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Tagungen

Produktionsintegrierte Kompensation (PIK) in der Praxis

Erfahrungen zur Kontrollfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Administration von Maßnahmen zur Produktionsintegrierten Kompensation (PIK) behandelte die Stiftung Rhei­nische Kulturlandschaft zusammen mit dem Kreis Euskirchen (NRW) und dem Bund Deut­scher Landschaftsarchitekten (bdla) in Euskirchen. 90 Teilnehmer diskutierten Voraussetzungen, um PIK erfolgreich umzusetzen.

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Abb. 1: Neuanlage von Extensivgrünland mit ­lokalem Saatgut und ­Anpflanzung von Obst­gehölzen als PIK-Maß­nahme bei Friesheim (Erftstadt).  © Stiftung Rheinische Kulturlandschaft
Abb. 1: Neuanlage von Extensivgrünland mit ­lokalem Saatgut und ­Anpflanzung von Obst­gehölzen als PIK-Maß­nahme bei Friesheim (Erftstadt). © Stiftung Rheinische Kulturlandschaft
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Eingriffe in Natur und Landschaft, etwa durch den Bau einer Straße, müssen laut § 15 Abs. 2 BNatSchG funktional und landschaftsgerecht kompensiert werden. Zur Schonung landwirtschaftlicher Flächen, die oft als Ausgleichsflächen herangezogen werden, ist dabei stets zu prüfen, ob die notwendige Kompensation auch durch eine angepasste Bewirtschaftung und Pflege in die landwirtschaftliche Produktion integriert werden kann (§ 15 Abs. 3 BNatSchG). Auf diese Weise müssen für die Umsetzung keine Flächen aus der Bewirtschaftung genommen werden. Beispiele sind die Neuanlage von Blühstreifen und -feldern oder Extensivgrünland bzw. die Extensivierung von bestehenden Äckern oder Grünland.

PIK-Skepsis: Wo liegen Herausforderungen?

Diesem Konzept der Produktionsintegrierten Kompensation begegnet ein Teil der Naturschützer, Planer und Landwirte jedoch noch zurückhaltend. Ihre Skepsis wird oftmals damit begründet, dass die positiven Effekte durch PIK für Flora und Fauna zu gering seien. Die langfristige rechtliche Sicherung der Maßnahmen sei zudem schwierig, ebenso wie deren Kontrolle. Bemängelt wird auch der hohe Aufwand bei der Abstimmung zwischen den zahlreichen Beteiligten: Vorhabensträger, Naturschutzbehörden, Planungsbüros, Maßnahmenträger, Forst- oder Gartenbauunternehmen und Landnutzer. Die Frage, ob PIK teurer sind als „herkömmliche Kompensationsmaßnahmen“, treibt ebenfalls viele Vorhabensträger um.

Landschaftsplanung in die Pflicht nehmen

Norbert Hellmann, HKR Landschaftsarchitekten (Reichshof) und Fachsprecher Landschaftsplanung im bdla NRW, vertrat die Ansicht, dem Instrument PIK müsse „eine faire Chance vor dem Hintergrund der zunehmenden Flächenverknappung für die Kompensation vor allem auf landwirtschaftlichen Nutzflächen eingeräumt werden“. Er sprach sich dafür aus, Landschaftsplanung und Kompensation noch enger zu verknüpfen: Die Planung sollte geeignete Räume für Kompensationsvorhaben vorhalten, um diese sinnvoll in den Landschaftskontext integrieren zu können. Um die zahlreichen Naturschutzmaßnahmen im Offenland (neben PIK z.B. CEF-Maßnahmen, Vertragsnaturschutz, Greening) bestmöglich aufeinander abzustimmen, sei zudem ein übergreifendes, landschaftsbezogenes Management-Instrument wünschenswert, führte Kirsten Kröger, Untere Landschaftsbehörde Kreis Euskirchen, aus.

PIK integraler Bestandteil der Biodiversitätsstrategie

Dr. Georg Verbücheln, Abteilungsleiter Naturschutz, Landschaftspflege und Fischereiökologie im LANUV NRW, betonte den dringenden Handlungsbedarf bei der Aufwertung von Offenlandbiotopen. In der Biodiversitätsstrategie NRW spielten PIK-Maßnahmen in diesem Zusammenhang eine bedeutsame Rolle.

