Jagd in der Praxis des Nationalen Naturerbes
Ein an Naturschutzzielen orientiertes Wildtiermanagement zu entwickeln und umzusetzen, lautet eine der Aufgaben der (neuen) Flächeneigentümer, welche Flächen im Rahmen des Nationalen Naturerbes bzw. durch den Erwerb von Naturschutzflächen übernommen haben. Dieses Thema stand auf Einladung der Naturstiftung David und der NABU-Stiftung Nationales Naturerbe in Berlin im Mittelpunkt einer Fachveranstaltung „Jagd in der Praxis des Nationalen Naturerbes“. Hierzu diskutierten 70 Teilnehmer aus Naturschutz- und Forst- bzw. Jagdorganisationen sowie Vertreter aus Behörden und Planungsbüros rechtliche Fragen und die praktische Umsetzung auf kleineren, wenige Hektar umfassenden und größeren, zusammenhängenden Naturerbeflächen.
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Rechtsanwalt Dr. Hubertus Welsch stellte die rechtlichen Hintergründe zur Jagdausübung dar. Er verdeutlichte die komplexe juristische Einordnung der Jagd im Landes-, Bundes- und Europarecht. Neben der durch den Bund vorgegebenen Rahmengesetzgebung bestehen unterschiedliche Ausgestaltungen des Jagdrechtes in den Ländern. So weichen beispielsweise einige Länder von der in § 7 Abs. 1 BJagdG vorgegebenen Mindestgröße eines Eigenjagdbezirkes (75 ha) ab: Brandenburg nennt eine Mindestgröße von 150 ha, Bayern von 81,755 ha.
Welsch zeigte auf, welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen, bei Vorhandensein eines Eigenjagdbezirkes (EJB) Einfluss auf die Jagdausübung zu nehmen. Neben der Ausübung des Jagdrechts in Eigenregie durch einen Jagdausübungsbevollmächtigten (JAB) im eigenen Haus können entsprechende Regelungen in Jagdpachtverträgen getroffen werden. Diese bedürfen der Schriftform, einer Mindestpachtdauer (in den Bundesländern unterschiedlich) und sind der Unteren Jagdbehörde anzuzeigen. In Jagdpachtverträgen können in der Regel keine Einschränkungen hinsichtlich der zu bejagenden Tierarten vorgenommen werden. Eine mögliche Alternative kann hier ggf. ein Vertrag mit einem externen Jagdausübungsberechtigten (sog. „benannte Jäger“) sein. Hier muss die Benennung mit dem Nachweis zur JAB der benannten Person gegenüber der zuständigen Unteren Jagdbehörde angezeigt werden. Der Vorteil der Benennung im Vergleich zur Jagdpacht ist, dass spezifische Regelungen zur Jagdausübung (einschließlich der Beschränkung auf bestimmte Arten) getroffen werden können. Darüber hinaus kann die Benennung jederzeit widerrufen werden.
Im Anschluss an die juristischen Ausführungen zeigten fünf Impulsreferate die Bandbreite an Herausforderungen und Ansätzen zum Wildtiermanagement in der alltäglichen Praxis auf. Dr. Heinz-Otto Denstorf von der DBU Naturerbe GmbH berichtete von der durch das Bundesforst-Personal praktizierten Jagdausübung auf dem Flächenbesitz von 60000 ha Naturerbeflächen, verteilt auf 50 Liegenschaften in neun verschiedenen Bundesländern. Denstorf erläuterte die Eckpunkte des DBU-Wildtiermanagements, wies aber darauf hin, dass für jede Fläche ein an den Naturschutzzielen ausgerichtetes individuelles Vorgehen erforderlich sei.
Thorsten Deinert von Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein erläuterte die mit dem großen Streubesitz der Stiftung (32500 ha, verteilt auf 275 Gebiete) einhergehenden Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Jagdkonzepten. Da der überwiegende Teil der Stiftungsflächen nicht die Größe für einen Eigenjagdbezirk aufweist, gehören diese meist zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk. In den hier jeweils verantwortlichen Jagdgenossenschaften kann die Stiftung jedoch angesichts der großen Flächenzahl bzw. der Personenzahl nur wenig Einfluss auf die Ausübung der Jagd nehmen. Hinzu kommt, dass eine öffentlich-rechtliche Stiftung besonders auf eine hohe regionale Akzeptanz angewiesen ist. In Einzelfällen verzichtet die Stiftung auch auf das ihr zustehende Jagdrecht, um damit an anderen Stellen – beispielsweise beim Flächenerwerb – bestimmte Ziele zu erreichen.
