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Editorial

„Tatort“ Windpark: Naturschutz im Sonntagabend-Krimi

Naturschutz und Landschaftsplanung im Mittelpunkt eines Krimis– das kommt nur selten vor. Zugegeben, in der Planungs- und Genehmigungspraxis wünschte man sich manches Mal kriminalistischen (und zudem psychologischen) Beistand, um Zweifel auszuräumen, ob alles mit rechten Dingen zugeht. Wenn dann der sonntagabendliche „Tatort“ in der ARD rund um die Offshore-Windenergie ermittelt, macht das neugierig. Und mit 8,5 Mio. Zuschauern wäre das Format dieses prominenten Politthriller ein Medium, mit dem sich eine große Zahl an Menschen nebenbei für wichtige Themen sensibilisieren ließe.

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Finanzwirtschaft, Projektierer und Naturschutzverbände bekamen in dem „Tatort“ alle ihr Fett weg. Schade nur, dass manche vermeintlichen Fakten schlicht falsch waren: Umweltverbände stellen keine Öko-Zertifikate aus, die Einreichung gerichtlicher Klagen in besonders prekären Einzelfällen ist ihr einziges Schwert. Und ein ganzer Arm voller „geschredderter“ Vogelleichen auf dem Kopf eines Windrads dürfte auch kaum der Realität entsprechen. NABU und WWF Deutschland parierten übrigens professionell und lieferten, verlinkt über Social Media, gute Faktenchecks zur Klarstellung der Inhalte des Tatorts.

Und doch bleibt auch hier mehr als ein Körnchen Wahrheit: Der Konflikt zwischen Klima- und Vogelschutz wird für viele Verbands-Untergliederungen zur Zerreißprobe. Während die einen Mitglieder getreu der Nimby-Position (Not in my back yard, Nicht in meinem Hinterhof) eine undifferenzierte Fundamentalopposition zeigen, verhandeln die anderen mit den Planern und Projektierern. Letzteres ist ohne Frage notwendig und sinnvoll. Doch hat es auch schon Händel gegeben, die direkt oder indirekt mit Zahlungen in eine Naturschutzstiftung verbunden waren. Mindestens ein Geschmäckle bleibt da schon übrig ...

Dass Windräder Individuenverluste bei Vögeln und Fledermäusen verursachen und – offshore – zu Schäden bei Schweinswalen führen, ist lange bewiesen. Die schwie­rige Frage ist, sieht man vom individuenbezogenen Tötungsverbot der EG-Vogelschutzrichtlinie ab, ab wann diese Verluste zur Bestandsbedrohung führen. Dabei dürfen die Windränder nicht isoliert betrachtet werden, sondern ihre Wirkungen sind in der Summe aller anthropogenen Gefährdungsfaktoren zu würdigen.

In diesem Zusammenhang gibt es einen Erfolg zu vermelden: Endlich ist das Helgoländer Papier der Vogelschutzwarten mit Abstandsempfehlungen von Windrändern zu Vogelvorkommen und Schutzgebieten in seiner zweiten Auflage verabschiedet und publiziert (s. Seite 221). Offensichtlich ohne nachträgliche politische Einflussnahme, wie Kritiker befürchtet hatten. Damit kann die neue Fassung der Fachkonvention als aktueller Stand des Wissens in der Planungs- und Genehmigungspraxis Anwendung finden.

Eine andere Fachkonven­tion, nämlich zur FFH-Verträglichkeitsprüfung, hatte ein Beitrag im April-Heft in Frage gestellt. Darauf antwortet in dieser Ausgabe in einem Fachbeitrag ein Autorenteam mit dem Fazit: Auch vor dem Hintergrund der aktuellen europäischen Rechtsprechung bleibt der bisherigen Konventionsansatz des Bundesamtes für Naturschutz geeignet, eine bessere Alternative ist nicht in Sicht. Dem widerspricht die kritisierte Autorin – eine offene Fachdiskussion ist und bleibt das Ziel unserer Zeitschrift.

Methodisch ausgerichtet ist ein weiterer Hauptbeitrag in diesem Heft, der sich mit der landschaftsästhetischen Wirksamkeit von Energietrassen befasst – mit Blick auf die Masten und Leiterseile. Auch das ein Beitrag, der im Zusammenhang mit der Energiewende von besonderer Relevanz ist.

Im April-Heft erst an die-ser Stelle ging es um eine Stärkung der Landschafts­rahmenplanung. Der erste Hauptbeitrag in dieser Aus­gabe unterstützt indirekt ­diese Notwendigkeit: Haben Fragen des Klimawandels Eingang in die Praxis dieses Planungsbeitrags auf der regionalen Ebene gefunden? Diese Frage wird zwar bejaht. Doch wird der Klimawandel noch immer nicht umfassend analysiert und systematisch über alle Planungsschritte behandelt. Es bleibt also noch viel zu tun!

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