UVP-Novelle verabschiedet, Verordnung zu invasiven Arten auf der Zielgeraden
Das in der letzten Kolumne kritisierte Verhalten einiger Mitgliedstaaten, wie von Deutschland bei der Abstimmung über den gentechnisch veränderten Mais 1507, hätte bei den kontroversen Diskussionen über die geplante Verordnung zu invasiven Arten jetzt auch fast eine entscheidende Rolle gespielt: Nachdem der Berichterstatter, Pavel Poc (Tschechien, Sozialdemokraten), durch seine Fraktionskollegen, die Kommission und Naturschutzverbände überzeugt werden konnte, den Trilog für dieses wichtige Dossier weiterzuführen, tauchten Anfang März bei den Verhandlungen mit den Mitgliedstaaten neue Probleme auf.
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Eigentlich war im Trilog schon Einigkeit erzielt worden, der im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) nur noch formal bestätigt werden sollte. Aber dort forderten Frankreich und Großbritannien überraschend Änderungen. Sie verlangten, dass vor den sogenannten delegierten Rechtsakten, für die formal bislang nur die EU-Kommission zuständig ist, die nationalen Experten der Mitgliedstaaten zu beteiligen seien. Das ist eigentlich ein Thema, das den gesamten Gesetzgebungsprozess betrifft, hier aber offenbar am Beispiel der invasiven Arten durchexerziert werden sollte, auf Kosten der biologischen Vielfalt. Da sich Deutschland und Ungarn in der Abstimmung leider enthielten, kam keine qualifizierte Mehrheit gegen den britisch/französischen Vorschlag zustande. Matthias Groote (SPD), Vorsitzender des EP-Umweltausschusses, lehnte es aber aus guten Gründen ab, das erzielte Ergebnis des Trilogs wieder aufweichen zu lassen. Es drohte also die Verschiebung der Abstimmung auf den Herbst. Am 19. März konnten sich die Vertreter der Mitgliedstaaten und der Umweltausschuss des EP doch noch auf einen Kompromiss einigen. Das EP-Plenum wird voraussichtlich am 15. April entscheiden, der Umweltministerrat Anfang Juni.
Im informellen Trilog zur geplanten Richtlinie für die maritime Raumordnung und das integrierte Küstenzonenmanagement (Naturschutz und Landschaftsplanung 46 (2), 34) haben sich die Verhandlungsführer von EP und Ministerrat, darunter die Berichterstatterin Gesine Meißner (FDP), Anfang März auf einen Kompromiss geeinigt. Der ursprünglich zu starke Fokus auf ökonomische Aspekte konnte abgeschwächt, die auch von der EU-Kommission geforderte stärkere Berücksichtigung der ökologischen Nachhaltigkeit der vielfältigen Nutzungen der Meere sichergestellt werden. Der Ministerrat und das Plenum des EU-Parlaments müssen der neuen Richtlinie noch zustimmen.
Wie erwartet, hat bei der abschließenden Abstimmung zur Novelle der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nach dem federführenden Umweltausschuss am 12. März auch das Plenum des EP dem Mitte Dezember 2013 erzielten Trilog-Ergebnis zugestimmt. Die vom Berichterstatter Andrea Zanoni (Italien, Liberale), dem Ausschussvorsitzenden Matthias Groote und den Grünen vorgeschlagene Aufnahme von Fracking und anderen Projekt-Typen in die Liste der UVP-pflichtigen Vorhaben ließen sich gegen die konservative Mehrheit nicht durchsetzen (Naturschutz und Landschaftsplanung 46 (2), 34; 46 (3), 66).
Dennoch umfasst die Novelle etliche positive Neuerungen, die vielleicht für Deutschland und andere nordeuropäische Mitgliedstaaten bereits eingespielt sind, für viele süd- und osteuropäische Mitgliedstaaten aber Fortschritte bedeuten. So müssen die mit der UVS betrauten Experten in Zukunft „fachlich geeignet, objektiv und unabhängig“ sein. Inhaltlich müssen Aspekte wie etwa Biodiversität und Klimawandel stärker berücksichtigt, Alternativen intensiver geprüft werden. Die bessere Prüfung kumulativer Effekte soll der gerne praktizierten „Salamitaktik“ (salami slicing) entgegen wirken, bei der Projekte in mehrere kleinere, nicht UVP-pflichtige Projekte aufgeteilt wurden. Die Öffentlichkeitsbeteiligung soll verbessert und durch ein zentrales Portal erleichtert werden. Nun steht noch die Zustimmung des Ministerrates aus, die spätestens auf der Sitzung des Umweltministerrates am 12. Juni erfolgen kann.
Hinsichtlich des Fracking ergibt sich damit eine problematische Gesetzeslücke, zumal auch die EU-Kommission im Januar auf Druck einiger Mitgliedstaaten wie Großbritannien und Polen nur sehr unverbindliche Empfehlungen für das Fracking vorgelegt und auf einen Richtlinienvorschlag verzichtet hatte. Es ist daher fraglich, ob sich die in einigen EU-Mitgliedstaaten verhängten Moratorien oder Verbote für Fracking halten lassen, wenn sich Mitgliedstaaten und Parlament nicht in der nächsten Legislaturperiode des EP auf strengere Regelungen einigen können.
Aktuell nutzen einige Mitgliedstaaten wie Polen und der einflussreiche Brüsseler Lobby-Dachverband „BusinessEurope“ die Diskussionen um die Ukraine, um für mehr Exploration von Erdgas mittels Fracking zu werben, da nur so die Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen reduziert werden könne. Da die neue Bundesumweltministerin und die meisten deutschen Europaabgeordneten Fracking in Mitteleuropa für nicht vertretbar halten, darf man auf entsprechende Initiativen nach der EP-Wahl gespannt sein!
Claus Mayr, NABU, Direktor Europapolitik, Brüssel, Claus.Mayr@NABU.de
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