Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Aktuelles aus Brüssel

7. Umweltaktionsprogramm, GAP und LIFE endlich verabschiedet

Vor Jahresende wurden noch einige der Trilog-Verfahren zu umweltpolitisch wichtigen Dossiers zum Abschluss gebracht, die EU-Kommission, Mitgliedstaaten und Europäisches Parlament in den letzten drei Jahren intensiv beschäftigt haben – wie schon in Heft 12 (S.354) angedeutet. Leider wurde dabei insbesondere das Europäische Parlament, das ja in der zu Ende gehenden 7. Legislaturperiode durch den Lissabon-Vertrag vom Dezember 2009 erstmals volle Mitbestimmungsrechte in der Agrar- und Finanzpolitik hatte, seiner Verantwortung als Vertretung der Bürger nicht immer gerecht.

Veröffentlicht am
Dieser Artikel ist in der erschienen.
PDF herunterladen
Artikel teilen:

So beschlossen Parlament und EU-Agrarminister Ende November endgültig die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) für die Jahre 2014 bis 2020. Deutschland wurde dabei im Ministerrat vom geschäftsführenden Minister Hans-Peter Friedrich vertreten, nachdem sich die bisherige Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner aus der Bundespolitik zurückgezogen hat. Den Scherbenhaufen, den sie und deutsche konservative Agrarpoli­tiker im Europaparlament maßgeblich mit zu verantworten haben, müssen jetzt andere beseitigen. Naturschutzverbände wie der NABU setzen daher ihre Hoffnung auf die für 2017 geplante Überprüfung („midterm review“) der GAP, in deren Rahmen die EU-Kommission u.a. die Möglichkeit der Erhöhung der ökologischen Vorrangflächen im Rahmen des „Greening“ der 1. Säule auf 7 % der Betriebsflächen prüfen soll.

Bis dahin kann nur an die Mitgliedstaaten appelliert werden, die Möglichkeiten zur Flexibilisierung auszunutzen. Das aktuelle Beispiel des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und SPD vom 27. November, das ausdrücklich auf eine ambitionierte Umschichtung von Mitteln aus der 1. in die 2. Säule verzichtet, zeigt allerdings, dass hier von den Mitgliedstaaten nicht viel erwartet werden darf, und nur ein neues Europaparlament mit anderen Mehrheiten Fortschritte bringen kann. Für die nächste Förderperiode nach 2020 sollte dann die gesamte Direktförderung auf den Prüfstand gestellt werden!

Nach dem Europäischen Parlament beschloss am 15. November auch der EU-Ministerrat das 7. Umweltaktionsprogramm (UAP) für den Zeitraum 2014 bis 2020, das neben zahlreichen Gesetzesvorhaben in umweltpolitischen Bereichen auch die bessere Umsetzung des geltenden Naturschutzrechtes und die bessere Kontrolle seiner Umsetzung fordert (Naturschutz und Landschaftsplanung 45 (1), S.2). Leider haben auch hier wieder Deutschland, Frankreich, die Niederlande, Großbritannien, Österreich und Malta wie schon bisher gegen die geplante EU-Bodenschutzrahmenrichtlinie votiert. Der amtierende Bundesumweltminister Peter Altmaier bekannte sich aber immerhin zur Notwendigkeit des Bodenschutzes und zeigte sich für die von der EU-Kommission im Rahmen des REFIT-Prozesses angekündigten alternativen Lösungsmöglichkeiten offen (siehe Heft 45 (12), 2013, S. 354-355).

Tatsächlich kam es hinsichtlich der Novelle der UVP-Richtlinie bis Redaktionsschluss (9. Dezember 2013) nicht zu einer Einigung zwischen EP und Ministerrat, weil im Rat einige Mitgliedstaaten die Aufnahme von „Fracking“, die Extraktion unkonventionellen Erdgases durch giftige Chemikalien, in den Anhang der UVP-pflichtigen Projekte ablehnen. Zur Verordnung zum Umgang mit invasiven Arten (IAS) hat der EP-Berichterstatter inzwischen seinen Entwurf vorgelegt, in dem er einige der zentralen Kritikpunkte aufgegriffen hat. Der Umweltministerrat wird sich erstmals Mitte Dezember mit dem Dossier befassen; eine Verabschiedung noch während der griechischen Ratspräsidentschaft ist geplant.

