Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.

„Grödendümpel“ zur ­Kompensation

Kürzlich gab es hier in Naturschutz und Landschaftsplanung ausführliche Beiträge zur Bewertung des Landschaftsbildes. Ich hatte mir erlaubt, den „advocatus diaboli“ zu geben und die Ansätze aufgrund meiner über 35-jährigen Planungspraxis heftig zu kritisieren [Band 45 (10/11), 2013: 350]. Es folgte ein abwehrendes Statement eines Artikelautors – ich möchte mich bei ihm durchaus entschuldigen, weil ich definitiv niemanden attackieren will. Es wird nun einmal „wissenschaftlich“ in unseren Kreisen so über Ästhetik diskutiert, ich weiß das sehr gut.

Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
Artikel teilen:

oder: Landschaftsbild, ­Kulturlandschaft und ­Nutzermentalitäten zum Thema „Ausgleich“

Von Bernd H.K. Hoffmann

Umso mehr möchte ich auf einen sehr interessanten (Haupt-)Artikel gleich auf Seite3 der Wochenendausgabe der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Nr. 15/2014 vom 18.Januar 2014 hinweisen. Im Zuge der sogenannten Energiewende wird darin aus den neuen (östlichen) Bundesländern, konkret Thüringen, berichtet. Die Gegend wird offensichtlich durch zwei Haupttransportleitungen malträtiert, die die politisch umweltschonende Energie des Nordens zu den Bedarfsstellen des Südens transportieren sollen.

Nun, bei der zweiten Großtrasse, regt sich so eine Art neuer Bauernaufstand. Wieso nur dort im Land, muss man sich doch fragen. Was für einen „Background“ haben diese Leute, die ganz offen sagen, die – fachlich wahrscheinlich vorschriftsmäßigen – Krötentümpel (thüringisch: Grödendümpel) als „Ausgleich“ für eine Landschaftsverunstaltung ersten Grades seien den betroffenen Bauern gewissermaßen nicht nachvollziehbar.

Ich war noch nicht dort, kenne die Situation daher nicht selbst und kann mir deshalb kein abschließendes Urteil erlauben. Könnte es aber sein, dass diese Leute gewissermaßen noch verwurzelt sind in ihrer Heimat? Und zwar wesentlich stärker als wir im Westen? Und warum wäre das möglicherweise so? Ich kenne die Ostzone in vollster Blüte, mit kommunistischem Druck aller Art und Planwirtschaft, Schieberwesen, Parteizentralismus, Maschinengewehren am antifaschistischen Schutzwall.

Dieser (für einen Westler) schwer erträgliche bzw. verständliche Druck führte dazu, dass man dort zwangsläufig zwei Persönlichkeiten entwickeln musste, eine öffentliche und eine private. Letztere war so eine Art geschützter Raum ohne Stasi, wobei man das allerdings nie so genau wusste. Es könnte aber sein, dass diese erzwungene, abgeschirmte Privatheit die individuelle Bindung an Grund, Boden, Landschaft, Heimat an sich wesentlich besser erhalten hat als bei uns im goldenen Westen. Es kommt hinzu, dass sich keiner über die Ausbeutung (Rendite) der Landschaft Gedanken machen musste bzw. konnte: Das war Sache der Partei und deren planwirtschaftlichen Vorstellungen. Einfach mal so schnell ein paar große Bergeräume beim Landwirt­schafts­amt genehmigen zu lassen, die EU-Förderung dafür zu kassieren, die Landschaft damit zu verhunzen und die Halle dann anderweitig zu vermieten – das war ganz einfach nicht möglich. Oder seinen Acker umzugraben, um den Kies zu verkaufen, etc. etc. Es gab ganz einfach kein Unternehmertum, wie wir das gewöhnt sind; ganz normal.

Ich rege daher hiermit an, doch einmal eine Studie zum Thema Heimatbezug im Kommunismus und landschaftliche Wahrnehmung (Arbeitstitel) durchführen. Möglicherweise hatte das System landschaftspflegerische Vorteile, die noch nicht aufgedeckt wurden.

Abschließendes Bonmot: Selbstverständlich habe ich im Studium meinen Nohl gelernt und es gab damals auch einige andere Visualisierungs- und Wahrnehmungsexperten. Kevin & Lynch waren noch relativ neu und wenig bekannt. Meine erste kalte Dusche erfuhr ich bei der ersten Anwendung in einer UVS so etwa vor 33Jahren: Coram publico teilt mir der Bau- und Umweltausschussvorsitzende nach der Bildanalyse mit Darstellung von Eingriffserheblichkeiten und Kompensationsmöglichkeiten mit, das sei ganz offensichtlich akademische Selbstbefriedigung. Man wünsche eine Straße, auch um Baugebiete zu erschließen, ansonsten hätte man keine Probleme.

Wie war das doch mal mit den Windrädern? Wer verdient daran?

Anschrift des Verfassers: Dipl.-Ing. Bernd H.K. Hoffmann, Waldstraße 32, D-64297 Darmstadt, E-Mail ho.plan@t-online.de.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren