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Bericht aus Brüssel

Halbzeitbilanz des „Fitness Checks“ der EU-Naturschutzrichtlinien – Zeitplan für die niederländische Ratspräsidentschaft

Ende des Jahres mailte ein BirdLife-Kollege seine ganz persönliche Halbzeitbilanz stolz an die Mitglieder der Arbeitsgruppe zum Fitness Check: „Naturev :Juncker = 3:0.“ Was war geschehen?

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Schon im Frühsommer 2015 hatten sich über 520000 Bürgerinnen und Bürger aus allen EU-Staaten und damit über 90 % der Teilnehmer einer Online-Konsultation der EU-Kommission für eine bessere Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien und gegen eine drohende Schwächung des Naturschutzrechts ausgesprochen (Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (10): 302). Zum Jahresende bestätigten auch der EU-Umweltministerrat und der Umweltausschuss des Europäischen Parlaments diese Linie. Zwar hatte sich dies im Umweltministerrat schon nach einer Initiative von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks, unterstützt durch ihre luxemburgische Amtskollegin und Ratsvorsitzende Carole Dieschbourg, im Oktober 2015 abgezeichnet (Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (12): 370). Dennoch fiel das Ergebnis der letzten Umweltministersitzung unter luxemburgischer Ratspräsidentschaft am 16. Dezember angesichts der bis dahin insbesondere von Großbritannien und den Niederlanden immer wieder erhobenen Forderungen nach Änderung der Richtlinien erfreulich eindeutig aus.

In seinen Ratsschlussfolgerungen 15380/15 zur Halbzeitbewertung der EU-Biodiversitätsstrategie machen die Umweltminister zu Ziel 1 der Strategie (Umsetzung von Vogelschutz- und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) nicht nur deutlich, dass die vollständige Umsetzung und Implementierung der Richtlinien die wichtigste Voraussetzung zur Erreichung der EU-Biodiversitätsziele sind (insbesondere Punkt 20). Sie fordern auch, dass die finanziellen Voraussetzungen für ihre Umsetzung massiv verbessert werden müssen. Hierzu wird die EU-Kommission aufgefordert, alle Finanzinstrumente, insbesondere aber – in dieser Deutlichkeit zum ersten Mal – die Finanzinstrumente der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) darauf zu prüfen, wie sie besser zur Erreichung der Biodiversitätsziele beitragen können (insbesondere Punkt 38).

In seiner letzen Sitzung vor dem Jahresende bestätigte auch der Umweltausschuss des Europäischen Parlamentes mit 60 Ja- und nur drei Nein-Stimmen sowie einer Enthaltung den Bericht von Berichterstatter Mark Demesmaeker und seiner Co-Berichterstatter aller anderen großen Fraktionen, darunter Norbert Lins (CDU) für die EVP (Naturschutz und Landschaftsplanung 47 (12): 370). Er setzte damit nach Zivilgesellschaft und Ministerrat ein drittes deutliches Zeichen für die konsequente Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien und gegen die Schwächung der Richtlinien und ihrer Anhänge.

Im Vorfeld waren immerhin etwa 370 Änderungsanträge zu diesem Bericht eingegangen, darunter auch etliche naturschutzkritische Anträge von landwirtschaftsnahen Europaabgeordneten wie Elisabeth Köstinger (ÖVP), die neben ihrem EP-Mandat Vizepräsidentin des Österreichischen Bauernbundes ist. Die endgültige Verabschiedung des Antrages im EP-Plenum wird voraussichtlich in der Sitzungswoche vom 1. bis 4. Februar in Straßburg erfolgen.

Zwischenzeitlich hat das Königreich der Niederlande am 1. Januar 2016 die halbjährlich wechselnde EU-Ratspräsidentschaft von Luxemburg übernommen. Die Niederlande beginnen die nächste Dreier-Präsidentschaft („triple presidency“) mit der Slowakei und Malta. Noch im Frühjahr 2015 hatten die Niederlande geplant, die Ergebnisse des Fitness Check und die insbesondere von der niederländischen Landwirtschaft gewünschten „Flexibilisierungen“ und Schwächungen des EU-Naturschutzrechts zu einem der Schwerpunkte ihrer Ratspräsidentschaft zu machen. Spätestens seit der Vorstellung der ersten Zwischenergebnisse des Fitness Check durch die von der EU-Kommission beauftragten Expertenbüros bei der großen „Stake­holder“-Konferenz am 20. November in Brüssel und der offiziellen Vorstellung des weiteren Fahrplans durch Umweltkommissar Karmenu Vella und seinen neuen Generaldirektor der Generaldirektion Umwelt, Daniel Calleja Crespo (Nachfolger von Karl Falkenberg), ist aber klar, dass sich die Entscheidungen noch mindestens bis in die slowakische Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2016 hinziehen werden:

In den kommenden Monaten will die EU-Kommission zunächst die endgültigen Ergebnisse des Fitness Check präsentieren; nach Angabe des neuen Leiters der Natura-2000-unit, Nicola Notaro (Nachfolger von Stefan Leiner), ein 400 bis 500 Seiten starkes Werk (das „Fitness Check book“).

Für das zweite Quartal 2016 ist dann zunächst ein kommissionsinternes Dokument („Staff Working Paper“) geplant, in dem die EU-Kommission ihre Überlegungen zum weiteren Vorgehen präsentiert. Dieses Papier dürfte also frühestens auf dem Umweltministerrat am 20. Juni 2016 erstmals vorgestellt werden.

Kurz vor Ende der Ratspräsidentschaft wollen die Niederlande diese Ergebnisse noch auf einer öffentlichen Konferenz vom 27. bis 29. Juni 2016 in Amsterdam diskutieren, auf der es offiziell darum gehen soll, den Naturschutz „zukunftsfest“ zu machen. Entscheidungen in Ministerrat und Parlament können also frühestens für die zweite Jahreshälfte 2016 erwartet werden.

Link zu den Ratsschlussfolgerungen des Umweltministerrates vom 16. Dezember 2015:

http://www.consilium.europa.eu/de/meetings/env/2015/12/16/

Link zum Beschluss des Demesmaeker-Berichtes am 22. Dezember 2015 und weiterer Verlauf:

http://www.europarl.europa.eu/oeil/popups/ficheprocedure.do?lang=&reference=2015/2137%28 INI%29

Link zu Fahrplan und Schwerpunkten der niederländischen EU-Ratspräsidentschaft:

http://english.eu2016.nl/eu-presidency

Link zur niederländischen Naturschutzkonferenz Ende Juni:

http://english.eu2016.nl/latest/events/2016/06/27/conference-on-future-proof-nature-policy

Kontakt

Claus Mayr ­arbeitet als Direktor für Europapolitik des NABU in Brüssel. Er berichtet in dieser Kolumne regelmäßig über wichtige euro­päische Entwicklungen.

Claus.Mayr@NABU.de

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