Eine der, wenn auch hier mit einigen Wehrmutstropfen versehenen, Erfolgsgeschichten der im Mai 2014 endenden Legislaturperiode des EP ist die Verabschiedung der neuen LIFE-Verordnung, die die im Dezember 2013 auslaufende Verordnung zu „LIFE+“ ablöst. Zur Erinnerung: LIFE, das Kürzel steht für „L’Instrument Financier pour l’Environnement) ist das bisher einzige gezielte Förderprogramm der EU zur Unterstützung von Umweltschutz- und Naturschutzprojekten (siehe Heft 44 (2), S. 34; zuletzt 45 (8), S. 230). Das Programm wurde 1992 erstmals aufgelegt, insbesondere zur Unterstützung der Umsetzung der im gleichen Jahr von den Mitgliedstaaten verabschiedeten Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Mit LIFE wurden bislang knapp 4000 Projekte gefördert, auch nach Ansicht des Europäischen Rechnungshofes ist LIFE eines der effizientesten EU-Programme. LIFE konnte im Laufe der Sieben-Jahres-Perioden mit Hilfe des Europäischen Parlamentes auf zuletzt etwa 0,2 % (!) des EU-Haushaltes aufgestockt werden, dennoch wollte der konservative EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso im Frühsommer 2011 LIFE streichen. Erneut gelang es nur mit intensiver Lobby­arbeit bei Mitgliedstaaten und EP, nicht nur LIFE zu retten, sondern sogar den Budgetansatz zu erhöhen, wofür insbesondere der engagierten sozialdemokratischen Berichterstatterin im EP, Jutta Haug, und ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern zu danken ist!

Ende November hat das Plenum des EP das LIFE-Budget für die Förderperiode 2014 bis 2020 verabschiedet. Es wird mit 3,1 Mrd. Euro deutlich höher festgesetzt als in der Förderperiode 2007 bis 2013 mit 2,2 Mrd. Euro. Damit entspricht LIFE nun etwa 0,3 % des EU-Haushaltes. Von der nicht nur von Naturschutzverbänden, sondern auch von Bundestag und Bundesrat geforderten Erhöhung auf 1 % des EU-Haushaltes sind wir also noch weit entfernt. Zudem soll ein Drittel der Mittel in den neuen Bereich „Klimaschutz“ gehen, wobei es Vertreter in Kommission und ­Mitgliedstaaten gibt, die diese Mittel nicht für klimarelevante Naturschutzmaßnahmen, etwa Moorrenaturierungen, sondern ausschließlich für technische Klimaschutzprojekte von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) widmen wollen. Dieser „Kampf“ wird voraussichtlich noch bis in die griechische EU-Ratspräsidentschaft in der ersten Jahreshälfte 2014 an­dauern.

Zur „Haben“-Seite zählen auch die erzielten Vereinfachungen bei der Antragstellung und der Abwicklung der Projekte ab 2014. So soll es beispielsweise bei dem neuen Projekttyp der „Integrierten Projekte“ (IPs), die zur Umsetzung von bereits existierenden EU-rechtlich verankerten Maßnahmenplänen eingeführt wurden, etwa den Prioritären Aktionsrahmen (PAF) für Maßnahmen in Natura-2000Gebieten, Managementplänen für Flusseinzugsgebiete oder Anpassungsstrategien an den Klimawandel, ein zweistufiges Antragsverfahren geben: Zunächst reicht die Einreichung einer Projektskizze, wonach die Ausarbeitung des ausführlichen Antrages sogar durch ein sogenanntes „Projekt der technischen Hilfe“ gefördert werden kann. Im Gegensatz zum Vorgängerprogramm werden auch Maßnahmen möglich, die unter anderen EU-Fonds förderfähig sind.

Gleichzeitig soll LIFE insbesondere durch die IPs verstärkt dazu dienen, andere wesentlich besser ausgestattete Budgets zur Kofinanzierung zu nutzen, etwa die Agrarsubventionen der GAP (im Vergleich zu LIFE etwa 40 % des EU-Haushaltes, derzeit etwa 60 Mrd. Euro pro Jahr). Die Förderquote wird für alle LIFE-Projekte ab 2014 von 50 auf 60 % steigen. Naturschutzprojekte für prioritäre Arten und Lebensraumtypen können wie bisher mit bis zu 75 % gefördert werden. Der erste „call“ des neuen LIFE-Programms wird im Mai 2014 erwartet.

Claus Mayr, NABU, Direktor Europapolitik, Brüssel, Claus.Mayr@NABU.de

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren