Aktionsplan ohne Aussage zur GAP
Am 27. April 2017 hat die EU-Kommission als Follow-Up zum Fitness Check der Naturschutzrichtlinien ihren zwischen allen Kommissaren abgestimmten Aktionsplan veröffentlicht. Zuvor hatten zahlreiche Interessenvertreter Stellung genommen – so hat der Naturschutzdachverband BirdLife Europe konkrete Vorschläge für eine bessere Umsetzung der FFH- und Vogelschutzrichtlinie eingebracht.
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Nur 15 Maßnahmen
Der bisher nur auf Englisch vorliegende Aktionsplan spielt im Titel auf die „Natur", die „Menschen" und die „Wirtschaft" an. Er ist auf den ersten Blick mit 15 Maßnahmen sehr kurz gefasst, zieht aber naturgemäß zahlreiche weitere Schritte nach sich. Begleitet wird das Dokument von „Factsheets" mit weiteren Details für die einzelnen Maßnahmen.
Das offiziell den Fitness Check beendende Arbeitsdokument der Kommission hebt als Ursache dafür, dass die Naturschutzrichtlinien ihre Ziele nicht erreicht haben, die unzureichende Finanzierung für Naturschutzmaßnahmen sowie die mangelnde Kohärenz der EU-Landwirtschaftspolitik hervor. Vor diesem Hintergrund mutet der Aktionsplan eher dünn an. Denn in diesen Bereichen vermag er es wohl nicht, neue Finanzierungsquellen aufzutun oder eine bessere Integration der Biodiversitätsziele in die Landwirtschaftspolitik sicherzustellen.
Es ist nachvollziehbar, dass der Aktionsplan nicht die künftige Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) oder den künftigen Mehrjährigen Finanzrahmen der EU (MFR) vorwegnehmen kann. Dennoch wären Initiativen wie ein Transeuropäisches Netz Grüner Infrastruktur (TEN-G) analog zu bestehenden Verkehrs- oder Energienetzen (TEN-T/TEN-E) vorstellbar gewesen, um zusätzliche Finanzmittel zu mobilisieren und Lücken im Schutzgebietsnetz Natura 2000 zu schließen.
Der Aktionsplan belässt es dabei, bessere Leitfäden oder Hilfestellung vermitteln zu wollen (Maßnahme 12); ob dies zu einer nennenswerten Steigerung von zusätzlichen Trittsteinbiotopen führt, ist eher zweifelhaft. Ähnliches gilt für die Synergien zur Landwirtschaftspolitik, die lediglich „gefördert" werden sollen (Maßnahme 9).
Gleichwohl enthält der Aktionsplan eine Reihe von sinnvollen Maßnahmen: beispielsweise den Auftrag an die EU-Kommission, Leitfäden über Genehmigungsverfahren und zum Artenschutz zu entwickeln bzw. aktualisieren (Maßnahme 1). Bedenkt man, dass möglichst konkrete Vorgaben, beispielsweise für die FFH-Verträglichkeitsprüfung, für ein einheitliches Vorgehen der Mitgliedstaaten sinnvoll sind, verdient diese Maßnahme volle Unterstützung und dürfte auch Genehmigungsbehörden und Vorhabenträgern die erwünschte Rechtssicherheit bringen.
Verhaltener Applaus
Insofern ist aus Naturschutzsicht ein verhaltener Applaus angezeigt. Nach intensiven Auseinandersetzungen im Rahmen des Fitness Checks ist es nicht nur gelungen, die FFH- und Vogelschutzrichtlinie zu erhalten, sondern zusätzlich kurzfristige Maßnahmen festzuschreiben. Werden diese nun gemeinsam von allen Akteuren umgesetzt, kann der Schutz der Biodiversität einen Schritt nach vorne machen.
Um eine Trendwende beim Biodiversitätsverlust gerade in der Agrarlandschaft einzuleiten, führt kein Weg daran vorbei, die anderen Politikbereiche der EU ebenfalls nachhaltig zu gestalten – insbesondere die GAP und den MFR. Zwar blockieren derzeit nicht zuletzt die Brexit-Verhandlungen eine wirkliche Auseinandersetzung mit beiden Politiken. Auch verweigert sich die EU-Kommission bisher einem gründlichen Fitness Check der GAP. Aber immerhin hat EU-Landwirtschaftskommissar Phil Hogan kürzlich eine öffentliche Konsultation zur Zukunft der GAP durchgeführt, die auf reges Interesse bei der Zivilgesellschaft stieß.
GAP-Konsultation abgeschlossen
Die von Februar bis zum 02. Mai 2017 laufende Konsultation über die Modernisierung und Vereinfachung der gemeinsamen Agrarpolitik weist mit einer Teilnehmerzahl von 320 000 EU-Bürger(inne)n und Organisationen die zweitgrößte Beteiligung vor, die jemals bei einer solchen Konsultation erreicht wurde. Vor allem die Öffentlichkeitsarbeit der Umweltverbände über die Initiative LivingLand hat Aufmerksamkeit geweckt. Damit verbunden ist die Forderung der Umweltverbände, mehr Nachhaltigkeit und eine verbesserte Kohärenz mit anderen Politikbereichen in der EU-Agrarpolitik sicherzustellen.
Eine Analyse der Teilnehmerzahlen zeigt, dass über die LivingLand-Initiative fast 260 000 Einzelpersonen das Anliegen nach einer grundsätzlichen Reform der GAP unterstützen. Dagegen war die Beteiligung von aktiven Landwirten mit lediglich 7 % der eingereichten Fragebögen eher gering.
Erste Bilanz
Bereits kurz nach Ende der Konsultation wurden am 11. Mai 2017 die zahlreichen Vorstellungen für mehr Nachhaltigkeit und eine Reform der GAP mit dem EU-Agrarkommissar Phil Hogan und vielen anderen Akteuren auf einer von BirdLife Europe und dem European Environmental Bureau (EEB) organisierten Konferenz in Brüssel diskutiert. Hier kündigte Kommissar Hogan auch an, die Ergebnisse der Konsultation und die Zukunft der GAP am 07. Juli 2017 in Brüssel mit der Öffentlichkeit weiter beraten zu wollen.
Noch vor Ende des Jahres sollen dann die ersten Vorschläge für die zukünftige Architektur der GAP in einer Kommissions-Mitteilung veröffentlicht werden. Abzuwarten bleibt also, ob es der EU-Kommission künftig gelingt, den Naturschutz in der Agrarlandschaft besser finanziell auszustatten oder ob das naturschutzfachlich größtenteils unwirksame „Greening" weiter Bestand hat.
Link zum Aktionsplan mit Factsheets:
https://tinyurl.com/fitness-check-actionplan
erste Zusammenfassung der EU-Kommission nach Ende der GAP-Konsultation:
Kontakt
Angelika Lischka, NABU, Referentin für EU-Landwirtschaftspolitik, Berlin
Dr. Raphael Weyland, NABU, Referent für EU-Naturschutzpolitik, Brüssel
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