Gras und Blüten von nebenan
Halle(Saale)/Tübingen (UFZ). Aus regionalem Saatgut gezogene Wiesenpflanzen sind ortsfremden Artgenossen überlegen. Damit haben Ökologen vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Halle gemeinsam mit Kollegen der Universitäten Tübingen und Münster sowie der Technischen Universität München die Bedeutung von Regio-Saatgt betätigt. Sie veröffentlichten zwei Studien im Journal of Applied Ecology.
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Dr. Walter Durka vom UFZ erläuterte in einer Pressemitteilung, dass zur Ansaat artenreichen Grünlands im Handel erhältliche Saatgutmischungen zwar durchaus von heimischen Pflanzenarten stammten, aber theoretisch überall auf der Welt gewonnen worden sein könnten. Allein in den Jahren 2007 und 2008 habe Deutschland 13000t Gras- und 280t Kräuter-Samen importiert. „Im Ausland lässt sich dieses Saatgut zwar oft günstiger gewinnen als in Deutschland“, erklärte er, „dafür sind die Pflanzen dann aber vielleicht an die Bedingungen in Neuseeland angepasst und nicht an die in Bayern oder Brandenburg“.
Gemeinsam mit Kollegen der TU München sowie der Universitäten in Tübingen und Münster haben die UFZ-Forscher sieben häufige Wiesenpflanzen untersucht, die aus acht der 22 für Deutschland definierten Herkunftsgebiete stammten. „Bei allen Arten haben wir genetische Unterschiede zwischen den Regionen gefunden“, resümierte Durka. Wie groß diese sind, hänge allerdings von der Biologie der jeweiligen Pflanze ab.
Gräser, die vom Wind bestäubt werden und sich nicht selbst befruchten können, tauschten ihre Erbinformationen über relativ große Entfernungen aus. Daher hätten die Forscher beim weit verbreiteten Glatthafer die geringsten genetischen Unterschiede zwischen den Regionen gefunden. Ein ganz anderes Bild bot sich dagegen bei der Kuckucks-Lichtnelke. Diese Art lasse ihre Pollen von Insekten verteilen – mitunter sogar zwischen Blüten der gleichen Pflanze. Zudem sei sie deutlich seltener als der Glatthafer. „Das alles führt zu einem geringen Genfluss und damit zu großen genetischen Unterschieden zwischen den Populationen“, erklärte Walter Durka.
Für die These, dass sich im Klimawandel Pflanzen aus dem Süden womöglich besser behaupten als solche aus der Region, haben die Forscher keine Indizien gefunden: Obwohl die Temperaturen in den Versuchsgärten im Jahr 2013 um 1,5 bis 2° über dem langjährigen Mittel lagen, hatten die Gewächse aus wärmeren Regionen keinen Vorteil.
Doch nicht nur die Pflanze selbst profitiert von ihrer regionalen Anpassung. Die Forscher haben nämlich festgestellt, dass die einzelnen Varianten auch zu unterschiedlichen Zeiten blühen. Bei Wiesen-Flockenblumen verschiedener Herkunft lagen bis zu 17 Tage zwischen den Blühterminen, beim Weißen Labkraut sogar bis zu 23 Tage – für Blütenbestäuber möglicherweise ein lebensentscheidender Unterschied.
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