Honorarverluste mit gravierenden Auswirkungen
Zu dem Beitrag Die Honorierung Landschaftspflegerischer Begleitpläne nach der novellierten HOAI 2013“ von Heike Aust und Peter Hermanns in Naturschutz und Landschaftsplanung 46 (2), 2014, Seiten 37–44, erhielten wir den nachfolgenden Leserbrief.
- Veröffentlicht am
Von Holger Böhm
Mit Interesse und Dank habe ich diesen Artikel in seiner sachlichen Ausführlichkeit gelesen. Ergänzen möchte ich ihn, um meine emotionale und politische Sicht als Privatperson. Es muss ausgesprochen werden, dass diese „im Dunklen erfolgte Kürzung“ gravierende Auswirkungen auf den in der Landschaftsplanung tätigen Mittelstand hat.
LBP-Honorarverluste von deutlich über 40 bis 60 % stellen die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens und somit auch die jeweiligen Gehälter und auch das verfügbare Haushaltseinkommen der Mitarbeiter in Frage. Und diese Honorarkürzung wirkt zudem mehrfach. Wir reden hier nicht nur lapidar über Honorarkürzungen, die mit Tugenden und Ideenreichtum deutscher Ingenieurskunst dann doch irgendwie aufgefangen werden. Wir reden über Honorarkürzungen bei gleichzeitig gestiegenen Anforderungen bzgl. Qualität (Klagen/gerichtliche Kontrollen), Mehrdimensionalität (pluralistische Gesellschaft/Wissenschaft) und Zeitlichkeit (Arbeitsverdichtung/Fristwahrung). Und auch deshalb ist eine auskömmliche Honorierung nicht alleinig im Überlebensinteresse von privaten Auftragnehmern, sondern letztlich muss Qualität (als Grundlage von Planungssicherheit) ein besonderes Anliegen der Administrative als Auftraggeber sein.
Am 18.07.2013, da war die HOAI gerade zwei Tage alt, erkundigte ich mich, wer für diese Kürzung, für diese politische Tat verantwortlich ist. Die folgende E-Mail (hier stark gekürzt) übersandte ich an die Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne, Linke, den Bundestag und etwas später direkt an Herrn Dr. Rösler (mit einer inhaltlichen Ergänzung). Zugegeben: Es handelt es sich um eine emotionale Email, aber das auch mit Absicht.
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin Dipl.-Ing. Landespflege, seit rund 20 Jahren im Beruf und bearbeite ökologische Begleitplanungen zu kommunalen Vorhaben und zu Planungen der Straßenbauverwaltung.
Seit etwa zehn Jahren hat sich das naturschutzspezifische Aufgabenfeld und Anforderungsprofil, insbesondere aufgrund europäischer Vorgaben zum Artenschutz und zu Natura 2000, drastisch geändert. Die Ansprüche sind in Breite und Tiefe gewachsen. Inzwischen ist es so, dass Naturschutz- und Umweltaspekte tatsächlich Planung modifizieren, steuern, ändern, z.T. bestimmen.
Mit Schrecken und Unverständnis habe ich festgestellt, in welcher Form die HOAI 2013 von der Bundesregierung bzw. dem Bundesrat durch gewunken wurde.
In dem Referentenentwurf (März 2013) betrug beispielsweise das Honorar für einen LBP (100 ha, Von-Satz, Zone I) 76829 €. Verabschiedet – als staatliches Preisrecht – wurden 29126 €. Der Presse konnte ich entnehmen, dass diese Honorartafel nach Anhörung der Verbände im März 2013 noch geändert wurde. Wer ist für diese Änderung/Kürzung verantwortlich und zwar im Sinne des Veranlassers und im Sinne der Ausführung?
In dem Referentenentwurf (März 2013) waren die Honorare für Grünordnungsplan und LBP annähernd gleich, was nicht verwunderlich ist, bei annähernd gleichen Grundleistungen. Wie kann es sein, dass das notwendige Honorar für notwendige Leistungen beim GOP erkannt und als staatliches Preisrecht verabschiedet, aber beim LBP gekürzt wird, wie eine scheinbar viel zu lange Anzugshose?
Bitte vergessen Sie nicht, wir tätige Naturschutz- und Umweltplaner(innen) stellen uns tagtäglich der Herausforderung, Artikel 20a GG bzw. dem § 1 BNatSchG gerecht zu werden. Das machen wir mit Engagement und Leidenschaft. Aber in einer solch kurzen Anzugshose, die Sie (oder wer?) uns geschneidert haben, können wir vielleicht noch Kiebitz & Co. den Reproduktionserfolg sichern, aber uns selbst nur noch schwerlich.
Das Ergebnis meiner Anfrage: 14 % der Angeschriebenen haben geantwortet; namentlich und alleinig die CDU/CSU-Fraktion mit dem Hinweis, dass zuständig das Referat I B 6 des BMWi sei. Und ab diesem Zeitpunkt wurde ich wieder unpolitisch, denn ich habe nicht nachgehakt.
Und auch deshalb bin ich dankbar für den „bdla-Honorarkostenvergleich LBP“ und den Fachartikel der Autoren Heike Aust und Peter Hermanns. Denn vielleicht ist dieser Fachartikel der Anfang einer etwas größeren Aufregung des Mittelstandes, der immer auch Wählerschaft ist. Vielleicht.
PS: Und kaum ist die Tinte dieses „Vielleicht“ getrocknet, zweifle ich schon daran. Einige Tage nach Fertigstellung dieses Leserbriefes habe ich auf einer Fachtagung einen erstaunlichen Diskussionsbeitrag vernommen: „Lasst uns die Wogen der Kürzungsaufregung nicht zu hoch werden lassen, denn die HOAI ist mit nur einer Stimme Mehrheit verabschiedet worden und in Brüssel, da schauen sie noch immer skeptisch auf diese HOAI.“ Nach diesem „Vielleicht“ bleibt somit möglicherweise nur das, was bekanntlich zuletzt stirbt.
Anschrift des Verfassers: Holger Böhm, Lange Straße 70, D-49080 Osnabrück, E-Mail HB_OS@web.de.
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