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Arten sind ein Problem, machen Angst, sind ­Lieblinge – oder einfach egal

Immer Ärger mit manchen Arten: Wenn es eine Hitliste der bei Investoren in Bauprojekte unbeliebtesten Arten gäbe, hätte der Rotmilan gute Chancen auf Platz 1. Quasi mit „Höchstschutz“ durch BNatSchG, EU-Vogelschutzrichtlinie und Washingtoner Artenschutzübereinkommen ausgestattet und zudem die wohl prominen­teste Art, für deren Erhalt Deutschland Weltverantwortung besitzt, müssen seine Vorkommen in vielen Planungen berücksichtigt werden.

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Fledermäuse sind „der neue Rotmilan“

Lange, viel zu lange, sind andere kaum minder für den Naturschutz wichtige Arten zu wenig planungsrelevant gewesen – wie die Fledermäuse. Im ersten Hauptbeitrag richten wir den Blick auf diese viel schwieriger zu erfassende Artengruppe und fordern eine bestmögliche Standardisierung der Fangmethoden für die Eingriffsplanung von Windkraftanlagen in Wäldern. Fledermäuse zeigen komplexe Habitat­ansprüche und ein ausgeprägtes Raumgedächtnis. Sie jagen in unterschiedlichen Höhen, wechseln im Jahresverlauf ihre Habitate und viele Arten wandern über große Strecken. All das macht ihre planerische Berücksichtigung nicht leichter. Die Augen deshalb aber zu verschließen, weil wir es ja nicht richtig wüssten, kann keine Lösung sein. Nein: Vielmehr gilt es, jeweils nach bestem Stand des Wissens zu ­analysieren, entscheiden und planen. Und pa­rallel die anwendungsnahe Forschung zu in­tensivieren.

Arten in der öffentlichen Wahrnehmung

Zu sehr hängt die Prioritätensetzung einerseits von den rechtlichen Notwendigkeiten, andererseits von der öffentlichen Wahrnehmung ab. Beides aber ist zu eng gedacht: Das Naturschutzgesetz fordert in seinen Grundsätzen des § 1 den Schutz der biologischen Vielfalt ins­gesamt – und der schließt alle Arten mit ihrer genetischen Vielfalt und Ökosysteme gleichermaßen ein. Versuchen wir eine – zugegeben unkonventionelle – Systematik von Arten im Blick der Öffentlichkeit, so können wir vier Gruppen unterscheiden: Problemarten, Angst­arten, Lieblingsarten und Egalarten. Dabei bedingt die individuelle Sicht durchaus eine unterschiedliche Einordnung.

Problemarten: Als „Planungsverhinderer“ sind sie an dieser Stelle schon beschrieben worden. Rotmilan, Kammmolch, Wachtelkönig, Feldhamster und Eremit erlangen spätestens dann Berühmtheit, wenn sie in der Auseinander­setzung um Bauprojekte Verhandlungsgegenstand vor Gericht werden. Man könnte sie auch neutraler „Bremsarten“ nennen – wer einen Windpark verhindern will, dem kommt der Rotmilan gerade Recht, um seiner oftmals anders begründeten Ablehnung mehr Gewicht zu verleihen.

Angstarten: Manche Arten wirken unheimlich und machen Angst – der Wolf ist das beste Beispiel. In diese Kategorie fallen aber auch manche Neobiota, die massiv einwandern und Vegeta­tion verändern, giftig sind oder Krankheiten über­tragen – mit dem Unterschied, dass diese Ge­fahren noch vom geringsten Teil der Bevölkerung gesehen werden.

Lieblingsarten: Dann gibt es noch Arten, die als Everybody‘s Darling (fast) nur Freunde haben – wie die Wildkatze (große Augen, weiches Fell), viele Vögel (aber bei weitem nicht alle), Tagfalter und Orchideen. Vielleicht gehört auch die Grüne Mosaikjungfer hinzu, über deren Wiederansiedlung der dritte Hauptbeitrag berichtet.

Egalarten: Aber machen wir uns nichts vor – für den Großteil der heimischen Arten empfinden die meisten Menschen weder Sympathien noch Antipathien. Zwar sagt 55 % der Befragten in der letzten Naturbewusstseinsstudie des BfN, dass Natur nur so genutzt werden dürfe, dass die Vielfalt der Pflanzen und Tiere auf Dauer gesichert ist. Aber das ist unkonkret – wer sich um den Schutz einer seltenen Käfer- oder Spinnenart einsetzt, wird von vielen Menschen im besten Falle belächelt.

Nur was man kennt, schützt man

Bei dieser mangelnden Wertschätzung spielt sicher auch eine Rolle, dass immer weniger Menschen mehr als eine Handvoll Pflanzen- und Tierarten mit Namen kennt, die über Butterblume und Spatz hinausgehen – das werden wir im April-Heft thematisieren. Gut gestaltete Themenwege können Teil eines Bündels an Instrumenten sein, die nötiger denn je sind, um die Menschen wieder näher an die Natur heranzuführen, auch den Artenschutz: Der zweite Hauptbeitrag analysiert solche Bildungs- und Erlebnisangebote in Österreich.

Und doch, es gibt Lichtblicke nicht nur für Lieblingsarten: Claus Mayr meldet in der Kolumne „Bericht aus Brüssel“, dass sich das Europa­parlament mit breiter Mehrheit für den Erhalt der Naturschutzrichtlinien ausgesprochen hat. Es funktioniert also doch, die Menschen über eine professionelle Kampagne zu mobilisieren.

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