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Software

Orthoptera – Heuschrecken erkennen ­leichtgemacht?

Der Markt für Bestimmungs-Apps für Flora und Fauna ist im professionellen Bereich noch recht überschaubar. Aber es finden sich, neben wirklich ärgerlichen Produkten, doch schon auch einige Perlen. Wo ist die App Orthoptera anzusiedeln?

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119 Heuschreckenarten der Schweiz und Deutschlands sollen mithilfe dieser App für alle Anwender bestimmbar werden. Kein leichtes Unterfangen und vorab: Dem Laien gelingt das damit sicher nicht sofort in jedem Fall, denn Heuschrecken gehören bekanntlich zu den sehr variablen Insekten. Langfühler- und Kurzfühlerschrecken – ja, das sollte wirklich jedem möglich sein. Die multivariate Bestimmungshilfe verzeiht aber auch Unsicherheiten, indem etwaige Merkmale einfach ausgelassen werden können. Die Variabilität der Insekten wurde in den zwölf frei anwählbaren Bestimmungskategorien ebenfalls sehr gut berücksichtigt und steht einer erfolgreichen Ansprache technisch nicht im Weg. Das gilt sogar für absolute Härtefälle wie Chrysochroan dispar (Große Goldschrecke), bei der Männchen und Weibchen derart verschiedener Gestalt sind, dass sie immer wieder als zwei verschiedene Arten angesprochen werden.

Die Autoren Rutschmann und Roesti sind nicht nur bekannt als absolute Heuschreckenexperten. Als begnadete Fotografen und begeisterte Sammler von Bio­akustik haben sie auch in diesen Metiers durch Veröffentlichung auf sich aufmerksam gemacht. Das doch recht stumpf klingende Wort „App“ wird dementsprechend keinesfalls dem gerecht, was derartige Konstellationen hervorbringen können: Orthoptera ist ein visuelles und akustisches Meisterwerk. Viele Fotos würden in jedes Finale zum „Naturfoto des Jahres“ vorstoßen. Gezeigt werden aber nicht nur unzählige Fotos beider Geschlechter aller Arten in beneidenswerter Nahaufnahmequalität, sondern auch Bilder der jeweils typischen Lebensräume und sogar Detailzeichnung. Zu den über 3400 Bildern (!) gesellen sich knapp 300 Tonaufnahmen in ebenfalls einwandfreier Qualität. Jeder Art sind zusätzlich Verbreitungskarten von Deutschland, der Schweiz und Europa anheimgestellt. Auch der Schrifttext lässt inhaltlich keine Wünsche offen: Verbale Detailbeschreibung, ähnliche Arten und Unterscheidungsmerkmale, Lebensräume, Verhalten, ja sogar Gefährdungsursachen werden detailliert vorgestellt. Sicher, wer lange genug sucht, findet auch bei Orthoptera Verbesserungspotenzial. So haben es die Autoren verpasst, die wesentlichen Bestimmungsmerkmale durch Fettschrift hervorzuheben, was bei ähnlichen Produkten Usus ist und per Update verbessert werden sollte. Auch die Bestimmung einer Art anhand einer Larve ist nicht mit jedem Merkmal möglich (Flügellänge), worauf nicht genügend verwiesen wird und Anfänger in ärgerliche Sackgassen lotsen kann.

Das ist aber Nörgelei auf allerhöchstem Niveau. Orthoptera gelingt es, den Anwender zu begeistern und Fachwissen didaktisch, visuell und akustisch hervorragend zu vermitteln. Explizit auch Experten werden mit Detailinfos angesprochen und so steht am Ende ein Produkt, das diese wichtigen Indikatorspezies zugänglich für wirklich jedermann macht. Dem Naturschutz ist mit dieser Anwendung eine echte Hilfe geschenkt worden. Dies schon deshalb, weil Orthoptera als Vorbild für weitere Spezialanwendungen fungieren kann und auch sollte. Wer von all den Heuschrecken dann noch nicht genug hat, dem sei auch die zugehörige und ebenfalls vorbildliche Webseite http://www.orthoptera.ch empfohlen.

Aktuell hat die App etwa 900 Downloads zu verzeichnen. Die etwa 600 MB starke Anwendung läuft praktisch auf allen iOS- und Android-Versionen tadellos und kostet 11,50 €. Sie wurde von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften initiiert und durch den Schweizer Nationalfonds sowie die Stiftung Mercator ermöglicht. Ein Engagement das sich gelohnt hat: Orthoptera ist eine echte Perle.Nicolas Schoof, Freiburg

Orthoptera. Von Christian Roesti und Florin Rutschmann. App für Android (2.3 und höher) und iPhone/iPad (iOS 8, 7, 6). Andreas Garzotto GmbH, CH-Winterthur. 11,50 €. Bezug: http://www.orthoptera.ch

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