Seennetzwerk plädiert für Gewässerrandstreifen und Hoftorbilanz
Radolfzell (GNF). Das Netzwerk Lebendige Seen Deutschland, ein Zusammenschluss von Organisationen zum Schutz von 150 Seen und Feuchtgebieten in Deutschland, hat die EU-Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Untätigkeit in der Düngemittelverordnung begrüßt. Seit Jahren werde eine verschärfte Düngeverordnung verschleppt, seit Jahrzehnten die EU-Nitratrichtlinie missachtet. Trotz eines mehrjährigen EU-Vertragsverletzungsverfahrens bleibe die Bundesregierung zum Schutz von Mensch, Umwelt und Gewässern inaktiv. Die kaum regulierte flächendeckende Entsorgung von Hinterlassenschaften aus der Tierproduktion müsse beendet werden.
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Seen und Feuchtgebiete leiden bundesweit unter den hohen Stickstoffeinträgen von landwirtschaftlichen Nutzflächen, schreibt das Netzwerk in einer Pressemitteilung. Eutrophierung, Algen- und Blaualgenwachstum, im Extremfall das „Umkippen“ eines Gewässers, seien nach wie vor an der Tagesordnung. „Das hat mit bäuerlicher Landwirtschaft nichts zu tun“, betont Dr. Thomas Schaefer, Koordinator des Netzwerkes. „Die Entkoppelung von Produktionsfläche für Tiernahrung und der Tierproduktion selbst erzeugt bei der Haltung von Rindern, Schweinen und Hühnern jährlich einen Überschuss von Millionen Tonnen an Stickstoffverbindungen. Deren Entsorgung auf Wiesen, Weiden und Äckern wird als völlig normal angesehen.“ In die Böden gelangten auf diese Weise viel mehr Nährstoffe, als je durch Pflanzenproduktion oder Umsetzungsprozesse im Boden verarbeitet werden könnten. Auswaschung in das Grundwasser, in Bäche, Flüsse, Seen und Feuchtgebiete seien die logische Folge.
Für einen guten ökologischen Zustand in Seen und Feuchtgebieten in Deutschland sei die Verminderung des Stickstoffeintrages unverzichtbar. Durch die Tierproduktion verursachte Einträge seien danach direkt verantwortlich dafür, dass Seen im Sommer für den Badebetrieb geschlossen werden und dem Bürger hohe Kosten bei der Trinkwasseraufbereitung entstehen. Hinsichtlich der Ammoniakbelastung der Luft sei die Landwirtschaft für 95 % der Emissionen verantwortlich und damit sogar für gesundheitliche Schäden durch Feinstaub. „Deutschland wird zum Exportweltmeister auch bei Fleisch – das darf nicht auf Kosten von Mensch, Natur und Umwelt gehen“, kommentierte Michael Bender, Leiter der Bundeskontaktstelle Wasser der GRÜNEN LIGA. Als wichtige wirksame Maßnahme benennt das Netzwerk Lebendige Seen die verbindliche Hoftorbilanz für alle Agrarbetriebe. Mit einer solchen Bilanz würden die Stoffströme transparent und die Bewertung der Nährstoffsituation und -effizienz werde möglich. Dringend erforderlich seien außerdem ausreichende Pufferzonen und Schutzstreifen entlang von Gewässern und Extensivierungsflächen in besonders belasteten Gebieten. Die zügige Einarbeitung von Wirtschaftsdünger sei außerdem als Bestandteil der guten fachlichen Praxis erforderlich, um Auswaschungen zu vermeiden.
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