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Editorial

Ein Plädoyer für eine starke Landschafts­rahmen­planung

Warum bekommt Naturschutz nicht wirklich einen Fuß auf den Boden? Gerade erst hat die Europäische Umweltagentur (EEA) in ihrem Bericht über den Zustand der Umwelt in der EU offen und ehrlich die Situation des „natürlichen Kapitals“ bilanziert (siehe „Aktuelles aus Brüssel“): Wasser- und Luftqualität haben sich zwar teilweise verbessert, aber ansonsten stehen die Indikatoren weitgehend auf „Rot“.

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Überraschend ist das für die Fachleute nicht. Aus In­sider-Perspektive steht eher die Frage nach dem Warum im Raum: An politischen Willensbekundungen in Brüssel, Berlin und in den Ländern mangelt es kaum. Die Zahl der Prüfungs- und Planungsverfahren war noch nie so hoch wie heute. Deutschland hat ein bewährtes System der Landschaftsplanung – okay, sie wird in ihrer Vierstufigkeit nicht mehr überall angewendet und fortgeschrieben. Aber es gibt UVP und SUP, saP, FFH-VP, nicht zuletzt die Eingriffsregelung und manche Instrumente mehr – und doch gehen die meisten Planungsverfahren im Endeffekt für die Natur aus wie das Hornberger Schießen: viel Getöse um nichts. Solch ein hartes Urteil ist sicher ungerecht zu manchen Einzelfällen. Aber unter dem Strich ist die Bilanz (zu) negativ; siehe EEA-Bericht.

Aber warum nur? Fragen wir zunächst nach den un­mittelbaren Verursachern der schlechten Situation. Das sind einerseits die punktuellen und linearen Eingriffe durch Bauprojekte (1), andererseits flächenhafte Wirkungen der Landnutzung und des Ressourcenverbrauchs (2).

(1) Bauprojekte: Die genannten Prüfinstrumente greifen, wenn überhaupt, oft zu spät. In vielen Fragen fehlt die räumliche Steuerung auf der überörtlichen Ebene – klassische Aufgabe der Landschaftsrahmenplanung. Es klafft eine Lücke zwischen den politischen Zielen wie Zielgrößen für den Ausbau Erneuerbarer Energien, Stopp des Biodiversitätsverlusts, Hochwasserschutz einerseits und der raumkonkreten Umsetzung vor Ort. Die großen Ziele müssen schon auf der regionalen Ebene raumkonkret werden und bereits hier umfassend geprüft und abgewogen werden. Anders lassen sich z.B. landesweit bedeutsame Brutvorkommen des Rotmilans oder Vogelzugachsen nicht freihalten. Zwar kennt die FFH-Richtlinie auch hier den Begriff der Summationswirkung. Aber wird sie in der Praxis ausreichend abgeprüft? Wohl kaum ...

Hand auf’s Herz: Wird in der Einzelfallprüfung nicht Vieles weg- statt abgewogen? Planung sollte sich mehr mit den Inhalten des jeweiligen Zielsystems als mit der Legitimation des Tötens befassen, sagte Kerstin Berg zur Windkraft bei der bdla-Tagung „Update 2015“ Anfang März in Kassel (siehe Tagungsbericht Seite 125ff.). Mehr Entscheidungen auf übergeordneter Ebene könnten dazu verhelfen – wenn diese mit der notwendigen fachlichen Expertise und Datengrundlage getroffen werden.

(2) Landnutzung und Ressourcenverbrauch: Das Primat der Freiwilligkeit von Maßnahmen ist insoweit gescheitert, als sie bisher ökonomisch betrachtet nicht attraktiv genug sind. Die Agrarpolitik, an dieser Stelle ob ihres Weiter-so schon mehrfach gescholten, kann weder mit ihren zaghaften Anforderungen des Cross Compliance (Förderung bekommt ein Landwirt nur, wenn er gewisse Kriterien u.a. zur Umweltschonung erfüllt) noch mit ihren bescheidenen Ansätzen der Berücksichtigung von Umweltleistungen (Stichwort Greening) und Agrarumweltmaßnahmen die Situation von Biodiversität, Bodenschutz, Wasser- und Klimaschutz ausreichend beein­flussen. „Wir lieben unsere Landschaft“, sagen manche extensiv wirtschaftende Bauern in peripheren Lagen noch. Aber solche Idealisten (und meist Gering-Verdiener) sterben aus. Die Landschaft braucht ein eindeutiges Anreizsystem: Öffentliches Geld nur für die, welche öffentliche Güter erzeugen. Es muss sich lohnen, Biodiversität, sauberes Wasser und wenig CO2 zu produzieren resp. Umweltgüter zu schonen. Und das nicht nur in der Landwirtschaft, sondern bei jedweder Ressourcennutzung.

All das bedingt zunächst vor allem politische Entscheidungen. Dennoch gilt es außer­dem, zugleich auch die fachlichen Entscheidungsgrundlagen zu verbessern. So hinterfragt ein Hauptbeitrag in diesem Heft die Ergebnisse von Fachkonventionen – ein Beitrag, der konstruktiv verstanden werden sollte: nachzudenken, ob der Status quo der Weisheit letzter Schluss ist oder nicht andere Wege besser zum Ziel führen. Bekanntlich ist der Kopf rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann!

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