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Editorial

Vom Frust der Landschaftsplaner beim täglichen Spagat

Landschaftsplaner(innen) haben keinen leichten Stand: Bezahlt werden sie für große Teile ihrer Arbeit dafür, dass sie Naturzerstörung legitimieren. Das heißt: Sie arbeiten die gewachsenen Anforderungen des europäischen und nationalen Umweltrechts ab, sie erfassen und bewerten, wägen ab, schlagen Minderungen von negativen Umweltwirkungen vor. Aber unter dem Strich steht doch in der Regel eine Baumaßnahme, die Werte und Funktionen von Natur zerstört. Im besten Fall ein Nullsummenspiel, falls der durch die Eingriffsregelung geforderte Ausgleich oder Ersatz voll wirksam würde. Doch die Praxis, das wissen wir aus Erfolgskontrollen, zeigt, dass sich der Schwund der natür­lichen Ressourcen unter dem Strich dennoch rasant fortsetzt.

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Der Eingriffs-Verursacher möchte seine Planung realisieren und erwartet vom Landschaftsplaner, den Weg dafür möglichst rechtssicher geebnet zu bekommen. Aber bitte keine vermeidbaren Steine in den Weg legen. Manches Mal hat man den Eindruck, dass dieser Druck auch ein wenig blind machen kann: Was ich nicht erfasse und folglich nicht kenne, kann auch keine Probleme verursachen. Also ein wenig auf Risiko setzen: wo kein Kläger, da kein Richter. Umso wichtiger sind Scoping-Termine, bei welchen Untersuchungsumfänge mit Beteiligung von Trägern öffentlicher Belange festgelegt werden, und der Einsatz versierter Fachleute für Erfassung und Bewertung. Eine Binsenweisheit, dass nur ein Fledermaus-Kenner mit der nötigen technischen Ausstattung Fledermäuse erfassen kann – und doch lehren viele Windpark-Planungen, dass auch Pseudo-Experten unterwegs sind.

Natürlich muss jeder Landschaftsplaner sein Büro auch wirtschaftlich auskömmlich führen. Insofern kann er nur das an Untersuchungen realisieren, was auch vernünftig bezahlt wird. Hier greifen wir in der aktuellen Ausgabe ein gravierendes Problem auf: Kurz vor der Verabschiedung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) im Juli 2013 wurde das Honorar für den Landschaftspflegerischen Begleitplan (LBP) ab 6ha Plangebietsfläche kurzerhand auf ein Viertel des ursprünglichen Vorschlags re­duziert. Eine freie Honorar­vereinbarung ist nicht mehr mög­­lich. Wir zeigen anhand eines Gutachtens, was das in der Praxis für die Büros heißt. Die wundersame Honorar­schmel­ze über Nacht bedeutet schlicht, dass die Belange von Naturschutz und Landschaftspflege bei den verschiedensten Planfeststellungsverfahren nicht mehr adäquat abgearbeitet werden können – von Eisenbahntrassen, Fern- und Wasserstraßen über Flugplätze, Steinbrüche und Kiesgruben bis hin zu Umgestaltungen von Gewässern und zur Flurbereinigung.

Wirtschaftlicher Druck, auskömmliche Honorare zu erhalten und dem Auftrag­geber das Produkt zu liefern, welches dessen Ziele erfüllen hilft, ist das eine. Auf der anderen Seite lohnt sich zu schauen, welche ideelle Motivation die Landschaftsplaner antreibt: Sie wählten in aller Regel den Beruf, weil ihnen an der Natur und ihrer bewussten Gestaltung durch den (auch nutzenden) Menschen persönlich viel liegt. Im beruflichen Alltag versuchen viele von ihnen, ehrlich und engagiert die natürlichen Ressourcen zu schützen und positiv zu entwickeln. Und doch können sie die Augen wohl kaum davor verschließen, dass das ihnen das anvertraute kostbare Gut der Natur zwischen den Fingern zerrinnt. Sie vermögen es nicht zu erhalten, allenfalls die Geschwindigkeit des Zerrinnens ein wenig zu bremsen.

Zwei Diskussionsbeiträge in diesem Heft illustrieren eine solche individuelle Sicht: Dr. Roman von Sury beschreibt als Biologe sein Erschrecken über die Verarmung des grünlandgeprägten Alpenvorlands, Bernd H.K. Hoffmann als Planer klagt den Krötentümpel als Kompensation für den Eingriff durch Windräder in das Landschaftsbild an.

Ein eindrucksvoller Spagat also, den Landschaftsplaner alltäglich vollziehen müssen. Und die Lehre aus der Geschicht‘?

Jeder Handwerker, der gute Arbeit leistet, muss dafür realistisch entlohnt werden. Das muss auch für Landschaftsplaner gelten: Die offensicht­lichen handwerklichen Fehler der HOAI sind rasch zu repa­rieren.Gefälligkeitsgutachten und schludrige Arbeit gehören gerügt: Es braucht eine neutrale Qualitätskontrolle und eine Schiedsstelle für landschaftsplanerische Arbeit und naturschutzfachliche Gutachten. Nur so können „schwarze Schafe“ identifiziert werden und Qualitätsstandards steigen.Naturbewusstsein der Bevölkerung und Politikentscheidungen klaffen meilenweit auseinander: Europäische Kommission und Parlament (am 25.Mai wird gewählt!), Bundes- und Landesregierungen müssen ihre Biodiversitäts- und Nachhaltigkeitsstrategien endlich ernstnehmen und im täglichen Politikhandeln umsetzen. Das würde auch den Frust langjährig tätiger Landschaftsplaner in der Sinnfrage ihres Tuns bremsen können!

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