Hilmar von Münchhausen von der Deutschen Wildtierstiftung führte aus, dass ein zentrales Ziel der Stiftung bei den übernommenen Naturerbeflächen die Bildung von Eigenjagdbezirken sei, um das Wildtiermanagement so optimal wie möglich an den Zielstellungen des Nationalen Naturerbes ausrichten zu können. Der damit verbundene sehr langwierige und arbeitsaufwendige Prozess von Flächenarrondierung/-tausch sei jedoch gleichzeitig auch wichtig für die angestrebte forstliche Nutzungseinstellung im Wald. Simon Grohe, NABU-Stiftung Nationales Naturerbe, benannte Leitlinien und Methoden zum Wildtiermanagement sowie entsprechende Organisationsmodelle und zeigte Leitlinien für Jagdausübungsberechtigte am Praxis-Beispiel der Stiftung auf. Grohe wies in seinen Ausführungen zudem auf Herausforderungen hin: einerseits bei konkreten Fragen zum Wildtiermanagement, z.B. im Hinblick auf Schwarzwild, andererseits, wie vor Ort geeignete Jäger gefunden werden können, die sich mit den Zielen des Naturschutzes identifizieren. Den Abschluss der Kurzvorträge bildete Hubertus Meckelmann mit dem Beispiel der Stiftung Naturlandschaften Brandenburg. Auf den 12700 ha Flächen der Wildnis-Stiftung wird nur noch auf rund 1200 ha zur Vermeidung von Wildschäden in den angrenzenden Flächen gejagt, die restlichen Flächen unterliegen einer dauerhaften Jagdruhe.
Anhand der Impulsvorträge und der anschließenden Diskussion zeigte sich deutlich, dass beim Wildtiermanagement auf Naturerbeflächen die Naturschutzziele im Vordergrund stehen, aus denen sich die jagdlichen Maßnahmen ableiten. Das führt dann zu flächenbezogenen Jagdkonzepten. Auch wenn die o.g. Herausforderungen bestehen und nicht zu allen dargestellten Punkten im Rahmen der Veranstaltung Lösungen gefunden wurden, lassen sich dennoch einige organisationsübergreifende Grundsätze zusammenfassen:
Alle Beteiligten streben eine störungsarme Jagd mit Einhaltung von möglichst langen Jagdruhezeiten sowie den weitestgehenden Verzicht auf Einzeljagden und stattdessen die Durchführung von Intervall- und Gesellschaftsjagden an.
Die Verwendung von bleifreier Munition ist auf den Naturerbeflächen inzwischen Standard – zumindest bei der Jagdausübung durch den Flächeneigentümer. Die Pachtverträge werden zunehmend entsprechend angepasst.
In Jagdgenossenschaften ist die an den Zielen des Nationalen Naturerbes orientierte Jagd nur sehr schwierig bis gar nicht umsetzbar, zumal hier das Prinzip der doppelten Mehrheit (Mehrheit nach Flächen und nach Köpfen) gilt. So kann es teilweise sinnvoll sein, durch Flächenarrondierung oder Tausch einen Eigenjagdbezirk zu bilden.
Die Mitarbeit in Hegegemeinschaften und die Zusammenarbeit mit Jagdverbänden (insbesondere auch bei der Jägerausbildung) ist ein wichtiges Instrument, um das gegenseitige Verständnis von Jagd und Naturschutz zu fördern.
Weiterführende Informationen und die Vorträge der Referenten stehen unter http://www.naturstiftung.de/NNE-infoportal bereit. Die Veranstaltung fand im Rahmen des Projekts „Verbändeplattform Nationales Naturerbe“ statt und wurde durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums, durch die Heinz Sielmann Stiftung, die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein sowie das Vogelschutzkomitee gefördert.
Kontaktadresse: Naturstiftung David, Trommsdorffstraße 5, D-99084 Erfurt, E-Mail post@naturstiftung-david.de.
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