Die Landschaftsplanung als kommunale Daseinsvorsorge
Landschaftsplanung – ein alter Hut? Ein Relikt aus „grauer Vorzeit“, als die Kommunen noch „im Geld schwammen“, Stadthallen und Dorfgemeinschaftshäuser bauten und Geld für derartigen „Luxus“ besaßen? Oder als die Bundesländer die Planerstellung mit großzügiger Förderung bedachten?
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Heute stehen viele Städte und Gemeinden finanziell gesehen mit dem Rücken an der Wand – und das nicht allein in den besonders stark vom demographischen Wandel betroffenen ostdeutschen ländlichen Gemeinden und in den Ruhrgebiets-Städten nach dem Niedergang von Kohle und Stahl. Hat die kommunale Landschaftsplanung da überhaupt noch Chancen auf Neuaufstellung bzw. Fortschreibung?
Dazu legen Christian Stein, Wolfgang Wende und Ulrich Walz in diesem Heft eine spannende Statistik vor. Immerhin, fast drei Viertel (72 %) aller deutschen Kommunen besitzen einen Landschaftsplan. In städtischem Gebiet ist der Anteil höher, im ländlichen geringer; in Mecklenburg-Vorpommern fällt die Quote mit 15 % am geringsten aus, in Rheinland-Pfalz mit 98 % am höchsten. Dabei war nicht nach dem Alter der Pläne gefragt. Ein Indiz ist diesbezüglich die Zahl von in Vorbereitung befindlichen (2 %) und in Bearbeitung stehenden Plänen (4 %): zu wenig, wenn man von einem zehnjährigen Aktualisierungsbedarf und einem deutlich mehr als einjährigen Planungs- und Aufstellungs-Zeitraum ausgeht!
Aber warum brauchen die Kommunen überhaupt noch einen Landschaftsplan, wo doch Neubaugebiete in vielen Städten und Gemeinden kaum noch ausgewiesen werden? Vier Argumente sollen das exemplarisch begründen:
die Energie- und Agrarwende: Beide sind zwar politisch gebremst, aber alternativlos. Die Landschaftsplanung muss Leitplanken für die Entwicklung setzen. Und die Agrarwende wird zwar primär europapolitisch gesteuert (bzw. verhindert), doch kann die Landschaftsplanung durchaus auf kommunaler Ebene etwas bewegen – sei es durch Bündelung extensiver Weideprojekte und Initiativen zur regionalen Vermarktung, sei es durch Schwerpunkte für die Nutzung des Vertragsnaturschutzes oder die Definition von Obergrenzen für Maisanbau und Mastställe.
die Bündelung von Ausgleich und Ersatz: Es wird weiter eingegriffen, so dass der Bedarf naturschutzrechtlicher Kompensation besteht, z.B. durch Windkraftanlagen. Dem populären Trend zur produktionsintegrierten Kompensation mit oftmals ungewisser zeitlicher Perspektive und Effizienz lässt sich am besten mit einem fundierten kommunalen Ökokonto begegnen. Das ist ein Job für die Landschaftsplaner.
die Umsetzung nationaler Strategien: Nachhaltigkeits- und Biodiversitätsstrategien müssen primär auf lokaler Ebene umgesetzt werden – auch hierfür ist die Landschaftsplanung das ideale Instrument.
ihr integrativer Ansatz: Jede in der Landschaft tätige Fachbehörde verfolgt ihre sektoralen Anliegen – Landschaftsplanung aber ist als Akteur wie kein anderer geeignet, um diese Einzelsichten zu einem integrativen landschaftlichen Ansatz zusammenzuführen.
Nun ist Papier bekanntlich geduldig und für digitale Speichermedien gilt das ebenso: Eine noch so fundierte und aktuelle Planung nützt nichts, wenn sie nicht umgesetzt wird. Viel ist über Vollzugsdefizite geschrieben worden. Und so benötigen die Kommunen zweierlei Anreize: für eine Fortschreibung ihrer Landschaftspläne ebenso wie für deren Umsetzung. Gerade für den zweiten Aspekt braucht es eine innovative Verknüpfung von Förderinstrumenten. Wie wäre es, wenn die Länder ihren Städten und Gemeinden eine erhöhte Förderquote beispielsweise für Maßnahmen zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, von Natura 2000, investiven Maßnahmen des Naturschutzes, für Bundesförderprojekte usw. gewähren, wenn diese eine aktuelle Landschaftsplanung vorweisen können? Natürlich braucht es dazu ausreichend Naturschutzmittel in den Länderhaushalten. Mit diesen sollte zuvorderst die wichtige Rolle der Landschaftsplanung als Moderator und Motor einer vorausschauenden Maßnahmenumsetzung gestärkt werden.
Landschaftsplanung als kommunale Daseinsvorsorge – mit diesem Anspruch hat sie Zukunft, wenn „Dasein“ nicht allein wirtschaftlich, sondern umfassend verstanden wird. Die Bundesländer dürfen ihre Kommunen mit dieser Zukunftsaufgabe nicht allein lassen.
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