Auf einen reichen Erfahrungsschatz mit PIK griff Elmar Wiezorek zurück, Leiter des Umweltamtes der Stadt Aachen. Er empfahl Vorhabensträgern, einen professionellen Maßnahmenträger für Planung, Umsetzung, Dokumentation und Kontrolle der Maßnahmen hinzuzuziehen. Entsprechende Kompetenzen seien zwar auch bei Umweltämtern vorhanden, jedoch sei dieses Management Aufgabe der Eingriffsverursacher und auch hinsichtlich der Kosten durch diese zu tragen. Dass Letztere bei PIK keineswegs höher sein müssen als bei anderen Kompensationsmaßnahmen, wurde in der ausführlichen Diskussion mit den Teilnehmern deutlich. Voraussetzung hierfür ist jedoch eine durchdachte, langfristige Planung der Maßnahmen. Auch die Befürchtungen, der Kontrollaufwand sei bei PIK höher, konnten zerstreut werden. Denn eine regelmäßige Kontrolle ist bei allen Kompensationsmaßnahmen, auch den nicht produktionsintegrierten, essenziell für eine langfristig erfolgreiche Umsetzung.

Werner Sihorsch, Leiter Rekultivierung Land- und Forstwirtschaft der RWE Power AG, mahnte als Vertreter eines Projektträgers jedoch zu Geduld: PIK-Maßnahmen bräuchten eine gewisse Zeit zur Entwicklung, denn „die Natur reagiert nicht ad hoc auf Gesetzesvorgaben“. Was sich in dieser Entwicklungszeit als (noch) nicht gelungen darstelle, müsse aber offen mit allen Beteiligten diskutiert und, falls nötig, korrigiert werden. Für erfolgreiche PIK-Maßnahmen seien klare Absprachen und ein pointiertes Management unabdingbar, war sich auch Kirsten Kröger sicher.

Kooperation als Schlüssel

Die Tagung kam dem Wunsch vieler Akteure im Bereich Kompensation nach einem fruchtbaren Erfahrungsaustausch zu PIK entgegen. Besonders praxisnahe und intensive Diskussionen in Kleingruppen ermöglichten die Exkursionen zu drei ausgewählten PIK-Beispielen im Raum Euskirchen, einem Extensiv-Acker, Extensiv-Grünland und einem Blühstreifen aus Regio-Saatgut. Wiederholt wurde in den Wortbeiträgen deutlich, dass eine vertrauensvolle Kooperation der verschiedenen Beteiligten von der Planung bis zur Umsetzung und Kontrolle oft der Schlüssel zu gelungenen PIK-Maßnahmen ist. Besonders gut erkennbar wird dies bei der engen Zusammenarbeit mit den Bewirtschaftern der Maßnahmen vor Ort.

Landwirte ins Boot holen

Für das Gelingen von PIK sei die Akzeptanz von Seiten der Landwirtschaft von immenser Bedeutung, betonte Werner Sihorsch. Dies bestätigten auch anwesende Bewirtschafter, die bei den Exkursionen anmerkten, dass viele Landwirte noch für das Prinzip PIK eingenommen werden müssten. So wurde der Wunsch nach weiteren vertiefenden Informationsangeboten speziell für ihren Berufsstand geäußert, um sich über die aktuelle PIK-Diskussion aus Sicht von Biologen, Planern und der Landwirtschaft eine differenzierte Meinung bilden zu können. Landwirte, die selbst bereits als Bewirtschafter Erfahrungen mit PIK gesammelt hatten, schilderten, dass sie auch eigene Anregungen in die Umsetzung einbringen konnten, etwa hinsichtlich der technischen Ausgestaltung. Auf diese Weise fühlten sie sich mit ihren Kompetenzen als Partner ernst genommen und konnten sich mit „ihren“ Maßnahmen identifizieren. So waren sie auch bereit, sich für die Weiterentwicklung der Maßnahmen zu engagieren, und reagierten dynamisch auf notwendige Optimierungen.

PIK-Praxis: Ausdauer gefragt für Win-win-Situation

Die Tagung machte klar: PIK-Maßnahmen sind anspruchsvoll, eine mühelose Umsetzung „auf die Schnelle“ ist ohne geeigneten Maßnahmenträger kaum zu erwarten. Erprobte Leitfäden bieten jedoch Hilfestellungen in allen Fragen und zahlreiche PIK-Beispiele beweisen, dass sich der Aufwand lohnt: Mit Sachverstand, fachübergreifender Kooperation und Ausdauer lassen sich sehr positive Ergebnisse für Natur und Mensch gleichermaßen erreichen.

Weitere Informationen zu PIK sowie die Vorträge der Tagung sind im Internet verfügbar.

Kontakt

Stiftung Rheinische Kulturlandschaft, Bonn

l.fortmann@rheinische-kulturlandschaft.de http://www.rheinische-kulturlandschaft.de

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