechts sofort beantwortet.
Auftragnehmern empfiehlt der BVDL, bei Unklarheiten in der Aufgabenbeschreibung Kontakt mit der ausschreibenden Stelle aufzunehmen. Bei vermuteten vergaberechtlichen Unstimmigkeiten sollte auf das Beratungsangebot der GHV zurückgegriffen werden. Erkennen Bieter, dass der Auftraggeber bezüglich Vergabefragen unsicher ist, kann er diesen auf die Möglichkeit einer Unterstützung durch die GHV hinweisen.
Kontakt
BVDL-Geschäftsstelle , c/o Dipl.-Biol. Markus Mayer, Schallstadt
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