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Aktuelles aus Brüssel

Juncker-Kommission: Deregulierung rückt näher

Wie in der letzten Ausgabe berichtet, vermissten viele Abgeordneten des Europäischen Parlamentes (EP) und die Umweltverbände (Green 10) bis zur Entscheidung über die neue EU-Kommission im EP am 22. Oktober 2014 eine schriftliche Fixierung der um das Nachhaltigkeitsprinzip und die Umsetzung des 7. Umweltaktionsprogramms (UAP) ergänzten Arbeitsaufträge (mission letters). Diese sollten an den designierten obersten Vizepräsidenten der künftigen EU-Kommission, Frans Timmermans, sowie die für Klimaschutz und Umwelt zuständigen Vizepräsidenten und Kommissare adressiert sein.

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Juncker stellte in seiner Rede vor dem EP am 22. Oktober immerhin klar: „Ich habe ferner beschlossen, den Zuständigkeitsbereich von Frans Timmermans auszuweiten und ihm auch horizontal die Verantwortung für nachhaltige Entwicklung zu übertragen. Wie Sie wissen, ist die nachhaltige Entwicklung ein in den europäischen Verträgen verankerter Grundsatz (Artikel 3 EUV) und sollte damit von allen Organen bei all ihren Maßnahmen und Politiken berücksichtigt werden. Sie ist ebenfalls Teil der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, für die Frans die horizontale Zuständigkeit besitzt. Nachhaltigkeit und ökologische Belange sind unseren Bürgerinnen und Bürgern wichtig. Mit großen grünen Ressorts, die über hohe Budgets und knallharte Regulierungskompetenzen verfügen, besitzt die neue Kommission die Instrumente, um sich ihrer anzunehmen“. Diese Aussagen genügten der „großen Koalition“ aus Konservativen, Sozialdemokraten (bis auf eine SPD-Abgeordnete) und Liberalen (bis auf die drei FDP-Abgeordnete), um der neuen EU-Kommission zuzustimmen.

Umso überraschter waren auch Insider, dass Jean-Claude Juncker und sein Chefberater, Martin Selmayr, nach der Bestätigung der neuen Kommission im EP am 01. November doch noch die Arbeitsaufträge einiger Vizepräsidenten und Kommissare nachbesserten. Unter anderem die des 1. Vizepräsidenten Timmermans sowie der Kommissare Vella und Cañete. Im Arbeitsauftrag für Timmermans wurde die „horizontale Verantwortung für nachhaltige Entwicklung und die Kohärenz aller künftigen Vorschläge mit diesem in den EU-Verträgen und der Grundrechte-Charta verankerten Prinzip“ ergänzt, bei Vella und Cañete die entsprechende Zuarbeit zum 1. Vizepräsidenten.

Die konkreten Arbeitsaufträge für Vella hinsichtlich der Überprüfung von Vogelschutz- und FFH-Richtlinie auch auf ihre mögliche Zusammenführung zu einem „moderneren“ Rechtsinstrument sowie der erst im letzten Jahr auf den Weg gebrachten Vorschläge zur Verbesserung der Luft (air quality package) und zu Kreislaufwirtschaft (circular economy) blieben aber unverändert. Auch ein Hinweis auf die Umsetzung des 7. UAP wurde nicht in Vellas Mandat verankert, obwohl dies sogar die Bundesregierung als wesentliche Voraussetzung für die „green economy“ und die Schaffung neuer Arbeitsplätze gefordert hatte.

Nur wenige Tage später nahm die Ernüchterung weiter zu: Am 07. November versandten Juncker und Timmermans einen Brief an alle anderen sechs Vizepräsidenten und die 20 Fachkommissare mit der Bitte, für das Arbeitsprogramm 2015 der EU-Kommission ihre Prioritäten zu benennen. In einem Anhang zu diesem Schrei­ben wurde unter anderem auch wieder die „in-depth evaluation“ von Vogelschutz- und FFH-Richtlinie sowie der Vorschläge zur Luftqualität und Kreislaufwirtschaft genannt, sowie weitere der im Rahmen des REFIT-Prozesses (Naturschutz und Landschaftsplanung 45 (12), 2013: 353f.) diskutierten Legislativvorschläge aufgelistet. Zu noch mehr Skepsis führte ein weiterer Anhang, in dem die Kommissare Vorschläge für zu streichende Initiativen machen sollten. In einigen Brüsseler Medien wurde dieses Papier sogar als „kill list“ bezeichnet. Die Kommissare haben jetzt bis zum 16. Dezember Zeit, ihre Schwerpunkte und Streichvorschläge vorzuschlagen.

Die Umweltverbände werden diese Zeit nutzen, Juncker, Timmermans und ihre Fachkommissare von der Notwendigkeit der Beibehaltung der wichtigen Gesetzesiniti­ativen zu überzeugen. Bisher galt auch in der EU-Kommission das Prinzip der Kontinuität!

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