Diskussion
Zweifel an der Objektivierbarkeit der Bewertung des Landschaftsbildes äußert in einer Leserzuschrift ein seit über 35 Jahren tätiger Landschaftsplaner. Anlass ist der Beitrag von Frank Roser: Ist die Schönheit der Landschaft berechenbar? Naturschutz und Landschaftsplanung 45 (9), 265-270. Ein eher grundsätzlicher Diskussionsbeitrag, auf den der indirekt angesprochene Beitragsautor erwidert.
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Eine landschaftsästhetische Planungsgrundlage für ein ganzes Bundesland? Der wievielte, zwecklose Versuch ist das wohl, subjektive Wahrnehmungen zu operationalisieren? Nach über 35 Jahren Landschaftsplanungspraxis, auch im Zuge von UVS zu allen möglichen, sogenannten Eingriffen, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass der Verbrauch von Kulturlandschaft insgesamt inzwischen Dimensionen annimmt, die man sich zumindest zur Zeit meines Studiums noch nicht vorstellen konnte. Moderne Technik macht alles möglich. Und der gern zitierte „Durchschnittsbetrachter“ ist durch Presse, Fernsehen, Internet sowie Auslandsreisen zu diversen, touristischen Monstrositäten inzwischen wahrnehmungsmäßig derartig abgebrüht, dass ihn nichts mehr aus der Fassung bringt. Er bemerkt das, worüber sich unsere Zunft möglicherweise erregt, schlicht und ergreifend nicht als Störung von irgendwas.
Der Kernsatz der neuen Methode ist vermutlich am Schluss des Fachartikels zu finden: Man möchte möglichst „konfliktfrei“ die offene Landschaft zur Energiegewinnung industrialisieren. Das ist aber nicht möglich – man sieht es an der Polarisierung der Menschen, die inzwischen einsetzt, nachdem die modernen Zeiten in Form von kolossalen Windmühlen gewissermaßen massiert auf sie zukommen. Bürgerinitiativen können sich den Taunuskamm beispielsweise nur ohne Windräder vorstellen, die Regionalplaner sehen das anders. Wer hat Recht?
Die technischen Veränderungen des Landschaftsbildes der Kulturlandschaft haben inzwischen Dimensionen erreicht, die ganz einfach inhuman sind. Deswegen kann es auch keinen Durchschnittsbetrachter als scheinbar objektives Maß des „Eingriffs“ mehr geben. Wir haben diesbezüglich einen Punkt erreicht, wo man sich bei bestimmten Projekten nur noch politisch darüber verständigen kann, ob man die Reste der mitteleuropäischen Kulturlandschaft wirklich erhalten will oder eben nicht. Im letzteren Fall muss man dann klarstellen, dass sie im Umfeld der jeweiligen Anlage unwiederbringlich zerstört wird. Das war‘s dann – eine „Integration“ durch Kaschieren oder eine „Neugestaltung“ als sogenannter Ausgleich kann es nicht geben.
Anschrift des Verfassers: Bernd H.K. Hoffmann, Dipl.-Ing., Waldstraße 32, D-64297 Darmstadt, E-Mail ho.plan@t-online.de.
„Der Durchschnittsbetrachter ist abgebrüht“
Von Bernd H.K. Hoffmann
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