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Aktuelles aus Brüssel

Hohe Erwartungen an die neue EU-Ratspräsidentschaft

Am 01.Juli übernimmt erneut einer der kleinen Mitgliedstaaten, die der Union erst 2004 beigetreten sind, die Ratspräsidentschaft: Litauen, das mit Irland und Griechenland die „triple presidency“ bis zum Juni 2014 bildet. Die Erwartungen an das kleine Land sind ungeheuer groß! Zunächst war bei Redaktionsschluss (20. Juni) noch gar nicht klar, ob die bis Ende Juni unter irischer Ratspräsidentschaft anstehenden Triloge bei den „dicken Brettern“ wie dem EU-Haushalt für die Jahre 2014 bis 2020 und der Agrarreform überhaupt zu einem Ergebnis führen. Das Europäische Parlament hatte zwischenzeitlich erneut mit einer Blockade des Haushaltes gedroht und zeigte auch in den letzten Trilog-Gesprächen zur GAP-Reform wenig Neigung, den Kompromissvorschlägen von Kommission und Rat zuzustimmen. Insofern ist derzeit noch nicht abzusehen, ob diese Verhandlungen nicht doch noch unter litauischer Ratspräsidentschaft fortgesetzt werden müssen – und bei Nicht-Einigung über den Mehrjäh­rigen Finanzrahmen in der Folge auch weitere von der Finanzausstattung abhängigen Abstimmungen, etwa über die LIFE-Verordnung.

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Auch die Diskussion über die Novelle der UVP-Richtlinie ist noch nicht ab­geschlossen. Einer der Streitpunkte zwischen Parlament und Mitgliedstaaten ist hier die Frage, ob für die Förderung von unkonventionellem Erdgas (Fracking) eine verbind­liche UVP eingeführt werden soll. Einige Mitgliedstaaten wie Frankreich und Bulgarien haben Fracking verboten; andere wie die Niederlande haben ein Moratorium verhängt und fordern für die EU-Ebene wie der Umweltausschuss des EP zumindest eine UVP. Dagegen wollen andere Länder wie Polen und Großbritannien das Fracking erleichtern, weil sie sich davon niedrigere Energiepreise erhoffen.

Das Thema „billige Energie“ stellt in jedem Fall einen der erklärten Schwerpunkte der Ratspräsidentschaft dar. Unter anderem ist immer noch die Frage der Anrechnung indi­rekter Landnutzungsände­rungen (ILUC) bei Biomasse strittig, insbesondere geht es Litauen aber um „preiswerte“ Energie und die Reduzierung der Abhängigkeit von Russland und anderen Nicht-EU-Staaten im Rahmen der Diskussion um die Klima- und Energieziele bis 2030. Nicht nur Klimaschützer, auch Naturschützer sollten diese Diskussion sehr aufmerksam verfolgen, wie eine Veranstaltung in Brüssel Mitte Mai zeigte. Dort trafen sich auf Einladung der Lobbyorganisation European Peat and Growing Media Association (EPAGMA) Vertreter der Torfabbau-Industrie aus Finnland, Schweden, Irland, Deutschland, den bal­tischen EU-Staaten und der Lobbyagentur Burson-Marsteller, um bei Kommission und Mitgliedstaaten für Torf als „nachhaltige“ und „regionale“ Energiequelle zu werben, welche die Wettbewerbsfähigkeit von Regionen stärken und Emissionen bei der Energieproduktion reduzieren könne. Alarmierend dabei die Aussage einer führenden Mitarbeiterin der litauischen Vertretung in Brüssel, die ja Schwerpunkte und Inhalte der Präsidentschaft maßgeblich beeinflussen wird: Nachhaltigkeit sei zwar „nett“, in Zeiten der Wirtschaftskrise könne man sie sich aber „nicht leisten“ und müsse alles für „preiswerte Energie“ tun.

Vorsicht ist auch bei der neuen EU-Forststrategie geboten, die die EU-Kommission gerade im Auftrag von Parlament und Mitgliedstaaten erarbeitet. Auch hier ist darauf zu achten, dass der Fokus nicht nur auf der Holzproduktion und der Verwertung von Holzbiomasse liegt, sondern dass auch die Aspekte der ökologischen Nachhaltigkeit, der multifunktionalen Forstwirtschaft sowie die Bedeutung von Wäldern für die biologische Vielfalt und Ökosystemdienstleistungen adäquat Berücksichtigung finden.

Sofern die Verhandlungen zum EU-Haushalt rechtzeitig zum Abschluss kommen, wird unter litauischer Ratspräsidentschaft darauf aufbauend unter anderem der Trilog zum Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) beginnen. Aus Sicht von BirdLife International und anderen Naturschutzverbänden geht es auch in diesem Bereich darum, die EU-Subventionen im Sinne der Naturschutzrichtlinien und der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie sowie für ökologisch nachhaltige Aquakulturen zu verwenden. Schließlich werden während der litauischen Ratspräsidentschaft die Verhandlungen über den von der Kommission im April vorgelegten Entwurf einer Richtlinie für eine bessere Raumplanung auf See beginnen. Die Richt­linie basiert zwar auf der von wirtschaftlichen Interessen geleiteten „blue growth“-Agenda, soll aber nach Auf­fassung von BirdLife auch die Richtlinien zum Integrierten Küstenzonenmanagement (IKZM), die Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie, die Naturschutzrichtlinien sowie UVP- und SUP-Richtlinie ergänzen und unterstützen.

Der Legislativvorschlag zur Überwachung und Bekämpfung invasiver Arten lag bis Redaktionsschluss immer noch nicht vor (vgl. Naturschutz und Landschaftsplanung 45 (5), 130-131) und dürfte daher auch die litauische Ratspräsidentschaft beschäftigen. Es gibt offenbar noch Widerstände aus einigen Generaldirektionen der Kommission; die Generaldirektion Umwelt hofft jetzt auf eine Verabschiedung bis Ende Juli (vor der parlamentarischen Sommerpause des EP).

Konsultation zum Grünbuch „Ein Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030“ (COM(2013)169 final) für die EU-Klimapolitik bis 2030:

http://ec.europa.eu/energy/consultations/20130702_green_paper_2030_en.htm

Link zur Pressemitteilung und Kommissionsvorschlag für die Richtlinie zur Raumplanung auf See: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-13-222_de.htm

Anforderungen von BirdLife International an die jeweilige EU-Ratspräsidentschaft, „Greening Europe“:

http://www.birdlife.org/eu/EU_policy/EU_Presidencies_GreeningEurope.html

Claus Mayr, NABU, Direktor Europapolitik, Brüssel, Claus.Mayr@NABU.de

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