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Bericht aus Brüssel

„Fitness Check“: Der Druck auf die EU-Kommission steigt weiter

Sowohl das Europäische Parlament (EP) als auch der EU-Umweltministerrat haben – wie im letzten „Bericht aus Brüssel“ dargestellt – ihren Druck auf die EU-Kommission erhöht, endlich ihre Vorschläge als Konsequenzen aus dem immerhin seit März 2016 vorliegenden Abschlussbericht der externen Gutachter zum „Fitness Check“ der Naturschutzrichtlinien vorzulegen. Sowohl der oberste Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, als auch EU-Umweltkommissar Karmenu Vella sagten dies für „den Herbst“ zu.

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Nach der Sommerpause antwortete Vella im Namen der Kommission am 29. August endlich auch auf die parlamentarische Anfrage des Berichterstatters Mark Demesmaeker und seiner Co-Berichterstatter vom 15. Juni. Danach, so Vella, sei die „Eignungsprüfung“ der Richtlinien noch nicht abgeschlossen, sie befinde sich „zurzeit in der Abschlussphase; die internen Verfahren sind noch nicht beendet“. Die Kommis­sion plane, „die Angelegenheit im Herbst 2016 wieder aufzugreifen und das Ergebnis der Eignungsprüfung zusammen mit Hinweisen für etwaige Folgemaßnahmen vorzulegen“.

Blockiert das Kabinett?

Immerhin betont Vella im Eingangsstatement der Kommission, dass Vogelschutz- und FFH-Richtlinie „einen Rahmen für den Erhalt des gemeinsamen natürlichen Erbes“ schaffen und „die Grundlage der europä­ischen Naturschutzpolitik“ bilden. Zudem versichert er den Abgeordneten, dass die Kommission bis zum Abschluss des Fitness-Checks“ „weiterhin darauf hin (wirke), dass die geltenden Vorschriften EU-weit umgesetzt und angewandt werden“.

Obwohl der „Fitness Check“ seit Veröffentlichung des Mandates im Februar 2014 inzwischen also schon zweieinhalb Jahre dauert und damit der längste, aufwendigste und kostenintensivste „Fitness Check“ im Rahmen des REFIT-Programms sein dürfte, blockiert nach Insiderangaben immer noch das Kabinett Juncker die Veröffentlichung der Kommissionsempfehlungen.

Nicht nur das EP, sondern auch die slowakische EU-Ratspräsidentschaft plant daher weiteren Druck auf die Kommission. Die Ratspräsidentschaft will Ende Oktober eine Konferenz zum Thema durchführen und damit die Kommission zwingen, dass dann zumindest Vorschläge auf dem Tisch liegen, die bis zum EU-Umweltministerrat am 19. Dezember diskutiert und dort gegebenenfalls beschlossen werden können. Das Europäische Umweltbüro (EEB), BirdLife Europe, Friends of the Earth Europe (FoEE) und WWF Brüssel ­haben bereits auf einer Veranstaltung am 14. September in Brüssel, “Actions for Nature”, ein entsprechendes Forderungspapier vorgelegt.

Naturschutzfonds gefordert

Auf dem 33. Deutschen Naturschutztag (DNT) in Magdeburg wurde am 15. September ein noch ausführlicherer Forderungskatalog von BBN, NABU, BUND, DNR und WWF Deutschland vorgestellt. In ihrem Papier stellen die Verbände detaillierte Forderungen an EU, Bund und Länder zur vollständigen Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien. Einer der Schwerpunkte ist die bessere Finanzierung der Umsetzung, die sich im Rahmen des „Fitness-Checks“ als eine der größten Hemmnisse herausgestellt hatte. Hier schlagen die Verbände die Schaffung eines ­eigenen EU-Naturschutzfonds vor, mit dem Schutz- und Pflegemaßnahmen in den EU-weit über 27000 Natura-2000-Gebieten, Artenhilfsprogramme und weitere Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen finanziert werden könnten.

Die Verbände sehen eine Neuausrichtung der EU-Finanzierung für den Naturschutz als notwendig an, weil der bislang verfolgte integrierte Ansatz der EU-Naturschutzförderung, bei dem die Mitgliedstaaten aus verschiedenen EU-Fonds die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen sollen, gescheitert sei. Die Verbände verweisen auf Schätzungen der EU-Kommission, wonach in der Förderperiode 2007 bis 2013 lediglich 20 % der Natura-2000-Kosten, die auf 6 bis 10 Mrd. Euro geschätzt werden, mit EU-Mitteln aus den Bereichen Landwirtschaft, Regionalförderung oder Fischerei gedeckt wurden.

12 bis 15 Mrd. Euro

Rechtzeitig zu Beginn der Debatte über den nächsten sogenannten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU für die Jahre 2021-2027 fordern die Verbände daher, neue Wege zu gehen und verbindliche Mittel für den Naturschutz festzuschreiben. Nach Auffassung der Organisationen müssen daher, um die von den EU-Staats- und Regierungschefs bereits im März 2010 beschlossenen ambitionierten Biodiversitätsziele zu erreichen, jährlich mindestens 12 bis 15 Mrd. Euro für den Naturschutz bereitgestellt werden. Dies entspricht im Umfang etwa den Zahlungen im Rahmen des sogenannten „Greenings“ aus der ersten Säule der EU-Agrarpolitik (GAP).

Dieses „Greening“ war für die aktuelle Förderperiode der GAP bis 2020 eingeführt worden. Dabei sollen bestimmte Methoden der Landbewirtschaftung gezielt gefördert werden, die dem Klima-, Umwelt- und Naturschutz dienen. Nach Auffassung der Verbände blieben diese Maßnahmen, die immerhin etwa ein Drittel der Mittel aus der ersten Säule der GAP beanspruchen, aber aus Sicht des Natur- und Umweltschutzes weitgehend wirkungslos. Mit dem jetzt vorgeschlagenen System, so hoffen die Verbände, könnten die Naturschutzleistungen von Landwirten, die Naturschutzmaßnahmen umsetzen, gezielter und besser honoriert werden.

Links:

Antwort der EU-Kommission vom 29. August auf die Anfrage von Mark Demesmaeker und seinen „shadows“ vom 15. Juni 2016 (deutsche Version):

http://www.europarl.europa.eu/sides/getAllAnswers.do?reference= P-2016-004871&language=DE

Link zum Forderungspapier der deutschen Naturschutzverbände vom 15. September:

http://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/europa/160914-verbaende-forderung-eu-naturschutzrichtlinien.pdf

Link zum Brüsseler Verbändepapier „The Law of Nature – What the EU should do to better protect nature in Europe” vom 14. September:

https://partnership.birdlife.org/pages/viewpage.action?pageId=46602232&preview=/46602232/46602231/Biodiversity%20joint%20policy%20asks %20-%20FINAL_Optimized.pdf.

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