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Editorial

Starkregen mahnen: „Grüne Infrastruktur“ jetzt endlich umsetzen

Wieder und wieder haben in den letzten Wochen Starkregen die Menschen in Deutschland beschäftigt. Allein in den zwei Wochen seit 26. Mai hat der Deutsche Wetterdienst insgesamt 3.000 Unwetter-Warnungen herausgegeben – so viel wie noch nie in so kurzer Zeit der letzten 15 Jahre, seit der DWD Warnungen für einzelne Landkreise veröffentlicht. Am 19. Juni bilanzierte er Niederschlagssummen für die letzten 30 Tage in Baden-Württemberg und Bayern von gebietsweise >300 mm.

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Alles eine Folge des Klimawandels? Kann sein, muss es aber nicht. „Das Unwetter und der Klimawandel-Bluff“ titelte der Spiegel am 08. Juni und nahm den in Medien und auch von verschiedenen Wissenschaftlern angenommenen Zusammenhang auseinander. Ein Trend zu mehr Tagen mit Starkregen von >30mm sei klimatologisch nicht nachgewiesen, lediglich „Hinweise auf ein vermehrtes Auftreten (...) in den letzten 15 Jahren“, wird der DWD zitiert. Dieser Zeitraum sei aber den kurzfristigen Schwankungen zuzuordnen.

Starkregen-Strategie

Eine „nationale Starkregen-Strategie“ hat Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf als Antwort gefordert. Darin sollten Fragen der Verbesserung der Vorhersage- und Frühwarnsysteme, der Risikobewertung und kommunikation sowie Aspekte der vorsorgenden Raum- und Flächennutzung behandelt werden. Letzteres betrifft fundamental die Arbeit von Landschaftsplanung und Naturschutz: Wie viel Wasser können Vegetationsoberflächen und Böden auf­fangen, zwischenspeichern und verzögert an Oberflächengewässer und Grundwasserspeicher abgeben? Wo wird mit dem fließenden Wasser massiv Boden erodiert, weil dessen Nutzung den Abtrag unverantwortlich fördert? Sind die Auen in der Lage, Hochwässer in dem nötigen Volumen aufzunehmen und ohne Gefahr für Mensch und Sachgüter abzuführen?

Fragen wie diese sind viel schwieriger und langwieriger lösbar als die hydraulische Anpassung von Rohrdurchlässen und Gewässerprofilen. Sie berühren grundlegende Fragen der Landschaftsgestaltung: weniger Bodenversiegelung, mehr Gewässerrenaturierung, veränderte Landnutzungen und Förderpolitik. In diesem Kanon steht der Schutz vor Hochwasser in einem großen Chor grundlegender Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Landnutzungen. So gesehen müsste eine nationale Starkregen-Strategie, soll sie mehr als einen Tropfen auf den heißen Stein bewirken, an ganz großen Rädern drehen. Die Zeit ist reif dafür!

Grüne Infrastruktur

Das vorliegende Heft befasst sich direkt mit diesen Fragen nicht. Indirekt aber schon ein wenig: Um Offenlandflächen, die „eh da“ sind, aber keiner gezielten Nutzung unterliegen, geht es im ersten Hauptbeitrag. Immerhin auf 4,4 % der durch Landwirtschaft, Siedlung und Verkehr genutzten Fläche Deutschlands schätzen die Ver­fas­ser(innen) das Flächenpotenzial. Straßenböschungen, Bahndämme, Weg­ränder, gemeindeeigene Grünflächen haben nicht allein eine Funktion für die biologische Vielfalt, sondern in vielen Fällen tragen sie auch etwas zum Wasserrückhalt bei.

Gleiches gilt für städtische Grünflächen und für Moore, die unter anderen Aspekten in den beiden weiteren Beiträgen behandelt werden. Im ersten Fall geht es methodisch um die Frage, wie sich die Ökosystemleistung „Erholung in Städten“ anhand eines Indikators zur Erreichbarkeit öffentlicher Grünflächen bewerten lässt.

Sowohl die „Eh da“-Flächen als auch städtische Grünflächen sind Teil einer „grünen Infrastruktur“, welche die Europäische Kommission im Mai 2013 in einer Strategie beschrieb [ausführlich dargestellt in Naturschutz und Land­schaftsplanung 47 (8/9), 2015, 241-245). Zwei Jahre sind seither ins Land gegangen, ohne dass grundlegende Schritte zur Umsetzung erfolgten. Die Wetterkapriolen sollten Anlass sein, die Debatte anzuheizen!

Zankapfel Fitness Check

Apropos Brüssel: Unsere Kolumne in diesem Monat wirft ein Licht auf die Europäische Kommission, welches massives Lobbying vermuten lässt. Die Ausrede von Junckers Kommissionssprecher für Umweltfragen, Enrico Brivio, gegenüber ENDS Europe Daily am 09. Juni, man habe wegen des Engagements in der Flüchtlingskrise keine Zeit gefunden, die Ergebnisse des „Fitness Checks“ von FFH- und Vogelschutzrichtlinie zu veröffentlichen, ist völlig inakzeptabel: Alle Papiere liegen lange vor und hätten nur binnen weniger Minuten in der Runde der Kommissare politisch entschieden werden müssen. Für die Anerkennung des „Allgäuer Sennalpkäses“ als Produkt mit geschützter Urprungsbezeichnung war hingegen Zeit. Und was könnten denn Umweltkommissar Vella und seine Generaldirektion Umwelt zur Lösung der Flüchtlingskrise beitragen?

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